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Schutzwall

Schutzwall

Titel: Schutzwall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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Fabrikat vom Kaliber 9 mm. Dem Mexikaner entging nicht, wie Dill interessiert seine Pistole betrachtete. Das Lächeln verflog kurz und kehrte fast sofort höflicher denn je zurück, während er den Motor anließ und den Ford gekonnt in eine Parklücke zwischen einem Cadillac und dem BMW einparkte.
    Noch bevor Dill und Anna Maude Singe die Türglocke mit der Melodie How dry I am läuten konnten, wurde ihnen von einer lächelnden Daphne Owens geöffnet, die heute sogar noch weniger Stoff am Leibe trug als beim ersten Mal, als Dill ihr begegnet war. Diesmal trug sie nichts das ein blaßgrünes Bikinihöschen und ein ärmelloses Oberteil mit enorm weitem Ausschnitt für die Arme, das so aussah, als wäre es ein abgeändertes altes Sweatshirt, obwohl Dill durchaus klar war, daß es das nicht sein konnte. Er machte die beiden Frauen miteinander bekannt und empfand aus irgendeinem Grund große Befriedigung darüber, daß beiden vom ersten Augenblick an eine gründliche gegenseitige Abneigung anzumerken war. Obwohl ihr Lächeln höflich ausfiel, ihre Begrüßung förmlich und ihr Händeschütteln lässig war, begründete ihre Begegnung eine wertvolle lebenslange Feindschaft.
    »Wie soll ich Sie nennen?« fragte Daphne Owens.
    »Anna oder Maude oder beides?«
    »Die meisten Leute machen sich die Mühe mit beiden Namen.«
    »Ich werd mich also auch daran halten. Sie müssen mich Daffy nennen – wie in Duck. Stimmt’s, Mr. Dill?«
    »Stimmt«, sagte er.
    »Also lassen Sie uns nach hinten gehen, damit Sie Ihre Drinks bekommen und die anderen begrüßen können.«
    Sie folgten ihr durch die langgestreckte, großzügige Vorhalle und gingen vorbei an den hohen Glastüren, die auf eine Veranda führten, deren Boden wie ein Puzzlespiel aus unregelmäßig großen Schieferplatten gebildet wurde. Aus den Fugen zwischen den Platten wuchs sorgfältig gepflegtes, kurzgeschnittenes Gras. Dill hatte den Verdacht, daß von hoch droben, vielleicht vom Dach des Hauses aus, das grüne Gras ein Wort oder einen Namen oder vielleicht sogar ein Bild sichtbar werden ließ und sich zu einer Botschaft zusammenfügte. Wahrscheinlich etwas ganz Unanständiges und Unzüchtiges, dachte er und beschloß, Spivey danach zu fragen.
    Als er sich umschaute, sah er, daß sich in dem großen Swimmingpool vier Leute tummelten und herumplanschten. Daphne Owens machte sie mit drei verschiedenen Grüppchen von Gästen bekannt, alle um die dreißig oder vierzig Jahre alt. Sie waren durchweg schlank und rank, gut gepflegt und hielten Gläser mit Weißwein oder Perrier in Händen, jedoch keine Zigaretten. Die Männer sahen aus, als würden sie ein tägliches Lauftraining von zehn Kilometern absolvieren; die Frauen wirkten wie Elevinnen von Jane Fondas Fitneßschule. Dill vergaß ihre Namen fast sofort wieder.
    Was er nicht vergaß, waren die Namen der nächsten beiden Personen, mit denen er und Anna Maude bekannt gemacht wurden. Es waren Männer, und beide waren schon älter. Der ältere war in der Tat so alt, daß er vielleicht nicht einmal mehr imstande war, sich aus seinem weißlackierten eisernen Gartenstuhl zu erheben. Der andere, der erst siebenundsechzig Jahre alt war, kam noch mit Leichtigkeit auf die Beine.
    »Ich glaube nicht, daß Sie die Hartshornes schon kennen«, sagte Daphne Owens. »Mr. Jim Hartshorne, und das hier ist …«
    Bevor sie zu Ende sprechen konnte, streckte der siebenundsechzig Jahre alte Mann, der aus seinem Stuhl aufgestanden war, Anna Maude Singe seine Hand entgegen und sagte: »Ich bin Jimmy junior.«
    Sie schüttelten einander die Hände, und sie sagte:
    »Anna Maude Singe und Ben Dill.«
    »Wer ist das, Junior?« fragte der sehr alte Mann in seinem Eisenstuhl.
    »Miss Singe und Mr. Dill, Daddy.«
    »Dill? Dill?« sagte der sehr alte Mann mit brüchiger Stimme. »Trinken Sie was mit uns, Dill.«
    Daphne Owens fragte Dill und Anna Maude, was sie haben wollten. Nachdem sie bestellt hatten, meinte sie, sie würde es ihnen bringen lassen, und ging weg. Der ältere Mann klopfte auf den Gartenstuhl neben sich und sagte: »Die junge Dame, deren Namen ich leider nicht verstanden habe, setzt sich hierhin.«
    »Anna Maude«, sagte sie und setzte sich neben den uralten Mann, der graue Kammgarnhosen trug, die ihm fast bis zur Brust reichten. Sie bedeckten den blauen, kurzärmligen Pullover, auf dem ein kleines Krokodil aufgestickt war, fast vollständig. Seine Füße steckten in blauen Laufschuhen, die Augen verbargen sich hinter purpur

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