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Schutzwall

Schutzwall

Titel: Schutzwall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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zu.
    »Zehntausend Dollar.«
    »Zehntausendzweihundert.«
    »Irgendwie«, sagte Dill, »hätte ich gedacht, daß es weitaus mehr kosten würde, Felicity zu töten.«
    Dill fuhr allein mit dem Fahrstuhl zu seinem Zimmer hinauf. Im selben Moment, in dem er am sechsten Stockwerk vorbeifuhr, verzog er das Gesicht zu einem freudlosen, beinahe traurigen Lächeln und sagte laut: »Nun, Inspektor, ich schätze, das schließt unseren Fall endgültig ab.«
    Wieder auf seinem Zimmer, duschte er und rasierte sich. Nur mit seinen Shorts bekleidet, legte er sich aufs Bett, die Hände hinter dem Kopf verschränkt, und starrte zur Decke hoch. Um zehn Uhr bestellte er sich eine Kanne Kaffee. Um ein Uhr ließ er sich ein Schinkensandwich und ein Glas Milch kommen. Als er seinen Lunch beendet hatte, stellte er das Tablett auf dem Flur ab, setzte sich vor den Schreibtisch und schrieb alle Tatsachen nieder, soweit sie ihm bekannt waren. Als er damit fertig war, knallte er den Kugelschreiber ungeduldig auf die Schreibtischplatte, und ihn beschlich das unangenehme Gefühl, daß er wohl nie mit letzter Sicherheit erfahren würde, wer die Bombe im Auto seiner Schwester tatsächlich hatte anbringen lassen.
    Um 14 Uhr und 30 Minuten zog er das Telefon zu sich heran und rief die Auskunft an, um sich die Nummer der Polizei geben zu lassen. Er wählte die Nummer und fragte nach John Strucker, Chief of Detectives. Dill mußte zweimal den beiden Beamten, die ihn durchstellten, einem Mann und einer Frau, seinen Namen nennen, bevor er verbunden wurde.
    Struckers joviales »Hallo« quittierte Dill mit der Frage: »Es war nicht Harold Snow, nicht wahr?«
    »Er war’s nicht?«
    »Nein«, sagte Dill. »Harold stammte aus Kansas City.«
    »Kansas City«, sagte Strucker.
    »Das ist Ihnen wohl nie aufgefallen – Kansas City?«
    Strucker stieß wieder einen seiner markanten Seufzer aus – gedehnt und klagend, einer, der gar nicht enden wollte. »Es ist mir schon aufgefallen.«
    »Wann?«
    »Vor etwa achtzehn Monaten.«
    »Sie sind mir um einiges voraus, nicht wahr?«
    »Es hängt mit dem zusammen, was ich tue, Dill. Ich bin darin gut.« Strucker seufzte wieder, diesmal ein wenig müde. »Vermasseln Sie nicht alles, Dill«, sagte er und legte auf.
    Dill stand vom Schreibtisch auf, nahm seinen blauen Beerdigungsanzug aus dem Wandschrank und breitete ihn auf dem Bett aus. Aus der Schreibtischschublade holte er das letzte halbwegs saubere Hemd hervor. Er zog sich schnell an, mixte sich einen Scotch mit Wasser ohne Eis, trank, stand vor seinem Fenster und starrte hinunter auf den Broadway und die Our Jack Street. Als er sein Glas geleert hatte, war es fünf Minuten vor drei. Er wandte sich ab und ging auf die Tür zu. Er kam am Schreibtisch vorbei, blieb plötzlich stehen und ging noch einmal zurück. Nach kurzem Zögern öffnete er ein Fach und zog dann unter einem Haufen schmutziger Hemden den .38iger Revolver heraus, der einst Harold Snow gehört hatte. Dill starrte sekundenlang auf die Waffe hinab.
    Du wirst ihn nicht brauchen, redete er sich ein. Du würdest ihn auch dann nicht benutzen, wenn du ihn wirklich brauchtest. Er schob den Revolver zurück unter das Knäuel schmutziger Hemden, machte die Schublade zu, verhielt dann wieder einige Sekunden, zog das Fach noch einmal auf, nahm den Revolver heraus und steckte ihn in seine rechte Hüfttasche. An der Tür, die zum Korridor führte, war ein großer Spiegel angebracht. Dill vergewisserte sich, daß der Revolver unter seiner Jacke fast nicht zu sehen war.
    Als Jake Spiveys grauer Rolls-Royce Silver Spur vor dem Hawkins Hotel vorfuhr, war es laut Auskunft der Digitalanzeige an der First National Bank 15 Uhr und 01 Minuten, und die Temperatur betrug 40,5 Grad Celsius.
    Dill stieg in den vollklimatisierten Wagen und wartete, bis Spivey sich in den Verkehr eingeordnet hatte, bevor er sagte: »Wie lange kennen wir uns eigentlich schon, Jake?«
    Spivey dachte nach. »Dreißig Jahre würde ich schätzen. Warum?«
    »Hättest du dir nach all diesen dreißig Jahren jemals vorgestellt, daß du mich eines Tages vor dem Hawkins Hotel in einem Rolls-Royce abholst?«
    »Es war nicht immer ein Rolls«, sagte Spivey. »Damals hab ich immer geglaubt, es würde ein Cadillac sein.«
    Sie fuhren auf der Forrest Street in westlicher Richtung, einer Straße, die nach dem konföderierten General Nathan Bedford Forrest benannt worden war. Einige der Alteingesessenen, vor allem die aus der Deep South, hatten sie einst zu Ehren

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