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Schutzwall

Schutzwall

Titel: Schutzwall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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Kellner hatte regelmäßig abgelehnt und war im Presseclub geblieben, wo er noch immer vorgab, alle Zeitungsleute zu verachten. Er machte ihre Erzeugnisse madig, mokierte sich über ihre dürftige Intelligenz und lästerte über ihre Großtuerei. Die Mitglieder hüteten ihn wie ihren Augapfel und wiederholten hingebungsvoll ihre Beleidigungen.
    Nachdem er die Krabbencocktails vor Laffter aufgebaut hatte, begann Harry der Kellner ein Wortgeplänkel:
    »Friß nur diese Krabben, Alter, und zwischen zwei und drei Uhr früh stehst du dann wieder käsig auf der Matte und holst dir wie immer dein Gelusil. Ich hab ja schon einiges mitgemacht, aber einen alten Knacker wie dich zu erleben, mit soviel Grütze im Kopf, wie Gott sie nicht einmal einer Gans vorenthalten würde, und mit anzusehen, wie er Zeugs frißt und säuft, vor dem der Arzt gewarnt hat, daß es ihn umbringen wird! Demnächst bring ich dir wieder deinen Chili-Mac, den du hier sonst immer frißt, und nicht so ein prachtvolles Porterhouse-Steak, das du dir heute abend auf Kosten anderer reinziehst, und dann wirst du deinen Löffel reinstecken und es dir in dein großes häßliches Maul reinschaufeln und schlingen und schlucken, und dann werden deine Augen – so! – rausquellen, und dann wirste hochrot im Gesicht, sogar noch röter als jetzt von den Drinks, die du drinhast, und dann kippste tot hintenüber – und rat mal, wer dann alles aufwischen muß? Ich nämlich, kein anderer! Der Grieche sagt mir, du willst einen französischen Burgunder. Du verstehst nicht die Bohne von französischem Wein! Weißte was? Ich bring dir einen hübschen alten Napa Pinot noir, der für dich gerade das richtige ist.« Harry der Kellner wandte sich zu Dill. »Wie geht’s, Ben? Sehr traurig, die Sache mit deiner Schwester, scheußliche Sache.
    Ich wollte dich vorhin schon darauf ansprechen, hatte aber keine Gelegenheit.«
    »Danke, Harry«, sagte Dill.
    »Hau ab«, sagte Laffter, »verpiß dich in die Küche, spuck in die Suppe oder was ihr sonst da treibt!«
    »In die Suppe spucken!« sagte Harry der Kellner.
    »Allmächtiger, daran hätt ich nie im Traum gedacht. Ich muß gleich rüber und das den anderen Niggern erzählen.«
    Nachdem er gegangen war, fragte Laffter: »Wie kommt’s eigentlich, daß er Sie wie einen Weißen behandelt?«
    »Harry und ich kennen uns schon lange.«
    »Wie lange?«
    »Fünfzehn, sechzehn Jahre etwa. Wir waren damals beide pleite und haben uns ausgeholfen, so gut es ging.
    Manchmal hat er mich auch nach Hause gefahren.«
    »Warum?«
    »Warum er mich nach Hause gefahren hat?«
    Laffter nickte ganz interessiert.
    »Nun, weil ich kein Auto hatte«, sagte Dill.
    »Oh«, Laffter spießte eine der großen Golf-Krabben auf, tauchte sie in die Tabasco-Ketchup-Meerrettich-Soßenmischung, biß knackend eine Hälfte ab und kaute darauf herum. »Ihre Schwester ist bei der Polizei ziemlich schnell aufgestiegen«, meinte er dann, auf den Resten der Krabbe herumknabbernd.
    »Sie haben mir erzählt, sie wäre gut gewesen.«
    Laffter zuckte die Achseln. »Sie war ganz in Ordnung.
    Wie ist sie denn überhaupt zu den Bullen gekommen?«
    »Sie hatte die Wahl. Entweder das oder Französischunterricht an der Unterstufe der High-School für Halbwüchsige, denen an Französisch nicht viel liegt. Dann noch die Pension. Ihr gefiel die Vorstellung, mit zweiundvierzig oder dreiundvierzig in den Ruhestand zu gehen.«
    »Es gefiel ihr bei der Mordkommission?«
    »Sie sagte, es wäre besser als das Betrugsdezernat.«
    Der alte Mann leckte sich Soße von den Fingern. »Ich hab vor etwa einem Jahr ein kleines Feature über sie gemacht – vielleicht war es auch ein bißchen mehr als das –, aber es wurde nie gebracht.«
    »Warum?«
    »Ich weiß nicht, es war ein hübscher, runder Artikel.
    Das neue weibliche Wunderkind bei der Mordkommission, eben so ein Schmus, der gut ankommt. Ich hab’s gerade noch vermeiden können, sie den neuen Sherlock Holmes zu nennen, aber ich mußte schwer mit mir kämpfen. Sie hatte gerade ein paar Verhaftungen vorgenommen, eine davon sogar recht spektakulär, und ich dachte mir, sie wäre schon ein Feature wert, aber sie haben die Sache einfach sterben lassen.«
    »Wer?«
    »Ich stell keine Fragen mehr, ich frag nicht mehr danach, weil es mir Wurscht ist. Seit ungefähr 1945 mach ich mir darüber keine Gedanken mehr, nachdem sie mich von den glorreichen Stars and Stripes zurück nach New York verschifft haben.«
    Dill ließ einige Zeit verstreichen,

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