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Schutzwall

Schutzwall

Titel: Schutzwall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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denen dann in den fünfziger Jahren nichts mehr herauszuholen war. Doch als dann die Ölkrise kam – nicht die von ’73, sondern die von ’79 –, na ja, da wurde es mit einemmal wieder profitabel, diese alten Quellen abzustoßen. Nachdem dann ein Mann von der Ölgesellschaft bei ihr aufgetaucht war, ließ Miss Ellie mich kommen, da sie, wie sie sagte, noch nie in ihrem Leben einem Grundstücksmann über den Weg gelaufen wäre, der nicht betrügerisch, schmierig und krumm wie Katzenscheiße gewesen wäre. Ich schloß den günstigsten Handel für sie ab, den sie machen konnte, was wirklich nicht schlecht war, und dann ging sie zu einem anderen Anwalt und änderte ihr Testament und hinterließ mir ihren Herrschaftssitz und alles, was darin enthalten war.«
    »Und sie war Ace Dawsons Freundin?«
    »Eine davon. Sie erzählte mir, er hätte ein halbes Dutzend gehabt, die sich über den ganzen Staat verteilten.«
    »Ich kenne den Knaben, der sein Haus gekauft hat.«
    »Jake Spivey«, sagte sie.
    »Sie kennen Jake?«
    »Alle Welt spricht von ihm, aber nur wenige scheinen ihn richtig zu kennen.«
    »Wollen Sie ihn mal treffen?«
    »Im Ernst?«
    »Gewiß.«
    »Wann?«
    »Sonntag. Sie machen ein Barbecue mit Rippchen, und dann wird in den Swimmingpool gesprungen.«
    »Sonntag«, sagte sie.
    Dill nickte.
    »Welche Zeit?«
    »Es soll so gegen Mittag losgehen.«
    »Also den ganzen Tag?«
    »Wahrscheinlich.«
    »Na ja, ich lasse mich zwar nicht von Stars aufs Kreuz legen, aber ich würde glatt morden, um dieses Haus von innen zu sehen.«
    Dill grinste. »Sie meinen also, daß Jake ein Star ist.«
    Sie zuckte die Achseln. »In dieser Stadt jedenfalls hält man ihn dafür.« Sie blickte sich im Zimmer um und runzelte die Stirn. »Warum stehen Sie denn noch herum? Setzen Sie sich doch.« Sie zeigte auf einen Sessel, der mit einem guterhaltenen, aber etwas verblichenen Stoff mit Blumenmuster bezogen war. Die Blumen schienen ineinander verschlungene rote und gelbe Rosen mit spitzen Dornen zu sein. Dill setzte sich. Anna Maude Singe lächelte. »Wie ich gesagt habe – verblichene Pracht.« Sie wandte sich um und ging zur Flurtür. »Bin gleich zurück.«
    Während sie draußen war, ließ Dill seine Augen durch das geräumige Wohnzimmer und über die drei Meter dreißig hohe Decke schweifen. Auf die Wände war dick mit dem Kammspachtel gemusterter Gipsmörtel aufgetragen. Die Einrichtung trug den Stempel der dreißiger und vierziger Jahre. Es gab sogar einen Capehart-Plattenspieler, das Automatikmodell, das die achtundsiebziger Platten nach dem Abspielen hochnahm und sanft durch einen Schlitz fallen ließ. Dill erinnerte sich, daß er so ein Ding im Haus eines Freundes in Alexandria, Virginia, in Aktion gesehen hatte. Der Freund hatte es stolz eine Antiquität genannt.
    Der Rest des Mobiliars hatte scharfe Ecken und Kanten, und alles schien entweder selten benutzt oder erst kürzlich frisch gepolstert worden zu sein. Die Farben waren mit Ausnahme des ausgeblichenen Sessels mit Blütenmotiven in gedämpften Braunschattierungen, in Dunkelbraun, Creme und Altweiß gehalten, und die hellroten, gelben und orangefarbenen Kissen, die überall herumlagen, bildeten dazu einen bunten, fröhlichen Kontrast. Dill fand, daß die Kissen sehr hübsch mit dem großen Maxfield-Parrish-Druck von Daybreak zusammenstimmten.
    Er stand auf, um ihn sich genauer anzusehen, versuchte auszumachen, ob die Gestalten der Teenager auf dem Bild Jungen oder Mädchen waren. Er stand noch immer unschlüssig davor, als Anna Maude Singe, angetan mit einem cremefarbenen Seidenkleid, dessen Saum knapp oberhalb der Knie endete, wieder hereinkam. Dill fand, daß das Kleid sowohl elegant als auch teuer aussah. Er lächelte und sagte: »Sie sehen umwerfend hübsch aus.«
    Sie blickte an ihrem Kleid herab, das einen weiten Halsausschnitt und sehr kurze Ärmel hatte. »Dieses alte Ding! Ich meine das ganz ehrlich, denn es ist entweder achtundvierzig oder neunundvierzig Jahre alt und aus echter moirierter, chinesischer Seide. Miss Ellie und ich hatten etwa die gleiche Größe – jedenfalls ganz früher, später wurde sie dann ein bißchen fett.«
    Im Fahrstuhl auf dem Weg nach unten setzte Anna Maude Singe ihm bis in alle Einzelheiten auseinander, welche Schritte Dill zu unternehmen hätte, um sich die Versicherungspolice seiner verstorbenen Schwester über zweihundertfünfzigtausend Dollar auszahlen zu lassen.
    Auf dem Weg zu seinem geparkten Wagen beschrieb sie ihm die

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