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Schutzwall

Schutzwall

Titel: Schutzwall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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das Rauchen aufgegeben.
    Remarque hat Kaffee und eine Zigarette einmal das Landserfrühstück genannt. Ich habe ihn in einem Alter gelesen, als ich für so etwas sehr empfänglich war.«
    »Sind Sie je Soldat gewesen?«
    »Warum?«
    Sie zuckte die Achseln. »Sie haben das richtige Alter für Vietnam.«
    »Ich war nicht in Vietnam.«
    »Aber Sie sind in Übersee gewesen.«
    »Ich war im Ausland. Zivilisten gehen ins Ausland, Soldaten gehen nach Übersee.«
    »Sie sind also nicht Soldat gewesen.«
    »Nein.«
    »Manche Typen behaupten heute, daß sie sich schuldig fühlten, weil sie Vietnam versäumt hätten.«
    »Weiße Typen aus der Mittelschicht mit Collegebildung?«
    Anna Maude Singe nickte. »Sie haben offenbar das Gefühl, sie hätten etwas versäumt, wofür sie nie wieder eine Chance bekommen werden.«
    »Haben Sie auch«, sagte Dill, »sie haben verpaßt, sich den Arsch abschießen zu lassen, obwohl das meiner Meinung nach höchst unwahrscheinlich gewesen wäre. Bei der kämpfenden Truppe waren Weiße aus der Mittelschicht mit Collegebildung ziemlich rar.«
    »Sie scheinen sich ja nicht schuldig zu fühlen«, sagte sie.
    »Ich war freigestellt. Ich war die einzige Stütze einer elfjährigen Waisen.«
    »Wären Sie denn gegangen?«
    »Nach Vietnam? Ich weiß nicht.«
    »Angenommen, die hätten gesagt: ›Okay, Dill, Sie sind eingezogen. Melden Sie sich nächsten Dienstag zur Einweisung bei Ihrer zuständigen Rekrutierungsstelle.‹ Was hätten Sie dann getan?«
    »Entweder wäre ich zur Rekrutierungsstelle gegangen oder nach Kanada. Das eine aus Überzeugung; das andere aus schierer Neugier.«
    Sie musterte ihn eingehend. »Ich glaube eher, Sie wären zur Rekrutierungsstelle gegangen.«
    Dill lächelte. »Vielleicht auch nicht.«
    »Was haben Sie in Übersee gemacht, ich meine, im Ausland?«
    »Hat Felicity es Ihnen nicht erzählt?«
    »Nein.«
    »Ich dachte immer, sie hätte mich hin und wieder erwähnt.«
    »Doch, sie hat darüber gesprochen, wie Sie beide aufgewachsen sind, nicht darüber, was Sie gemacht haben, als Sie in Washington oder Übersee waren.«
    »Im Ausland. «
    Sie lächelte. »Richtig, im Ausland. Was haben Sie gemacht?«
    »Ich habe herumgeschnüffelt.«
    »Für wen?«
    »Die Regierung.«
    Anna Maude Singe sah ihn stirnrunzelnd an, und Dill lächelte ihr zu. »Keine Angst, ich war nicht bei der Agency, obwohl mir die Typen hin und wieder über den Weg gelaufen sind.«
    »Was sind das eigentlich für Leute, die von der CIA?« fragte sie. »Man liest manches über sie, Filme werden über sie gedreht, aber ich hab noch nie einen getroffen.
    Ich glaube, ich hab noch nicht einmal die Gelegenheit gehabt, so jemanden aus der Nähe zu sehen.«
    »Sie waren …« Dill legte eine Pause ein und versuchte, sich zu erinnern, wie sie eigentlich gewesen waren. Ihm fielen spitze Nasen ein, eng anliegende Ohren, abgekaute Fingernägel und verkniffene Münder, mit denen sie sich ein wichtiges Aussehen zu geben versuchten. »Ich vermute, man müßte sagen, sie waren irgendwie so wie … wie ich. Verdrießlich, verstaubt, muffig.«
    »Muffig?«
    Er nickte.
    »Durch die Bank alle?« fragte sie.
    »Ich hab nicht alle gekannt, aber Sonntag werden Sie mit einem zusammenkommen, der nicht gerade angestaubt und muffig gewesen ist.«
    »Wer denn?«
    »Jake Spivey.«
    »Jake Spivey war bei der CIA? Großer Gott!«
    »Die würden das zwar nicht zugeben, aber das war er.
    Vielleicht erzählt Ihnen Jake ein paar Histörchen. Er ging nach Vietnam, Laos und Kambodscha. Aber er ist nicht aus Patriotismus gegangen oder auch nur aus Neugier.
    Jake ging, weil das die einzige Truppe war, die ihm im Alter von dreiundzwanzig Jahren tausend Dollar pro Woche für das zu zahlen bereit war, was er für sie tat.«
    »Was hat er gemacht?«
    »Jake? Ich glaube, Jake hat eine Menge Menschen umgebracht.«
    »Macht ihm das zu schaffen?«
    »Sie meinen, ob er sich schuldig fühlt?«
    Sie nickte.
    »Jake hat sich nie wegen irgend etwas schuldig gefühlt.«
    Dill fuhr eine andere Strecke zurück zu Anna Maude Singes Apartmenthaus. Er nahm die South Cleveland Avenue, die jenseits des Yellowfork North Cleveland hieß. Er fuhr über mehr als drei Kilometer darauf entlang, bis er zur 22nd Street kam und dann östlich zur Van Buren und zum Old Folks Home abbog.
    Anna Maude wartete nicht, bis er die Wagentür für sie öffnete. Als sie ausstieg, sagte sie nur: »Das einzige, was ich da habe, ist kalifornischer Brandy.«
    Dill faßte das als Einladung

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