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Schutzwall

Schutzwall

Titel: Schutzwall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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Sid ihm bei.
    »Unaussprechliche Untaten«, Brattle sah Dill mit einem ganz neuen und gutgelaunten Lächeln an, »und ich kann sie ihm alle nachweisen. Erzählen Sie das dem Senator – und auch dem jungen Dolan.«
    »Okay«, sagte Dill.
    »Gut«, sagte Brattle. »Oh«, ergänzte er dann, als hätte er sich gerade noch an etwas erinnert. »Sie wollen das vielleicht zurückhaben.« Er nahm die Akte Jake Spivey und reichte sie Dill hin, der aufgestanden war, jetzt sein Glas auf den Tisch stellte, die Akte entgegennahm und sich dann noch einmal hinsetzte. »Das da ist eigentlich alles nur Plunder«, sagte Brattle, und in seinem Ton schwang verhaltenes Bedauern mit.
    »Was zwischen den Zeilen steht, ist wirklich wichtig, Clyde.«
    »Ich bin nicht sicher, ob ich Ihnen da folgen kann.«
    »Natürlich können Sie das. Jake behauptet, daß er Sie am höchsten Baum aufhängen kann. Irgendwie nehme ich ihm das ab.«
    In Brattles Gesicht trat ein Ausdruck tiefster Ernsthaftigkeit, den jemals vorher gesehen zu haben Dill sich nicht erinnern konnte. Der alte Knabe hat seit unserem letzten Zusammentreffen seine Schauspielkunst entschieden verbessert, dachte Dill. Früher war er schon gut, aber heute ist er einfach unschlagbar.
    »Ich möchte Ihnen noch einen guten Rat geben, Ben«, sagte Brattle, »eine echte Empfehlung, wirklich. Für das, was ich Ihnen jetzt sagen werde, habe ich –«, er hielt kurz inne, um die Jahre sorgfältig nachzurechnen –, »habe ich sechzehn Jahre gebraucht, bis ich es begriffen habe. Es ist wirklich ziemlich simpel, und es ist ganz einfach folgendes: Glauben Sie kein einziges Wort von dem, was Jake Spivey sagt.«
    »Nicht ein einziges Wort«, echote Sid.
    »Selbst wenn er sagen würde, daß er atmet, würde ich’s ihm nicht abnehmen«, meinte Harley.
    »Nicht … ein … einziges … Wort«, betonte Brattle jedes einzelne Wort nachdrücklich. »Sagen Sie das dem Senator.«
    »Okay.«
    »Wann glauben Sie denn, daß Sie mit ihm sprechen könnten?«
    »Mit dem Senator?« sagte Dill. »Gleich nachdem ich das FBI verständigt habe, wo ich Ihnen begegnet bin.«
    »Natürlich«, sagte Brattle, »wie dumm von mir.« Er streckte seine Hand aus. Dill zögerte nicht. Er stand auf, drückte sie und ging zu der Schiebetür. Harley stemmte sich aus seinem Stuhl hoch, um die Tür zuzumachen.
    »Das mit dem Hals tut mir leid«, sagte Harley.
    Dill sah ihn an und nickte. »Jede Wette, daß …«, sagte er und kletterte aus dem Lieferwagen. Bevor Dill die Fahrstuhltür erreichte, konnte er den Motor des Transporters starten hören. Er betätigte den Rufknopf, wandte sich noch einmal zurück und sah zu, wie der Kleinbus die Rampe hinauffuhr und aus seinem Sichtfeld verschwand.
    Er machte sich nicht die Mühe, sich die Zulassungsnummer einzuprägen.

18
    Wieder oben in seinem Zimmer, stand Dill am Fenster und starrte hinab auf die um zwei Uhr morgens wie leergefegten Straßen. Er konnte die Digitalanzeige der First National Bank sehen, die ihm mitteilte, daß die Temperatur auf 28 Grad Celsius abgesunken und die genaue Zeit zwei Uhr neun nachts war. Es war jetzt also Samstag, der sechste August, der Tag, an dem sie Felicity Dill beerdigen würden, verstorbener Detective zweiten Grades bei der Mordkommission.
    Dill versuchte zu einem Entschluß zu kommen, welchen Anruf er zuerst erledigen sollte. Er bedachte die Möglichkeit, daß die Anrufe und vor allem die Reihenfolge, in der sie getätigt worden waren, in späteren Jahren vielleicht Folgen für das Leben jener haben würde, die er angerufen hatte. Da er Schwierigkeiten hatte, sich über die Reihenfolge schlüssig zu werden, bezichtigte Dill sich selbst einer unverzeihlichen Laxheit im philosophischen Denken – daß er zugelassen hätte, daß Freundschaftsgefühle ihm in die Quere kämen und ihm den klaren Pfad der Pflicht und Verantwortung und dergleichen anderer moralischer Verbindlichkeiten verstellte. Du hast eine böse Anwandlung von Schwäche, sagte er zu sich selbst, und das beste Gegenmittel ist Logik, und zwar von der kältesten und unnachsichtigsten Art.
    Er ging zum Schreibtisch hinüber, wo er den Whisky aufbewahrte, setzte sich hin und nahm einen Briefbogen des Hotels heraus. Mit dem Kugelschreiber des Hotels schrieb er vier Namen untereinander:
    FBI
    Sen. Ramirez
    J. Spivey
    T. Dolan
    Dill starrte eine Weile auf die vier Namen und versuchte zu entscheiden, welchen er zuerst wählen sollte. Er langte nach der Whiskyflasche und goß sich eine reichliche

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