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Schwaben-Angst

Schwaben-Angst

Titel: Schwaben-Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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erstattete Anzeige gegen Unbekannt.«
    »Du hast mit dem Mann gesprochen?«
    »Nur telefonisch. Aber ich habe einen Termin mit ihm vereinbart. In einer knappen Stunde will er mit mir reden. Ich denke, wir werden für ihn Personenschutz anfordern müssen.«
    »Nicht nur für ihn.«
    »Nein«, sagte Beck, »für alle Männer auf der Liste, so weit wir diese identifiziert haben.« Er schwieg einen Moment, fügte dann einen weiteren Satz hinzu. »Und so weit sie noch leben.«
    Braig wusste, dass der Kollege Recht hatte. Verteufelt Recht. So abstrus die Bemerkung klingen mochte, sie war vollkommen realistisch.
So weit sie noch leben
. Wir wissen nicht, wie lange wir das noch voraussetzen können. Sie müssen überwacht werden, einer wie der andere, weil wir keine Ahnung davon haben, ob der Mörder nicht bald schon wieder zuschlagen wird.
    »Der Mann ist Banker«, sagte Beck, »bei irgendeiner großen Bank.«
    »Welcher Mann?«
    »Dieser Kromberg. Von wem reden wir die ganze Zeit?«
    Braig versuchte, seine Gedanken zu ordnen, sich zu konzentrieren »Ist schon gut, ich bin etwas müde. Hat er eine höhere Position?«
    »Er ist für Werbung zuständig, wenn ich das richtig verstanden habe.«
    »Für die Werbung? Das hatten wir doch schon einmal.«
    »Was meinst du?«
    »Konrad Böhler, der besaß doch eine Werbeagentur. Vielleicht finden wir da einen Zusammenhang.«
    »Ich werde den Mann danach befragen. Und jetzt maile ich dir den Drohbrief rüber.«
    Braig legte den Hörer auf den Apparat, schaltete seinen Computer ein. Er brauchte nicht nachzuschlagen, sah es auf den ersten Blick: Das Schreiben war identisch. Derselbe Text wie bei Böhler und Hemmer. Dasselbe Schriftbild.
    Kromberg, wir haben dich gewarnt
.
    Du weißt, um was es geht
.
    Wenn du nicht hören willst, wirst du büßen
.
    Deine Chance war da. Jetzt folgt die Tat
.
    Braigs Kopf drohte zu zerspringen. Er hatte Schwierigkeiten, die Buchstaben auf dem Bildschirm richtig zu erkennen. Sie schienen sich zu bewegen, wurden kleiner, verschwammen vor seinen Augen.
    Wir haben dich gewarnt
.
    Wovor, überlegte er, wovor haben sie ihn gewarnt? Gab es noch einen anderen Drohbrief? Einen, der vor diesem hier abgeschickt worden war?
    Es musste ein zweites Schreiben geben. Warum hätte der Mörder sonst extra darauf hinweisen sollen?
    Du weißt, um was es geht
.
    Obwohl der Satz vor ihm zu zerfließen schien, bereitete er ihm keine Probleme. Er kannte den Text ja längst auswendig.
Um was es geht
. Nein, er wusste immer noch nicht, um was es ging. Was war der Anlass, was der Auslöser für diese irrsinnigen Verbrechen? Warum war der Mörder immer noch unterwegs, warum gab er sich immer noch nicht zufrieden? Drei Menschen hatte er bereits vergiftet, weshalb suchte er fünf weitere Opfer? Sie mussten Zierz und Kromberg befragen, mussten die Männer unbedingt darauf ansprechen, ob sie selbst eine Vorstellung davon hätten, weshalb gerade sie ins Visier dieses Verrückten geraten waren.
    Braig wählte Erwin Becks Nummer, erreichte ihn mitten im Aufbruch, teilte ihm seine Überlegungen mit. Der Kollege versprach, Kromberg eingehend nach einem weiteren Schreiben und den möglichen Ursachen für die Bedrohung zu fragen.
    »Außerdem werde ich ihm klarmachen, dass wir ihn von heute an Tag und Nacht überwachen. Ob es ihm passt oder nicht.«
    Braig stimmte ihm zu, beendete das Gespräch, wählte Neundorfs Handy-Nummer. Sie hatte ihr Gerät jedoch abgestellt, reagierte nicht. Wahrscheinlich unterhielt sie sich gerade mit Zierz.
    Wir müssen die Männer überwachen, überlegte er, rund um die Uhr. Wir dürfen sie nicht aus den Augen lassen. Aber wie sollen wir die Männer warnen, wenn es uns nicht gelingt, sie aufzuspüren?
    Braig fühlte den Druck in seinem Magen, spürte den Hunger. Das Ausmaß des Verbrechens drohte seine Kraft zu überfordern. Der Berg, vor dem sie standen, die steile Wand, die sich trotz aller Bemühungen immer noch vor ihnen auftat, schienen unbezwingbar. Wenn er jetzt nicht auf sich selbst und sein eigenes Wohlbefinden Rücksicht nahm, lief er Gefahr, den Überblick zu verlieren. Er durfte nicht länger so achtlos mit seiner Gesundheit umgehen.
    Braig hielt sich die Hand auf den Magen, erhob sich von seinem Stuhl. Draußen auf dem Flur waren laute Stimmen zu hören. Felsentretters durchdringendes Organ mit kräftigen Flüchen, dazu Anja Wintterlins Kommentar. Braig drehte sich um, sah die junge Kollegin in seiner Bürotür stehen. Sie war Anfang dreißig, hatte

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