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Schwaben-Angst

Schwaben-Angst

Titel: Schwaben-Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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selbstverständlich alles vertraulich behandeln, mit absoluter Diskretion. So sinnlos unsere Untersuchungen manchmal wirken, oft helfen nur Zufälle weiter. Aber die stellen sich nicht ein, wenn wir uns nicht bemühen. Das Kuvert aus Versehen in die eine Kladde gesteckt, ein Drohbrief ohne Absicht in eine andere Mappe geraten – aber hier scheint mir das Glück nicht hold.«
    »Konrad Böhler ist«, Wolfhart Deppner korrigierte sich mitten im Satz, »war ein ordentlicher Mensch.«
    Kein ›Das hätte ich Ihnen gleich sagen können‹, kein Vorwurf, keine Drohung, sich bei seinen Vorgesetzten über ihn und sein unverschämtes Vorgehen zu beschweren. Jeder andere hätte gezetert, ihn angebrüllt, sich über sein unangekündigtes Eindringen in geschäftliche Unterlagen lauthals mokiert, wusste Braig. Der Mann war zu wohlerzogen, zu anständig für den üblichen ruppigen Umgangston. Ein Aristokrat aus altem Schrot und Korn. Freundlich, verbindlich, absolut zuverlässig. Warum schienen Menschen dieses Schlages immer seltener zu werden, Individuen mit solch vornehmen Manieren? Täuschte er sich oder war das nicht eine der vielen Fehlentwicklungen dieser Gesellschaft – ein ständig ruppigerer, ungehobelterer, aggressiverer Umgangston der Menschen untereinander?
    Er sah sich in dem kleinen Zimmer um, wusste nicht, wo er noch suchen sollte. »Wer kann Herrn Böhler das geschickt haben?«
    Kopfschütteln.
    »Ich bedanke mich für Ihre Hilfe. Den Brief nehme ich mit.«
    Wolfhart Deppner reichte ihm ohne Aufforderung ein großes Kuvert, in dem er das Papier verstauen konnte, begleitete ihn zum Ausgang. »Wenn Sie mich außerhalb der Geschäftszeiten sprechen wollen, hier ist meine Nummer. Ich habe allerdings kein Handy.« Er reichte ihm eine Visitenkarte, nahm Braigs Gegenstück an sich.
    Der Kommissar verabschiedete sich. Es war Samstagmittag kurz vor eins.

7. Kapitel
    Kurz nach 14 Uhr hatten Beck, Söhnle und Stöhr bis auf zwei Familien, die nicht anzutreffen waren, alle im Grundbuch als Weinbergsbesitzer aufgeführten Personen sowie die von diesen benannten Pächter mit ihrem Anliegen konfrontiert – erfolglos, wie Braig von seinen Kollegen telefonisch erfuhr. Nicht einer hatte das Ende des langen Regens genutzt, sofort in sein Grundstück aufzubrechen, fast alle waren durch ihre Berufe verhindert, sich schon am Freitagmittag dem nur im Nebenerwerb oder als Hobby betriebenen Weinbau zu widmen.
    Auch die Aufrufe in Rundfunk und Presse hatten bisher keine Ergebnisse gebracht – bis auf die schnell als Jugendstreiche erkannten Anrufe, eine der Prostituierten des Stuttgarter Drei-Farben-Hauses bzw. einer der Lehrer des Bad Cannstatter Elly-Heuss-Knapp-Gymnasiums seien zur fraglichen Zeit im Bereich des Mönchbergs gesehen worden – waren noch keine Reaktionen erfolgt. Wie es schien, war von dieser Seite her nicht viel Hilfe zur Aufklärung des Verbrechens zu erwarten.
    Braig hatte sich nach seinem Gespräch mit Wolfhart Deppner in einer Bäckerei Brezeln und Brötchen besorgt und sie im Büro mit Kaffee zu sich genommen, dann ausführlich mit Ann-Katrin telefoniert und ihr hoch und heilig versprochen, sich unabhängig von seiner beruflichen Belastung spätestens am Abend bei ihr einzufinden. Im Eingangsbereich des LKA war er Markus Schöffler begegnet, hatte ihm den Drohbrief übergeben und ihn gebeten, das Schreiben auf eventuell nachweisbare Fingerabdrücke zu überprüfen und einen Schriftvergleich mit gespeicherten Druckbildern durchzuführen.
    »Dieses Jahr noch?« hatte Schöffler seufzend erklärt. »Morgen muss ich – trotz Sonntag – auf eine Konferenz zum BKA, mindestens zwei Tage.«
    Braig war ihm die Antwort schuldig geblieben und ohne Kommentar in sein Büro marschiert.
    Als er den Computer einschaltete, um sich ins Zentrale Verbrechensregister einzuloggen, fiel ihm eine seiner ersten größeren Ermittlungen ein, die er vor Jahren als Kommissar des Landeskriminalamtes durchzuführen hatte. Mehrere Männer aus Stuttgart und Umgebung waren im Abstand von wenigen Tagen unmittelbar an die Fahrbahn der stark befahrenen Bundesstraße 14 gebunden worden, eine ganze Nacht dem Lärm und den Abgasen unzähliger Fahrzeuge ausgeliefert. Einziges gemeinsames Merkmal, das sie bei den Entführten entdecken konnten, waren Drohbriefe, die auf die Fortführung dieser Aktion hinwiesen.
    Erst nach intensiven Untersuchungen hatten sie es geschafft, die Hintergründe aufzudecken. Braig erinnerte sich noch genau, wie es seiner

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