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Schwaben-Angst

Schwaben-Angst

Titel: Schwaben-Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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her.
    Bunte Poster in unübersehbarer Anzahl schmückten den breiten Gang auf beiden Seiten, wunderschöne, mit breitem Cheese-Lächeln in die Kamera grinsende junge Menschen portraitierend. Genormte und geklonte Visagen, überlegte Braig, in Hollywoods virtuellen Gen-Labors produziert.
    Der Gang endete in einer Art Warteraum, in dem drei junge, vielleicht 16- oder 17-jährige, in knallenge Jeans gepackte Teenies auf unbequemen Stühlen lümmelten. Die junge Frau zeigte dort auf die Tür, die zu Hemmers Büro führte.
    Nicole Lieb bat Braig in einen kleinen Raum mit einem auffallend großen Fenster, wies ihm einen Stuhl zu, der unmittelbar vor ihrem mit einem Computer bestückten Schreibtisch stand.
    »Ich kann es nicht glauben«, presste sie mit erstickter Stimme hervor.
    Braig setzte sich, betrachtete die Wände des Zimmers. Wieder bunte Poster, schöne junge Menschen, dazu Werbeparolen für bekannte und weniger bekannte Fernsehshows und einen regionalen TV-Sender.
    »Wann haben Sie vom Tod Herrn Hemmers gehört?«
    Nicole Lieb rutschte auf ihrem Drehstuhl hin und her, wischte mit einem weißen Tuch ihre Augen sauber. Sie brauchte einige Sekunden, ehe sie im Stande war, Braigs Frage zu beantworten. »Heute Morgen«, sagte sie, »als ich hier ankam. Beatrice war da und heulte wie ein Schoßhund.«
    »Sie haben es nicht aus den Nachrichten gewusst?«
    »Nachrichten? Ich sehe keine Nachrichten.« Sie putzte immer noch an ihren Augen herum, schaffte es dennoch nicht, ihrem Clownsgesicht irgendeine geordnetere Fasson zu geben.
    »Seit wann arbeiten Sie hier?«
    »Bei Bernie?«
    Braig nickte. Die Beziehung zu ihrem Chef war offenbar nicht nur beruflicher Natur.
    »Drei Jahre.« Jetzt hatte sie ihre Antworten schneller parat.
    »Sie kannten Herrn Hemmer gut?«
    »Gut? Was heißt gut?« Sie nahm das Tuch vom Gesicht, schaute ihn fragend an.
    »Reichte Ihr Verhältnis bis in private Bereiche?« Braig scheute sich nicht, doppeldeutige Worte zu benutzen, um ihr etwas auf die Sprünge zu helfen.
    Nicole Lieb zögerte mit der Antwort. »Na ja, das bleibt nicht aus. Es ist schließlich ein besonderer Beruf.« Sie schien die Tragweite seiner Frage nicht zu verstehen.
    »Sie waren also auch in Ihrer Freizeit mit ihm zusammen?«
    »In meiner Freizeit? Nein, das hätte Beatrice nicht erlaubt.«
    Braig überlegte, ob er sich Beatrice Brennerle noch einmal genauer vornehmen sollte, verzichtete darauf, in der Beziehung Nicole Liebs zu ihrem Chef herumzustochern. Er musste sich auf Hemmers Firma konzentrieren. »Was sind Ihre Aufgaben?«
    Sie sah ihn verwundert an, versicherte sich der Zielsetzung seiner Frage. »Hier, meinen Sie?«
    Er nickte.
    »Alles«, erklärte Nicole Lieb, »die ganze Firma.«
    »Und das bedeutet konkret?« Er wartete, bis sie endlich auf die zentralen Inhalte ihrer Arbeit zu sprechen kam.
    »Wir produzieren Shows, Fernsehshows. Mit allem Drum und Dran.« Ihre Augen verloren den wehmütigen Blick, begannen sogar ein wenig zu leuchten.
    »Fernsehshows«, wiederholte Braig. Er erinnerte sich, was Hemmers Tochter und Beatrice Brennerle ihm mitgeteilt hatten. »In wessen Auftrag?«
    »Die Sender«, erklärte Nicole Lieb, »verschiedene Sender.« Sie zählte mehrere auf, gestand auf mehrfaches Nachfragen Braigs, dass circa neunzig Prozent der Shows für das regionale TV-Unternehmen produziert wurden.
    Unter weitgehendem Ausschluss der Öffentlichkeit also, überlegte er. Er hatte selten jemand gehört, der den Kanal dieses Senders einschaltete.
    »Wie steht es mit der Konkurrenz?«, fragte Braig. »Gab es Auseinandersetzungen mit anderen Produzenten?« Bei allem Verdacht gegen Regine Hemmer und Marion Böhler, er durfte die etwaige berufliche Komponente des Falles nicht völlig außer Acht lassen.
    Nicole Lieb wusste keine Antwort. »Die Sender sind mit unserer Arbeit zufrieden. Warum sollte es Auseinandersetzungen geben?«
    »Weil andere Firmen gerne das Geschäft machen würden.«
    »Andere Firmen? Die Sender wissen, was sie an uns haben. Die brauchen keine anderen Firmen.«
    Braig glaubte nicht, dass die geschäftliche Situation so einfach zu beurteilen sei, gab sich dennoch mit der Antwort zufrieden, weil ihm noch ein anderes Anliegen unter den Nägeln brannte.
    »Die Mitwirkenden dieser
Shows
«, das Wort kam ihm nur schwer über die Lippen, weil er sie als in der Öffentlichen Meinung maßlos überbewertet empfand, »Sänger, Tänzer, Statisten – wer wählt sie aus?«
    »Bernie. Herr Hemmer.«
    »Er ganz

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