Schwaben-Angst
Exemplare. Vier Paar, wie sie sagte, als arme Studentin verfüge sie über zu wenig Geld, sich die Wohnung mit Schuhen vollzustellen.«
»Und das fünfte Paar, mit dem sie ihre Opfer in Rotenberg und Großaspach besuchte, schwimmt längst im Neckar.«
»Oder sie verrotten irgendwo auf einer Müllkippe.« Neundorf zuckte mit der Schulter. »Ich weiß es nicht, wirklich. Wir haben sehr wenig in der Hand.«
»Es gibt dennoch eine Chance, sie genauer zu überprüfen.«
»Ja?«
Braig erklärte ihr die Methode, auf die ihn Rössle aufmerksam gemacht hatte, sah ihre zustimmende Reaktion.
»Was spricht dagegen, es sofort zu versuchen?«, lockte sie.
»Von meiner Seite aus nichts.«
»Gut. Dann laden wir sie heute noch vor. Wenn es mit den Technikern klappt.«
»Ich werde mich darum kümmern. Sie hat dir erzählt, was sie beruflich macht?«
»Sie studiert«, antwortete Neundorf, »Französisch, Deutsch und Philosophie.«
»In Stuttgart?«
»Nein, Tübingen. Vielleicht ist sie noch zu Hause, sie hat Semesterferien.«
Braig lief zu seinem Schreibtisch, setzte sich, griff zum Telefonhörer. »Was hast
du
vor?«
»Ich fahre nach Rotenberg«, erklärte Neundorf, »Marion Böhler wartet auf mich. 9 Uhr. Ich will mir die Frau ansehen.«
Braig nickte, stimmte ihr zu. Gerade weil er der Frau des ermordeten Werbemanagers misstraute, war es sinnvoll, sich Neundorfs Urteil über sie einzuholen. »Dann kannst du sie gleich mitbringen. Zum Sohlenbelastungsprofil.« Er wählte Rössles Nummer, hatte den Techniker nach viermaligem Läuten am Apparat.
»Braig hier. Dieses Profil, du weißt schon, geht es heute?«
»Du hast einen Kandidaten?«
»Zwei«, sagte Braig.
»Jederzeit.«
Er versprach dem Kollegen, rechtzeitig Bescheid zu geben, legte auf. »Dann versuche ich es sofort mit Regine Hemmer.«
Neundorf nickte, blieb vor seinem Schreibtisch stehen.
Braig hatte die Frau nach kurzem Warten in der Leitung, hörte ihr lautes Gähnen.
»Hätten Sie im Verlauf des Tages Zeit, bei uns vorbeizuschauen?«, erkundigte er sich.
Regine Hemmer fragte nach dem Grund seiner Bitte, ließ sich sein Vorhaben genau erklären. »Sie verdächtigen mich also, meinen eigenen Vater ermordet zu haben«, stellte sie trocken fest.
Braig scheute sich nicht, Klartext zu reden. »Sagen wir es besser so: Niemand im Umfeld Ihres Vaters darf bei unseren Ermittlungen außen vor bleiben.«
»Aha. Gibt es wenigstens noch andere Verdächtige?«
»Die gibt es. In der Tat.«
»Und die werden ebenfalls zum Rapport bestellt?«
»Genau wie Sie.«
»Dann kann ich ja beruhigt sein«, sagte sie, »wann soll ich kommen?«
Sie einigten sich auf 16 Uhr, beendeten dann das Gespräch.
»Das ging schnell«, meinte Neundorf, »entweder sie ist wirklich unschuldig oder sie will mit dem Kopf durch die Wand.«
Braig gab Rössle den Termin durch, bat ihn, die Untersuchung durchzuführen.
»Und jetzt?«, fragte Neundorf.
»Ich muss noch in Hemmers Firma vorbeischauen. Diese Fernsehproduktion in Ludwigsburg. Ich suche nur noch schnell die Adresse.«
»Die kannst du haben. Hier.« Sie gab ihm ein Blatt, wies auf die Stelle, wo diese samt Telefonnummer notiert war.
»Von seiner Tochter?« Braig nahm das Papier, sah Neundorfs Kopfnicken. »Danke. Dann fahre ich jetzt gleich dorthin.«
»Was ist mit Bernhard?«, fragte sie. »Hast du was gehört?«
»Tut mir Leid, nein. Ich weiß nicht einmal, ob sich jemand um ihn kümmert.«
»Vielleicht kannst du im Krankenhaus reinschauen. So viel Zeit müssten wir zur Verfügung haben.«
Steffen Braig hatte nichts dagegen einzuwenden, holte sich einen Stadtplan von Ludwigsburg, überprüfte den Firmensitz Hemmers, sah, dass er nicht weit vom Bahnhof, außerdem nur einen Straßenzug von Ann-Katrins Wohnung entfernt lag. Er durfte nicht schon wieder den ganzen Tag in einer Blechkarosse verbringen, spürte, wie dringend sein Körper Bewegung in frischer Luft forderte.
Braig nahm sein Telefon, wählte die Nummer von Hemmers Firma, hatte die Sekretärin am Apparat. Die Stimme der Frau klang verweint, offensichtlich war sie erst vor kurzem über den Tod ihres Chefs informiert worden. Braig kündigte seinen Besuch an, sammelte dann seine Unterlagen zusammen, schlüpfte in die Jacke.
Das Wetter hatte sich beruhigt, die schwarzen Wolken waren nur noch fern am Horizont zu sehen Er lief zum Cannstatter Bahnhof, nahm die nächste S-Bahn, wechselte dann im Hauptbahnhof nach Ludwigsburg. Als der Zug in Feuerbach hielt, wählte er
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