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Schwaben-Angst

Schwaben-Angst

Titel: Schwaben-Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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meinem Schreibtisch nachschaue, finde ich mehrere Sorten von Papier: Gebleichtes, umweltgerechtes und was weiß ich noch alles. Die Unterschiede allein beweisen jedenfalls nicht, dass es sich um verschiedene Autoren handelt.«
    Braig gab dem Kollegen Recht, betrachtete das neu entdeckte Schreiben mit prüfendem Blick. War das endlich der Durchbruch? Der letzte Schritt auf dem Weg zur Mörderin, zum Mörder? Er überflog die Sätze, überlegte, wer sie wohl formuliert habe. Eine 15-jährige, von Hemmer betrogene junge Frau. Frau? Eher doch eine Heranwachsende, ein gerade dem Kindesalter entwachsenes Mädchen. Die Mörderin Hemmers?
    Man konnte nichts ausschließen, sicher. Im Fernsehen oder in Kinofilmen flimmerten immer wieder junge, von skrupellosen Männern missbrauchte Frauen als Rachegöttinnen über die Leinwand. Hemmer also als Opfer eines von seinem Karrierewahn verblendeten, bitter enttäuschten Mädchens?
    Sie mussten die restlichen Teile des Blattes finden, das war eine Chance. Oder in den Akten des Fernsehproduzenten nach 15-jährigen Bewerberinnen fahnden, die von ihm abgelehnt worden waren – vielleicht stießen sie auf den Namen und die Adresse der Schreiberin der vorliegenden Drohungen.
    Braig bat die Kollegen, sich darum zu bemühen, forderte sie auf, Frau Lieb zu fragen, ob sie den Text kenne.
    »Der Mann scheint ein widerliches Schwein gewesen zu sein«, meinte Rauleder, »sehe ich das richtig?«
    »Alles, was mir bisher über ihn erzählt wurde, geht in diese Richtung. Wenn die Vorwürfe hier stimmen, trieb er es sogar mit halben Kindern.«
    »Wir werden versuchen, den Rest des Briefes zu finden. Hoffentlich haben wir Glück.«
    Braig wusste nicht, ob es mehr Erfolg versprach, zu bleiben und den beiden Kollegen bei ihrer mühsamen Suche zu helfen oder zu dem Kurierdienst zu gehen, um sich nach der Briefzustellerin zu erkundigen, entschied sich nach kurzem Zögern dann aber doch für seinen ursprünglichen Plan. Rauleder und Hutzenlaub würden es entdecken, wenn es in dem Papierwust noch etwas zu finden gab – daran hegte er keinen Zweifel. Er verabschiedete sich von den beiden, holte seinen Schirm, trat ins Freie.
    Der Nieselregen hatte nachgelassen, kaum ein Tropfen fiel vom Himmel, obwohl er über und über mit dunklen Wolken bedeckt war. Braig schlug die von Frau Lieb empfohlene Richtung ein, hatte die Myliusstraße nach wenigen Minuten erreicht. Das Büro des Kurierdienstes lag nur wenige Meter entfernt in einem mehrstöckigen, an verschiedene Unternehmen vermieteten Gebäude. Er sah das Schild
Kurierdienst Larch
, drückte auf die Glocke. Keine fünf Sekunden später wurde der Türöffner betätigt. Braig kletterte ins zweite Obergeschoss.
    Eine Frau um die Vierzig lehnte an der geöffneten Tür, ein Telefon am Ohr, als er das Stockwerk erreichte. Sie debattierte heftig mit einem Anrufer, winkte Braig zu. Er sah das Firmenschild des Kurierdienstes an der Wand, zog seinen Ausweis. Die Frau drückte ihm die Hand, nannte einen Namen, den er nicht richtig verstand – irgendwie seltsam klingend,
»
Schweitzhilbner« oder ähnlich –, betrachtete seine Legitimation, runzelte die Stirn.
    »Ich muss Sie jetzt endgültig auf morgen vertrösten«, sagte sie mit energischer Stimme ins Telefon, »dann ist Herr Fehr wieder da und wird es persönlich mit Ihnen besprechen.«
    Der Anrufer warf ihr noch eine lange, mit etlichen Schimpfwörtern durchsetzte Antwort ins Ohr, die aufgrund seiner lauten Stimme von Braig ohne Probleme verfolgt werden konnte, donnerte dann anscheinend den Hörer auf seinen Apparat. Die Frau an der Tür verdrehte genervt die Augen, seufzte laut.
    »Tut mir Leid, dass ich störe«, sagte Braig, »Sie hatten im Moment wohl keinen angenehmen Gesprächspartner.«
    »So lässt sich die Sache vornehm umschreiben, ja«, erwiderte sie, »Sie wollen zu uns?«
    Braig nickte, stellte sich vor, folgte der Frau in ein kleines Büro, das von einem mächtigen Schreibtisch und zwei Computerbildschirmen dominiert wurde. Auf beiden Monitoren flimmerten verschiedene Zahlenreihen. Hinter dem Schreibtisch erhob sich ein über und über mit Aktenordnern bestücktes Metallregal, am anderen Ende des Raumes standen drei Stühle um einen hellen, rechteckigen Tisch.
    Die Frau bat Braig, an dem Tisch Platz zu nehmen, fragte nach dem Grund seines Besuches.
    »Wir ermitteln in einem komplizierten Fall«, versuchte er von seinen konkreten Untersuchungen abzulenken, um seine Gesprächspartnerin nicht unnötig zu

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