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Schwaben-Filz

Schwaben-Filz

Titel: Schwaben-Filz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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Identität sie nicht einmal den leisesten Schimmer hatten. Sie hatten acht Tage lang Mist gebaut, acht Tage, noch dazu unter den Augen der Öffentlichkeit. Was das bei den Medien bewirken, welcher Orkan der Entrüstung bald über sie hereinbrechen würde – Braig wagte nicht daran zu denken.
    »Was ist los?« Ann-Katrin strich ihm zärtlich über die Wange. »Ruppich ist tot, habe ich das richtig verstanden?«
    Er fand keine Kraft mehr zu einer Antwort, nickte nur mit dem Kopf.

35. Kapitel
    Wohl nur wenige der zahlreichen Studentinnen und Studenten von heute, die sich am außergewöhnlichen Charme der im Stil eines englischen Landschaftsgartens erschaffenen, rings um die Universitätsgebäude des Stuttgarter Vororts Hohenheim gelegenen Grünanlagen delektieren, wissen darüber Bescheid, dass sowohl der Park als auch das gleichnamige Schloss auf einen der übelsten Despoten des Landes zurückgehen. Der württembergische Herzog Carl Eugen (1728-1793) hatte die weitläufigen Gartenlandschaften auf ausdrücklichen Wunsch seiner langjährigen Geliebten und späteren zweiten Ehefrau Franziska von Hohenheim unter deren tatkräftiger Mithilfe ab 1776 errichten lassen.
    Der bei seiner Großmutter von Thurn und Taxis in Brüssel aufgewachsene, später zwei Jahre lang am Hof des Preußenkönigs Friedrichs II. in Berlin erzogene Carl Eugen genoss zeitlebens die umfassenden Privilegien eines absolutistischen Fürsten, die in allererster Linie darin bestanden, das Geld seiner bis aufs Blut ausgebeuteten Landeskinder für pompöse Feste, weite Reisen und das Luxusleben mit unzähligen Mätressen zu verprassen. 1744 mit 16 Jahren zum Herzog ernannt, gefiel sich der exaltierte Herrscher über Jahrzehnte hinweg als allmächtiger Jäger, dem nicht nur viele Tiere und die von seinem schießenden Tross niedergetrampelte Ernte unzähliger Felder, sondern auch hunderte Frauen und Töchter seiner Landeskinder zum Opfer fielen. Obwohl bereits mit 20 Jahren mit der als einer der schönsten Prinzessinnen ihrer Zeit beschriebenen, zum Zeitpunkt der Eheschließung gerade 16 Lenze zählenden Elisabeth Friederike Sophie von Brandenburg-Bayreuth verheiratet, verging in den folgenden Jahrzehnten wohl kaum ein Tag, an dem der Herzog seinen sexuellen Gelüsten nicht anderweitig nachgab. Von Jähzorn und Rachsucht geprägt, schreckte der Despot weder davor zurück, seine Gemahlin zu misshandeln noch sie offen und unverhohlen zu betrügen.
    Die Zahl seiner Mätressen schoss in astronomische Höhen. Tänzerinnen, Schauspielerinnen, Opernsängerinnen, Balletteusen wechselten einander als seine Bettgespielinnen ab. Unzählige bürgerliche Frauen kamen – oft auch unfreiwillig – hinzu. Aus Ludwigsburg etwa, wo er zeitweise residierte, wurde berichtet, dass er trotz heftiger Proteste der Mutter ein 16-jähriges Mädchen habe entführen und kurz darauf zu einer seiner neuen Mätressen erklären lassen.
    Die Zahl seiner unehelichen Kinder überstieg jede Vorstellungskraft. Dass Carl Eugen sein perverses Sexualleben auch noch stolz zur Schau trug, konnte bei jedem seiner zahlreichen Feste begutachtet werden: Scharen von Frauen und Mädchen erschienen dabei in aus blauem Atlas gefertigten Schuhen, ein Kleidungsstück, das seine Trägerin offen als sexuelle Beute des Herzogs auswies.
    Acht Jahre lang hatte Friederike von Brandenburg-Bayreuth diese psychischen und physischen Torturen ertragen, dann war es ihr endgültig zu viel geworden: Sie floh von der Seite ihres Angetrauten, vergrub sich in ihrer ehemaligen Heimat in Bayreuth. Des Despoten Pech: Weil er katholisch war, blieb ihm jede weitere Eheschließung versagt. Somit erübrigte sich auch jeder Gedanke daran, mit einer neuen, offiziell angetrauten Partnerin legale Kinder zu zeugen, die später seine Nachfolge an der Spitze des Landes antreten konnten.
    Seinen Spaß am Leben, den Festen und den Frauen ließ sich Carl Eugen deswegen aber nicht nehmen, im Gegenteil: Genau wie die Anzahl seiner Bettgespielinnen stiegen auch die finanziellen Aufwendungen für seine Reisen und die pompösen, an seinem Hof veranstalteten Festivitäten ins Unermessliche. Zur Steigerung des in seiner Residenz zur Schau gestellten Luxus’ gründete er die Porzellan-Manufaktur in Ludwigsburg und die Hofoper in Stuttgart, sorgte zudem für den Bau des Neuen Schlosses in Stuttgart, in das er später übersiedelte. Weil ihm das jedoch nicht genügte, ließ er in Ludwigsburg das Schloss Monrepos, hoch über Stuttgart das Schloss

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