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Schwaben-Filz

Schwaben-Filz

Titel: Schwaben-Filz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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spezialisiert. Unter anderem Flächen, die im Rahmen von
Stuttgart 21
verwertet werden sollen.«
    »Sie glauben, sein Verschwinden hängt mit den Auseinandersetzungen um
Stuttgart 21
zusammen?«
    Der Staatsanwalt kam ins Stottern. »Nein, das heißt, nicht direkt. Aber… Also, Sonja meint, dass es sich um eine andere Sache handelt. Rolf Grobe hat vor Jahren als Zeuge vor Gericht ausgesagt. Er beobachtete, wie ein Mann eine junge Frau belästigte. Ziemlich rabiat. Der Kerl wurde daraufhin verurteilt, zu drei Jahren. Vor fünf Wochen kam er aus dem Gefängnis.«
    »Und Frau Grobe befürchtet jetzt …«
    »Der Verurteilte soll ihren Mann bedroht haben. Wenn er erst mal wieder aus dem Bau sei …«
    »Na ja, das tun viele im ersten Eifer des Gefechts. Aber mit der Zeit …«
    »Nein, so einfach ist das nicht.« Söderhofer hatte sich plötzlich heftig ereifert. »Der soll Rolf Grobe sogar aus dem Gefängnis heraus bedroht haben.«
    »Woher wollen Sie das wissen?«
    »Sonja hat mir das schon vor mehreren Wochen erzählt. Sie war damals schon ganz aufgeregt.«
    »Gut. Ich werde mich darum kümmern. Wie heißt der Typ?«
    »Markus Ruppich aus Tübingen. Meine Sekretärin hat alles ausgedruckt.« Söderhofer deutete auf den Rücksitz. »Das Material steht Ihnen zur Verfügung. Braig, ich wusste es: Sie sind der richtige Mann für diese Investigation.«
    Sie waren vor einem Einfamilienhaus am Hang über Esslingen angekommen, blickten vom Süden her auf die alte Reichsstadt. Zu ihren Füßen, dem Steilabfall des Berges unmittelbar vorgelagert, der kanalisierte Lauf des Neckar, dahinter die Altstadt mit ihren schmalen Gassen und den hochaufragenden Doppeltürmen der Stadtkirche St. Dionys. Jenseits des Tales, auf dem den Schurwaldhöhen vorgelagerten Hügelplateau die mächtigen Festungsanlagen der alten Burg.
    Braig kannte Esslingen von unzähligen Besuchen, war jedes Mal aufs Neue von der stimmungsvollen Atmosphäre ihrer weitgehend autofreien Altstadtgassen fasziniert. Er nahm die reichlich bestückte Kunststoffkladde mit den ausgedruckten Informationsmaterialien entgegen, folgte dem Staatsanwalt durch den Vorgarten zur Haustür. Söderhofer betätigte die Türglocke, deren Schild die Bewohner als
Sonja und Rolf Grobe
auswies, zog seine Hand erst wieder zurück, als eine weibliche Stimme aus dem Lautsprecher krächzte.
    »Ja?«
    »Ich bin es, Teddy.«
    Braig wunderte sich über die sehr persönlich gehaltene Anrede seines Begleiters, überlegte, wie nahe Söderhofer der angeblich bedrohten Familie stand. War er wirklich nur ein alter Studienfreund?
    Die Tür wurde abrupt geöffnet, eine schon auf den ersten Blick recht attraktive Frau um die Vierzig stand ihnen gegenüber. Hatte er erwartet, einer entnervten, völlig aufgelösten Person zu begegnen, die am Ende ihrer Kräfte war und dringend psychischer Aufmunterung bedurfte, sah er jetzt eine gepflegte, mit einem hellen Pullover und kräftig blauen Jeans salopp gekleidete Frau vor sich, deren Frisur und Make-up perfekt arrangiert schienen. Sie hatte ein schmales, vornehm, fast aristokratisch wirkendes Gesicht, kurze, blonde Haare, lebhafte, ihn aufmerksam musternde, blaue Augen. Nur das kleine Pflaster auf ihrer linken Wange passte nicht ganz zu ihrer Aufmachung.
    »Sie sind dieser erfolgreiche Kommissar, von dem Teddy uns schon so oft erzählt hat?«
    Braig war sprachlos, er reichte der Frau die Hand.
    »Keine Investigation ohne Erfolg«, erklärte Söderhofer laut, »du siehst, du bist in den besten Händen.«
    Der Kommissar wehrte verlegen ab. Er folgte der Frau durch eine von mehreren Strahlern hell ausgeleuchtete Diele, legte seine Jacke ab, nahm dann gemeinsam mit dem Staatsanwalt auf einem breiten, weißen Sofa im angrenzenden Wohnzimmer Platz.
    »Was darf ich Ihnen anbieten? Kaffee, Wasser, Tee?« Die Frau wies auf ein auf dem Tisch bereitgestelltes Tablett mit zwei Thermoskannen, einer Flasche Mineralwasser, leeren Gläsern und Tassen, sah Braigs abwehrende Handbewegung.
    »Ich will nicht unhöflich sein, aber mir wäre es recht, wenn Sie mich möglichst schnell über Ihr Problem informieren. Ich gehe zwar nicht davon aus, dass sich Ihr Mann ernsthaft in Gefahr befindet – Sie glauben gar nicht, wie oft Menschen für zehn, zwanzig Stunden, manchmal auch zwei, drei Tage spurlos verschwinden – am Ende tauchen aber fast alle wohlbehalten wieder auf. Trotzdem möchte ich mir möglichst schnell Klarheit über diesen entlassenen Strafgefangenen verschaffen, der

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