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Schwaben-Filz

Schwaben-Filz

Titel: Schwaben-Filz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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Frau hat nichts verwechselt. Beide wurden getötet. Grobe und Robel.«
    »Wie bitte?« Neuber schnappte lauthals nach Luft. »Beide …«
    »Wir fahnden nach Markus Ruppich«, erklärte Braig. »Der Mann wurde vor wenigen Wochen aus dem Gefängnis entlassen.«
    »Mein Gott, Sie glauben doch nicht allen Ernstes …«
    »Doch«, gab Riedinger zur Antwort, »genau das.«
    »Verstehen Sie jetzt, weshalb wir hier sind?«, fragte Braig. »Ihr gemeinsamer Abend in der Jagdhütte. Ruppich wurde wegen der versuchten Vergewaltigung verurteilt. Aber kaum war er im Gefängnis …«
    »Ja, ich weiß, worauf Sie hinaus wollen. Er hat Grobe und Robel beschimpft und ihnen Rache angedroht.«
    »Nur Grobe und Robel? Wenn ich die Gerichtsakten richtig gelesen habe, waren Sie an diesem Abend ebenfalls dabei.«
    Neuber winkte mit seiner rechten Hand ab. »Langsam. Sie verwechseln da zwei verschiedene Tatbestände. Wir trafen uns an diesem Abend damals in Robels Jagdhütte. Die drei hatten ein Projekt vorbereitet und wollten, dass ich mich bei meinen Parteifreunden dafür verwende. Ich bin im Gemeinderat hier in Oberweihingen, müssen Sie wissen, Fraktionsvorsitzender, und wir haben die absolute Mehrheit. Es ging um den Bau einer Umgehungsstraße. Grobe hatte die meisten dazu notwendigen Grundstücke angekauft, Robel deren Vorfinanzierung organisiert und Ruppich wollte bauen. Wir hatten das Ganze zwei Jahre vorher schon in die Wege geleitet, es ging nur noch um das endgültige Plazet, den Gemeinderatsbeschluss. Die Konditionen dafür sollten an diesem Abend endgültig definiert werden.«
    »Und?«, fragte Braig. »Was geschah?«
    »Wir wurden uns einig«, erklärte Neuber. »Rundum. Das Geld, die Aufträge, die Termine. Alles hatte erwartungsgemäß geklappt. Bis dann, im Anschluss, wir feierten unsere Abmachungen, Ruppich außer Kontrolle geriet.«
    »Was genau ist passiert?«, insistierte der Kommissar.
    Sein Gegenüber schüttelte den Kopf. »Das kann ich nicht sagen. Ich war nicht dabei.«
    »Wie – Sie waren nicht dabei? Haben Sie sich plötzlich in Luft aufgelöst, oder wie?«
    »Das können Sie doch aus den Gerichtsakten genau ersehen. In der Zeit, als das mit dem Mädchen passierte, war ich nicht in der Hütte.«
    »Wo waren Sie dann?«
    »Ich wiederhole es noch einmal: Schauen Sie in die Akten! Ich war draußen im Wald.«
    »Draußen im Wald? Das war doch mitten in der Nacht! Was wollten Sie da im Wald?«
    »Auch wenn ich keine Lust habe, das alles zu wiederholen: Ich liebe es, in der Nacht zu jagen. Das tue ich öfter, wann immer es die Zeit erlaubt. Auch in dieser Nacht.« Neubers Miene wirkte angespannt. Er war es offensichtlich nicht gewohnt, so hart angegangen zu werden. »Mit einem Nachtsichtgewehr«, fügte er hörbar gereizt hinzu.
    Braig musterte sein Gegenüber, glaubte ihm kein Wort. Natürlich hatte er es in den Gerichtsakten gelesen, genau die Darstellung, die Neuber auch jetzt zum Besten gab. Den ganzen Abend war er in der Hütte anwesend, aber genau in dem Moment, als es zu der Gewalttat kam, wollte er sie verlassen haben. Weil er im Wald unterwegs war, mitten in der Nacht, zum Jagen. Gab es eine dümmere Ausrede?
    Braig war vollkommen klar, was den Mann bewegte, dem Gericht diese absurde Version aufzutischen: Weil er um seine Karriere als Politiker fürchtete. Wie hätte er es der Öffentlichkeit auch erklären sollen, dass sich Ruppich vor lauter Begeisterung über die schmierigen Geschäfte, die er mit ihm in der Hütte abgeschlossen hatte, zu der brutalen Gewalttat an dem Mädchen hatte hinreißen lassen?
    Nein, das wäre sein politisches Aus, wenn er das zugeben müsste. Deshalb hatte er zu dem absurden Märchen von seiner nächtlichen Jagd gefunden, um sich von jedem Verdacht zu befreien. Gerichte ließen sich täuschen, mit hochdotierten, halbseidenen Rechtsanwälten allemal. In Wirklichkeit war Neuber genauso in der Hütte anwesend wie die beiden Ermordeten, auch in dem Moment, als es passierte. Frage war nur, inwieweit er sich bei dem Verbrechen beteiligt hatte. Waren sie vielleicht zu viert – von übermäßigem Alkoholgenuss völlig enthemmt – über die junge Frau hergefallen?
    »Wissen Sie, wenn Sie nachts im Wald unterwegs sind, allein nur mit sich und der Waffe in der Hand, das ist ein unbegreifliches Gefühl.« Neuber starrte mit glasigen Augen an ihm vorbei zu einem imaginären Punkt an der Wand. »Der pure Wahnsinn, sage ich Ihnen, wie ein Leben in einer neuen Existenz. Das ist ein Feeling –

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