Schwaben-Filz
schwergewichtige Gestalt.
»Du hast es bereits versucht? Vergeblich?«
Felsentretter schüttelte den Kopf. »Natürlich habe ich sofort danach gefragt. ›Der kommt irgendwo aus dem Norden‹, wussten beide Wichser, ›der war nur ein paar Jahre hier, wegen einer Tussi, und das ging prompt schief.‹«
»Aus dem Norden?«
»Lübeck.«
»Lübeck? Das weißt du genau? Die Stadt liegt noch hinter Hamburg. Das sind mehrere hundert Kilometer von hier.«
»Allerdings weiß ich das genau. Der Wärter hatte sogar seine Adresse. Hier, extra für dich, alles komplett.« Er zog sein Handy aus der Tasche, gab einen kurzen Befehl ein, reichte es Braig.
Die Anschrift leuchtete ihm auf dem Display entgegen.
Patrick Stein, Lübeck, Engelsgrube, Bäckergang (privat); Fegefeuer (Arbeitsplatz)
. »Engelsgrube und Fegefeuer«, murmelte Braig.
»Klingt lustig, ja. Aber der Typ scheint voll integriert. Behauptete jedenfalls der Wärter. Buddha arbeitet in seinem alten Job, meinte er. Irgendwas mit Krankenhaus oder Ärzten, genauer brachte er es nicht auf die Reihe. Und die Wichser laberten was von Pfleger, Krankenpfleger oder Altenpfleger, den Alten die Scheiße vom Arsch wischen und so.«
»Und bei dem soll Ruppich sich verstecken? 700 oder 800 oder was weiß ich wie viele Kilometer von uns entfernt?«
»Verdammte Kacke, wieso denn nicht? Das ist doch der ideale Rückzugsort. Der Schweinehund schlachtet hier die Typen ab und verzieht sich dann ans andere Ende der Republik. Uns geht der Arsch auf Grundeis, weil wir in unserer Umgebung keine einzige Spur von ihm finden, und der lebt dort derweil völlig unbehelligt in Saus und Braus. So lange, bis wir vor lauter Frust jede Hoffnung aufgegeben haben, ihn doch noch zu erwischen. Und irgendwann taucht der hier wieder auf und knallt den Nächsten ab.« Er donnerte mit seiner Faust gegen die Tür, dass sie zurücksprang und an die Wand knallte. »Meine Fresse, Lübeck. Ich sehe doch, wie du reagierst. Das ist das ideale Versteck. Wer denkt an so was, das andere Ende der Republik? Das ist einfach clever und läuft dem voll rein. Und wir sind die Idioten!«
21. Kapitel
Den Entschluss, Markus Ruppichs Versteck in Lübeck gemeinsam mit den Kollegen vor Ort ausfindig zu machen und den Mann dann persönlich festzunehmen, hatte Braig am frühen Freitagabend gefasst. Er war kurz nach 18 Uhr nach Hause gekommen, hatte Ann-Katrin gemeinsam mit seiner Mutter im Wohnzimmer angetroffen. Die beiden Frauen waren damit beschäftigt gewesen, den Tisch herzurichten. Braig hatte Teller und Besteck für fünf Personen gezählt, sich über den Aufwand gewundert, mit dem sie die Tafel ähnlich wie am Vorabend geschmückt hatten. Blumen und bunte Servietten säumten das Geschirr, Kerzen und winzige Gewürzkissen wechselten einander in der Mitte des Tisches ab.
»Was ist hier los?«, hatte er, Ann-Katrin mit einem Kuss begrüßend, geäußert. »Wir haben doch erst gestern Abend wie die Könige diniert.«
»Dr. Genkinger«, hatte seine Mutter geantwortet. »Er hat es gestern so genossen. Und bevor ich morgen nach Hamburg fahre, dachte ich …« Zustimmung und Lob erheischend hatte sie zu ihm aufgeblickt.
Ihm war klar, wie sie diesen Tag verbracht hatte, er kannte sie zur Genüge. Ohne jede Ruhepause war sie wahrscheinlich schon seit dem Morgen damit beschäftigt gewesen, ein pompöses, mehrgängiges Essen vorzubereiten und dabei keinerlei Mühe zu scheuen. »Das ist eine sehr gute Idee«, hatte er deshalb geantwortet, die Rüge, die ihm auf der Zunge lag, unterdrückend. »Da wird sich unser Vermieter sehr freuen.«
»Nur euer Vermieter?«
»Nein, natürlich wir alle. Vielen Dank.«
Mit zufriedenem Lächeln war sie in die Küche verschwunden.
»Und was ist mit Ann-Sophie? Sie schläft?«
Seine Partnerin hatte genickt, ihm von der Begeisterung seiner Tochter erzählt, mit der sie den Morgen im Cannstatter Mineralbad verbracht hatte.
»Ihr habt fest geplanscht?«
»Und wie! Deine Tochter wurde zum Schrecken aller älteren Badegäste. Dass die nicht die Polizei gerufen haben …«
Er hatte gelacht, dann von seinen Ermittlungen erzählt.
»Du nimmst an, dass sich der Kerl in Lübeck versteckt?«
»Nach der engen Verbindung, die er mit diesem Buddha pflegen soll, ja.«
»Eine wahnsinnig schöne Stadt«, hatte sie erklärt, »eine der schönsten, die ich kenne.«
»Du warst schon dort?«
»Vier oder fünf Mal. Immer, wenn wir den Sommer in Travemünde verbracht haben. Badeferien an der Ostsee mit
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