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Schwaben-Filz

Schwaben-Filz

Titel: Schwaben-Filz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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vor Augen. Und da standen sie mit einer weiteren Person und brüllten sich gegenseitig an.«
    »Kurz nach Mitternacht, sind Sie sich sicher?«
    »Ja, ich weiß genau, wie spät es war, weil ich auf meinen Wecker schaute. Ausgerechnet heute Nacht müssen die so ein Theater machen, wo wir in Ruhe schlafen und frühmorgens aufbrechen wollen, dachte ich noch.«
    »Und es waren zweifelsfrei Frau und Herr Grobe, die da so herumschrien?«
    »Ja, beide, mit einer weiteren Person.«
    »Sie kennen diese dritte Person?«, fragte Braig.
    »Tut mir leid, nein. Wir konnten sie nicht richtig sehen, weil Herr Grobe vor ihr stand und sie verdeckte.«
    »Die ganze Zeit?«
    »Na ja, jedenfalls so lange, wie wir aus dem Fenster schauten. Zwei, drei Minuten vielleicht. Dann legten wir uns wieder hin.«
    »Weil inzwischen Ruhe eingekehrt war.«
    »Ruhe?« Die Frau ließ ein kräftiges Lachen hören. »Sie sind gut. Das ging noch mindestens zehn Minuten so weiter. Wir waren nahe dran, uns zu beschweren.«
    »Konnten Sie verstehen, um was es ging?«
    »Nicht wirklich. Wir wollten die Fenster nicht öffnen, um uns nicht zu verraten. Dass wir den Streit mitbekamen, meine ich.«
    »Sie hörten sie schreien, obwohl Ihre Fenster verschlossen waren?«
    »Ja«, bestätigte Lilly Funk. »Verstehen Sie jetzt, wie laut die waren?«
    »Und Sie haben wirklich kein Wort verstanden?«
    »Na ja. Ein paar Worte schon.«
    »Nämlich?«
    Die Frau äußerte sich erst nach ein paar Sekunden Ruhe. »Elende Fotze, dreckige Schnalle. Reicht es oder wollen Sie noch mehr?«
    »Wer rief das?«, fragte Braig überrascht. »Herr Grobe?«
    »Ja, natürlich!« Lilly Funk lachte laut. »Oder glauben Sie etwa, sie?«
    »Rolf Grobe also kurz nach Mitternacht.«
    »Ja.«
    Braigs Gehirn war von wirren Gedanken vernebelt. Irgendwie passte das nicht zusammen. »Warf Grobe diese Ausdrücke seiner Frau an den Kopf?«
    »Kann sein. Oder der anderen Person. Ich weiß es nicht. Obwohl …«
    »Ja?«
    »Also, wenn ich ehrlich bin …« Die Frau brach mitten im Satz ab.
    »Bitte, vielleicht hilft es uns weiter.«
    »Mein Mann und ich, wir sind der Auffassung …«
    »Ja, was meinen Sie?«
    »Wir hatten den Eindruck, dass Grobe wieder einmal spät nach Hause kam. Das ist bei ihm ja oft der Fall, wenn er getrunken hat. Wahrscheinlich hat er dabei seine Frau mit ihrem Liebhaber überrascht. Vielleicht war er an dem Abend nicht betrunken genug, um den Kerl zu übersehen, und so kam es zu dem Eklat. Aber wie gesagt …«
    »Bei der unbekannten Person handelte es sich um einen Mann?«
    »Wir konnten das nicht erkennen. Aber mein Mann und ich, wir vermuten das.«
    »Herr Grobe kam oft spät nach Hause?«, vergewisserte er sich.
    »Auffallend oft, ja.«
    »Und oft angetrunken?«
    »Na ja, ich will ja nichts sagen, was … Ich meine, Sie sind Polizeibeamter und da …«
    »Herr Grobe ist tot. Sie können ehrlich sein. Es hat keinerlei Folgen mehr für ihn.«
    »Ja, also gut. Oft angetrunken, ja. Das weiß ich genau. Immerhin hat er drei Mal unser Tor geschrottet. Geschrottet, nicht nur angefahren. Das will etwas heißen. Es ist nämlich ziemlich stabil. Und er legte jedes Mal Wert darauf, die Sache unter der Hand zu regeln. Ohne Ihre Kollegen, wenn Sie verstehen. Wie oft er an unsere Mauer schrammte – ich will gar nicht erst anfangen, nachzuzählen. Wir säßen morgen noch am Apparat. Wir ließen eine zweite Lage Steine hochziehen, weil es zum Dauerzustand wurde.«
    »Und Frau Grobe ging derweil fremd.«
    »Fragen Sie mich nicht, ich habe keine Ahnung. Ich denke, Grobe bekam es nicht mit, weil er ständig so betrunken war.«
    »Diese dritte Person. Sie glauben wirklich, dass es sich um den Liebhaber Ihrer Nachbarin handelte?«
    »Na ja, warum sonst hat Grobe denn so gebrüllt, mitten in der Nacht?«
    Das klang wirklich überzeugend, überlegte Braig. Grobe kam weniger angetrunken als üblich nach Hause, überraschte seine Frau in flagranti und rastete aus. Er jagte den Konkurrenten aus dem Haus, schrie sich seine Wut aus dem Leib …
    Wie aber kam Ruppich ins Spiel? Hatte er das ganze Drama mitbekommen? Als stiller Beobachter, der draußen im Dunkeln auf eine Gelegenheit wartete, sich Grobe zu schnappen? Oder …
    Braig spürte einen absolut verrückten Gedanken in sich aufkommen. Nein, das konnte nicht sein. Unmöglich. Oder doch?
    Er fürchtete, einem Schwindel zum Opfer zu fallen, klammerte sich an seinem Schreibtisch fest.
    Hatte Ruppich, kaum aus dem Gefängnis entlassen, sich heimlich

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