Schwaben-Filz
Sonja Grobe genähert und sie zu verführen versucht? Alles mit dem Hintergedanken, Rache an ihrem Ehemann zu üben?
Braig wusste nicht, was er glauben sollte. Der Gedanke war zu abenteuerlich. Eine Tatsache allerdings stand fest: Grobes Frau war weit mehr in das Geschehen involviert, als sie vor ihnen, jedenfalls vor ihm, kundgetan hatte.
Blieb nur die Frage, inwieweit Söderhofer in die Sache eingeweiht war. Hatte seine frühere Geliebte ihm von Anfang an den wahren Sachverhalt anvertraut?
Braig spürte, wie es in ihm arbeitete. Natürlich hatte sie Söderhofer informiert. Wie auch sonst? Das Risiko, ihren Ex zu hintergehen, war der Frau viel zu riskant gewesen. Also hatten die beiden nach dem Mord an ihrem Mann einen Dummen gesucht, dem sie die Ermittlungen anvertrauen konnten, und waren dabei auf ihn gestoßen. Wie hatte der Staatsanwalt am Anfang noch formuliert?
Das ist doch ein optimaler Start dieser Investigation, dass ich mit Ihnen kommuniziere und nicht mit Ihrer impertinenten Kollegin, dieser unzivilisierten Person. Es handelt sich um eine brisante Angelegenheit
. So oder jedenfalls so ähnlich, er erinnerte sich noch genau daran.
Und dann das Gesäusel der Frau, mit dem sie ihn begrüßt hatte.
Sie sind dieser erfolgreiche Kommissar, von dem Teddy uns schon so oft erzählt hat?
Honig ums Maul, jetzt war ihm das vollends klar. Er hatte sich damals schon gewundert, jedoch vor lauter Verlegenheit nicht weiter darüber nachgedacht. Als ob Söderhofer jemals ein einziges lobendes Wort für ihn erübrigt hätte. Das alte Gaunerpaar hatte ihn ganz schön geleimt. Und er war voll auf die beiden hereingefallen.
23. Kapitel
Den halben Samstagnachmittag hatte Neundorf mit der Durchsicht der Briefe, Sticks und Fotos Meike Kleemanns verbracht. Eine nervtötende Angelegenheit, deren Sinn und Ziel im Ungewissen lagen. Wie in all diesem Wust von belanglosen Mitteilungen, emotionalen Freundschaftsbekundungen und ohne tiefere Hintergedanken aufbewahrten Erinnerungen Hinweise auf die Person finden, die mit dem unnatürlichen Tod der Adressatin zu tun hatte? Was musste genauer untersucht, was konnte einfach zur Seite gelegt werden? Gab es überhaupt einen einzigen Anhaltspunkt in dem ganzen Berg, der diese Arbeit lohnte?
Neundorf hatte Brief um Brief, Stick um Stick überflogen, war keinen Schritt weitergekommen. Nach zweieinhalb Stunden mühsamen Sichtens hatte sie den Computer heruntergefahren, die Papiere ad acta gelegt und sich den Fotos zugewandt. Meike Kleemann hatte bisher offensichtlich darauf verzichtet, ihre Bilder digital zu speichern, den Spurensicherern waren jedenfalls keinerlei Speichermedien diesen Inhalts in die Hände gefallen. Die Sticks und CD-Roms, die Neundorf durchgesehen hatte, hatten genauso wenig optische Materialien offenbart wie die Festplatte des Computers.
Die Menge an ausgedruckten Fotos dagegen war umso größer. Kuverts, Alben, dazu ein erst nachträglich im Kleiderschrank entdeckter Schuhkarton. Neundorf hatte die Landschafts- von den Personenaufnahmen getrennt, sich ganz auf die zweite Kategorie konzentriert. Gruppen junger Menschen, Porträts von Frauen und Männern, Bilder von Paaren. Mehrmals hatte sie Aufnahmen von Meike Kleemann in der Hand, die sie in freundlicher, zuweilen auch intim anmutender Pose mit einem Mann oder einer Frau zeigten. Neundorf hatte nicht eine Person davon erkannt, die Fotos dennoch aussortiert, um sie am Montagmorgen Frau Dr. Welser vorlegen zu können. Die Ärztin hatte ihre Abwesenheit entschuldigt; das ganze Wochenende über war sie mit Mann und Kindern zu einem lange geplanten Familientreffen gefahren.
Umso mehr Zeit hatte sich die Frau am frühen Montagmorgen genommen. Nach zwei dringend erwünschten Hausbesuchen hatte sie Neundorf kurz vor acht Uhr in ihrer Praxis empfangen und gemeinsam mit der Kommissarin einen ganzen Berg von Fotos gesichtet, um die darauf abgelichteten Personen zu identifizieren. Das war in überraschend großem Ausmaß gelungen, wie Neundorf ihr dankend bestätigte. Bis auf einige wenige Frauen und Männer hatte sie die Rückseite der Bilder mit den Namen und dem vermuteten Wohnort der jeweiligen Person beschriftet.
»Sollte jemand dabei sein, von dem oder der Sie wissen oder vermuten, dass es Konflikte mit Frau Dr. Kleemann gab oder gibt, bitte ich Sie, dies zu vermerken. Verstehen Sie das bitte nicht als Denunziation oder üble Nachrede, sondern eher als Hilfe für unsere Ermittlungen. Wenn wir Glück haben, kommen wir dem
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