Schwaben-Filz
Mitarbeiter im Haus und so. Ich maile sie rüber.«
»Das ist gut. Dann kann ich die sofort überprüfen.«
Neundorf legte den Hörer zurück, druckte den BKA-Bericht über Jana Bach aus. Spurlos verschwunden. Aber doch wohl nur, weil diese Null an den Ermittlungen beteiligt gewesen war. Als ob heute noch jemand einfach so spurlos verschwinden konnte.
Der Signalton, der das Eintreffen der Mail ankündigte, riss sie aus ihren Gedanken. Sie legte die Papiere über die Frau aus Reutlingen zur Seite, konzentrierte sich auf die Liste mit den letzten Telefonaten, die Meike Kleemann vor ihrem Tod noch mit ihrem Handy geführt hatte. Der gesamte Monitor war von Ziffern und Zahlenreihen bedeckt. Sie druckte die letzten vier Tage aus, legte die Blätter auf ihren Schreibtisch.
Datum, Uhrzeit, Länge des Gesprächs, Nummer des angewählten Teilnehmers. Sie musterte die unterste Zeile, sah, dass die Verbindung am Mittwoch um 19.54 Uhr aufgebaut worden war. Die letzte telefonische Unterhaltung ihres Lebens?
Neundorf wandte sich der Tastatur des Computers zu, loggte sich in die Datei des Telefonverzeichnisses ein. Drei, vier Mausklicks, dann konnte sie die Ziffern eingeben. Sie tippte Zahl auf Zahl, wartete auf den Namen des von Meike Kleemann zuletzt angerufenen Teilnehmers. Es dauerte nur wenige Sekunden, dann sah sie ihn vor sich. Schwarz auf Weiß.
Neundorf glaubte nicht richtig zu lesen. Sie blinzelte mit den Augen, wischte sich übers Gesicht, starrte erneut auf den Bildschirm. So absurd es ihr schien, der Name hatte sich nicht verändert. Nicht um einen einzigen Buchstaben.
Sie schnappte nach Luft, klammerte sich an ihrer Stuhllehne fest.
26. Kapitel
Nach und nach hatte Sonja Grobe alles gestanden: Ja, den Mittwochabend der letzten Woche hatte Ruppich bei ihr verbracht. Ja, gegen Mitternacht waren sie von ihrem Ehemann überrascht worden, der sich in dieser Nacht weshalb auch immer nicht den üblichen, alles vernebelnden Alkoholpegel angetrunken hatte. Ja, es war zum Streit zwischen den Männern gekommen, der zuerst im Haus, später dann draußen vor der Tür in Kaskaden von Beschimpfungen und Handgreiflichkeiten ausgeartet war.
Und dann?
»Ich weiß es nicht«, hatte sie, auch nach mehrmaligen Aufforderungen Braigs, endlich auszupacken, gebetsmühlenartig wiederholt. »Ich weiß nicht, was dann passiert ist, auch wenn Sie mich noch hunderttausend Mal fragen.«
»Braig, jetzt lassen Sie es doch bitte gut sein«, war Söderhofer immer wieder dazwischengegangen.
»Sie standen zu dritt draußen vor dem Haus«, hatte Braig beharrt, »Ihr Mann tobte und schrie – und Ruppich, was war mit dem?«
»Er, er …«
»Ja?«
»Ich weiß es nicht.«
»Schlug er ihn schon vor dem Haus, vor Ihren Augen nieder?«
»Nein! Doch nicht hier!« Die Frau schien aus ihrem Tranceähnlichen Zustand erwacht.
»Was dann?«
»Ich weiß es nicht. Ich war völlig fertig. Der Lärm, das Geschrei, dieser schreckliche Hass … Ich konnte es nicht länger anhören, wollte mich dem nicht länger aussetzen … Ich ging ins Haus, hockte mich irgendwo auf einen Stuhl und heulte vor mich hin. Ich muss eingenickt sein, ich weiß es nicht. Als ich wieder zu mir kam und nach draußen lief, waren sie weg, spurlos verschwunden. Die Tür stand offen, aber niemand war mehr da. Das ist alles, mehr kann ich nicht sagen.«
»Das ist alles? Glauben Sie, Sie können sich so einfach aus der Affäre ziehen, nachdem Sie uns so angelogen haben?«
»Aus der Affäre ziehen?«, hatte sie hysterisch geschrien. »Ich kann mich doch nicht aus der Affäre ziehen. Mein Mann wurde ermordet, haben Sie das vergessen? Und ich kann Ihnen sonst nichts sagen. Ich weiß nicht, was danach passierte. Was wollen Sie denn noch?«
Natürlich war Söderhofer dazwischengegangen, hatte seine Ex oder was immer sie war, tröstend in den Arm nehmen wollen, war aber energisch von ihr zurückgewiesen worden.
Sonja Grobe hatte darauf beharrt, mitten in der gröbsten Auseinandersetzung ins Haus zurückgelaufen zu sein, um der Aggression der Männer auszuweichen und darauf zu warten, dass sich die beiden endlich beruhigten. Seither hatte sie, darauf war sie bereit, ihr Ehrenwort zu geben, weder ihren Ehemann noch Ruppich wiedergesehen.
»Lebendig, meine ich«, hatte sie schließlich heulend und nur schwer verständlich kommentiert.
Mehr war ihr trotz aller Versuche Braigs nicht zu entlocken gewesen. Wie die Männer verschwunden waren, womit, wohin – keine Antwort. Wie Ruppich an
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