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Schwaben-Filz

Schwaben-Filz

Titel: Schwaben-Filz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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zu erreichen war. Sie lag am östlichen Rand Waldenbuchs, war erst unmittelbar von dem Straßenabschnitt aus, der dem Grundstück vorgelagert war, als solche zu erkennen. Es ging um die Aufstockung eines älteren, ursprünglich nur zweigeschossigen Einfamilienhauses.
    Wolfgang Bach stand auf der obersten Plattform des rings um das Gebäude errichteten Gerüsts, überprüfte eine frisch hochgezogene Mauer mit einer Art Wasserwaage, als die Kommissarin die Einfahrt zu dem Haus entlangstapfte. Sie erkannte den Mann sofort wieder. Zwei nur mit T-Shirts und Arbeitshosen bekleidete Mitarbeiter wurden von ihm gerade mit einer Kaskade von Schimpfworten bedacht. Neundorf konnte zum Glück nur Bruchteile seiner Äußerungen verstehen; neben dem mehrfach benutzten »Scheißdreck« wiederholt auch das ihr bisher weitgehend unbekannte »Vollärsche«. Man lernte doch immer wieder dazu, überlegte sie.
    Sie näherte sich dem Gerüst bis auf wenige Meter, machte dann durch lautes Rufen auf sich aufmerksam. »Herr Bach!«
    Der Mann reagierte erst nach drei weiteren »Vollärschen« und einem zweifachen »Scheißdreck«, starrte dann missmutig zu ihr in die Tiefe. Vielleicht nicht gerade der günstigste Zeitpunkt für ein sachliches Gespräch, überlegte sie.
    »Ja?« Bach fixierte sie mit funkelnden Augen. Der Mann litt momentan unter einem stark erhöhten Adrenalinspiegel, das war nicht zu übersehen.
    »Neundorf. Wir haben miteinander telefoniert. Ich habe meinen Besuch …«
    »Scheißdreck noch eins, ja«, donnerte er in die Tiefe. Er überschüttete seine Mitarbeiter noch einmal mit sämtlichen Flüchen und Verwünschungen dieser Welt, deutete auf die Mauer, machte sich dann auf den Weg nach unten.
    Neundorf wartete am Fuß der Leiter, streckte ihm die Hand entgegen.
    »Arschlöcher«, ließ er nochmals Dampf ab, erwiderte dann mit dem Anflug eines Lächelns ihren Händedruck.
    »Sie sind im Stress.«
    »Wer solche Vollärsche als Mitarbeiter hat, kann nichts anderes erwarten.«
    »Sie haben trotzdem ein paar Minuten Zeit?«
    »Mir bleibt ja wohl nichts anderes übrig, wenn Sie extra hierher fahren«, brummte er, fügte dann versöhnlicher hinzu: »Immerhin erspare ich mir dann wenigstens für einen Moment den Anblick dieser Arschlöcher.«
    Er führte Neundorf hinter das Haus in den Garten, wo mehrere Berge verschiedenster Arbeitsgeräte lagerten, wies auf zwei Bierbänke, die dort um einen Tisch aufgestellt waren. »Wenn Ihnen das genügt?«
    Sie zeigte sich mit einem Kopfnicken einverstanden, nahm ihm gegenüber Platz. »Sie wissen, worum es geht?«
    Bach winkte mit seiner Rechten ab. »Als ich gestern Abend das mit Grobe hörte, war mir sofort klar, dass Sie sich noch mal melden.« Er schien sich schnell beruhigt zu haben, sprach sachlich und unaufgeregt. Der eifrige Gebrauch der Schimpfworte hatte ihn offensichtlich vom schlimmsten Druck befreit.
    »Grobe hat die Frau mitten in der Nacht vor seiner eigenen Haustür in Esslingen totgeschlagen, das haben die Untersuchungen unserer Spurensicherer inzwischen ergeben. An einem Holzstück in seinem Garten, das für den Kaminofen gedacht war, fanden sie Blut und Kopfhaare seines Opfers. Wir sind uns da inzwischen absolut sicher. Was wir nicht verstehen, ist die Tatsache, dass er die tote Frau dann mitten in der Nacht extra von Esslingen nach Reutlingen fuhr und sie dort Herrn Hellner, Ihrem Nachbarn, in den Garten legte. Wieso ging er das Risiko ein, unterwegs eventuell in eine Polizeikontrolle zu geraten? Aufgrund des widerlichen T-Shirts, das er der Toten überstülpte, dachten wir zuerst, das habe mit Herrn Hellners Engagement gegen
Stuttgart 21
zu tun, aber das haben wir inzwischen verworfen. Wir neigen eher der Auffassung zu, dass sich Grobe in der Dunkelheit und seiner aufgewühlten Stimmung im Grundstück irrte. Ich meine, da gibt es zwei Häuser, die verblüffend ähnlich aussehen, verstehen Sie? Gut, das eine hat einen frischen Verputz, ein kräftiges Gelb, aber bei Nacht nimmt man das nicht wahr. Der Schein der Straßenlampen reicht nur in den Garten. Und die Zugänge zu den Grundstücken liegen unmittelbar nebeneinander. Da kann man im Eifer des Gefechts …« Neundorf brach ab, weil ihr Gegenüber heftig mit seiner Rechten abwinkte.
    »Gut, gut, gut«, maulte Bach. »Ich verstehe ja, was Sie meinen. Grobe und meine Ex. Sie haben davon gehört.«
    »So wie der sich aufführte, konnte das nicht verborgen bleiben. Immerhin kamen ja sogar meine Kollegen ins

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