Schwaben-Filz
Mann lachte laut. »Jana hatte die Schnauze voll. Nicht nur von mir, auch von Grobe. Von dem ganz besonders. Aber der wollte das nicht glauben.«
»Und?«
»Da kam sie auf die Idee, abzutauchen. Gut, sie wollte schon immer weg. In die große, weite Welt, verstehen Sie?«
»Wollen Sie damit sagen, Ihre Frau lebt und Sie wissen, wo sie ist?«
Bach nickte. »In Berlin. Da ist mehr los als hier in der Provinz«, antwortete er. »Hauptsache, Grobe wusste nichts davon. Der war doch völlig vernarrt in sie, hätte keine Sekunde Ruhe gegeben.«
»Aber Sie haben doch meine Kollegen losgeschickt, sie suchen zu lassen.«
»Ich doch nicht. Das war doch dieser dämliche Renck. Und wenn sich dieser völlig verrückte Kollege von Ihnen, Verzeihung, wenn ich das so sage, aber das kann ich nicht anders ausdrücken, wenn der sich nicht so angestellt hätte …«
»Sie sprechen von dem Beamten, der das Verschwinden Ihrer Frau untersuchte?«
»Der Ersatzmann, ja. Der Kommissar selbst, Reimer hieß der wohl, wenn ich mich richtig erinnere, wurde schwer krank, deshalb schickten sie den. Verzeihung, aber …«
»Grinsekäser«, fiel sie ihm ins Wort.
Bach nickte. »Sie kennen ihn?«
Neundorf machte eine unübersehbar abfällige Handbewegung.
»Ich war nahe dran, den wahren Sachverhalt zu beichten, aber der nahm mich überhaupt nicht ernst. Der laberte immer nur von linken Terrorgruppen, die die Ehefrau eines erfolgreichen Bauunternehmers aus politischen Gründen gekidnappt hätten. Ich hatte einfach die Schnauze voll, noch mit dem zu reden. Der ließ sich einfach nicht von seinem Wahn abbringen.«
»Aber jetzt verlangen Sie von mir, ich soll Ihnen einfach so glauben, dass Ihre Frau lebt.«
Bach griff in seine Tasche, streckte ihr sein Handy entgegen. »Die Fünf. Drücken Sie die Fünf. Wenn wir Glück haben, können Sie sie sprechen.«
»Wer garantiert mir, dass Sie das nicht längst mit einer anderen Frau abgesprochen haben? Wenn jemand von der Polizei anruft, gibst du dich als meine Ex aus?«
»Sie wohnt im Prenzlauer Berg. Schicken Sie Ihre Kollegen hin, die sollen sie überprüfen. Jetzt, wo Grobe nicht mehr lebt, können wir das Versteckspiel beenden.«
»Das werde ich tun.« Sie notierte sich die Nummer und die Anschrift Jana Bachs, erkundigte sich nach seinem Stimmungswandel, den Abriss seines Hauses betreffend. »Darüber haben wir uns ja schon einmal unterhalten«, fügte sie hinzu. »Letzte Woche. Da wollten Sie mir weismachen, das Risiko, beim Verkauf der Eigentumswohnungen Verluste zu machen, sei Ihnen zu groß.«
»Das haben Sie mir nicht geglaubt, wie?«, grinste der Mann.
»Sagen wir so: Ich fand es etwas seltsam«, antwortete sie.
»Zugegeben, das war Kokolores. Natürlich lassen sich damit Gewinne einstreichen. Große Gewinne, wenn es einigermaßen läuft. Aber es erfordert auch viel Arbeit. Mehrere Monate Stress pur. Mit diesen Vollärschen als Mitarbeiter.« Er deutete in die Höhe zu dem Gerüst. »Und damit sind wir wieder bei Jana.« Bachs Gesicht überzog sich mit einem breiten Grinsen.
»Sie sind noch verheiratet«, überlegte Neundorf.
Ihr Gegenüber nickte mit dem Kopf.
»Den Stress hätten Sie allein, die Gewinne müssten Sie mit ihr teilen.«
Bach lachte aus vollem Herzen. »Meine liebe Kommissarin, Sie sind wirklich fit. Ich reiße mir monatelang den Arsch auf, das alte Gemäuer abzureißen und den neuen Bau hinzustellen, dazu die Wohnungen alle für gutes Geld loszuwerden, und die Madame verjubelt die Moneten in Modeshops auf dem Prenzlauer Berg. Nein danke, da verzichte ich lieber.«
»Warum haben Sie dann die Terrasse betoniert? Sie hat, wie ich hörte, nicht mal Zugang vom Haus her?«
»Renck, der mit seiner Fantasie!«, erwiderte ihr Gesprächspartner. »Ich hatte ihr versprochen, eine schöne Terrasse zu bauen, und wollte ihr zeigen, dass ich das ernst meine. Ich dachte, sie kommt noch mal zurück. Und was den fehlenden Zugang vom Haus her betrifft: Ich wollte eine Tür in die Außenmauer einbauen. Von der Statik her ist das kein Problem. Mein Architekt hat längst sein Okay gegeben. Aber jetzt habe ich keine Lust mehr dazu.«
32. Kapitel
Der Einsatz im Norden hatte mehr Zeit in Anspruch genommen, als es von Braig erwartet worden war. Stundenlang hatte er die ihm teils per Mail, teils auch telefonisch übermittelten Informationen über den Fortgang der Ereignisse verfolgt. Kurz vor elf Uhr war die Mitteilung eingegangen, Henfles Handy sei zuerst in Niebüll, dann in Dagebüll
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