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Schwaben-Hass

Schwaben-Hass

Titel: Schwaben-Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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Litsche die Frau war, von der Nuhr in Winnenden wichtige Informationen für eine große Reportage hatte in Empfang nehmen wollen. Zum Inhalt dieser Story wusste sie nur zu berichten, dass es sich um eine äußerst brisante Angelegenheit handele, einen Krieg, so die wörtliche Aussage der Frau. Mehr hatte Nuhr ihr nicht verraten wollen, um sie nicht selbst in Gefahr zu bringen. Nolski schrieb abschließend, dass er hoffe, den Ermittlungen der Polizei mit dieser Information gedient zu haben und versprach, sich zu melden, sobald er Neuigkeiten wisse.
    Krieg, überlegte Braig, die Freundin Nuhrs äußerte dieselbe Vermutung wie Nolski selbst bei seinem Besuch gestern im Amt. Zwei Menschen, die dem ermordeten Journalisten besonders nahe gestanden hatten, die also wohl über den besten Einblick in seine beruflichen Vorhaben verfügten und beide sprachen von einem Krieg.
    Von welchem Krieg?
    Braig lief zur Kaffeemaschine, schenkte seine Tasse voll, gab Milch dazu.
    Hatte die Sache mit dem Kosovo zu tun? War der Albaner deshalb in Winnenden aufgetaucht, weil Nuhr Informationen über den Kosovo-Krieg zu erhalten gehofft hatte, deren Veröffentlichung unbedingt verhindert werden sollte? Oder hatten gar die sexuellen Eskapaden des Ministers mit dem Kosovo-Krieg zu tun? Kinder aus dieser seit Jahren umkämpften Region etwa als Opfer perverser Triebtäter?
    Er schrak zusammen, als das Telefon läutete. Krieg, arbeitete es in ihm, irgendein Krieg.
    Hatte die ganze Angelegenheit etwa wieder mit der Verwicklung einiger Personen in einen Krieg zu tun, so wie es vor wenigen Jahren schon einmal von ihnen aufgedeckt worden war? Braig erinnerte sich an Hagele, den Ministerialdirigenten in Ludwigsburg, der zusammen mit Freunden mordend und vergewaltigend im Bosnienkrieg tätig gewesen war. Reichte der Fall diesmal nicht nach Bosnien, sondern in den Kosovo?
    Er lief zu seinem Schreibtisch, nahm ab. Kriminalmeister Stöhr war am Apparat.
    »Hm, der Mann scheint gefunden.« Stöhr wiederholte den Satz zum zweiten oder dritten Mal.
    »Welcher Mann?«, fragte Braig, immer noch in Gedanken.
    »Hasim …«
    »Hasim Foca, der Albaner?«
    Stöhr gab keine Antwort, hustete kräftig.
    »Wo wurde er entdeckt?«
    Der Kriminalmeister hustete immer noch, hatte Mühe, wieder zu einer geordneten Aussprache zu finden. »Fellbach«, stotterte er, »in Fellbach in der Bahnhofstrasse. Das Sondereinsatzkommando ist schon unterwegs.«
    Braig stellte die Tasse auf seinem Schreibtisch ab, fuhr sich nervös mit dem Handrücken über den Mund. »Bahnhofstrasse? Welches Haus genau?«
    Stöhr nannte ihm die Nummer, wies darauf hin, dass der Mann von zwei verschiedenen Nachbarn unabhängig voneinander beobachtet worden war. Ein vielversprechender Hinweis darauf, wirklich auf den Gesuchten gestoßen zu sein.
    Braig griff nach seiner Jacke, schnallte seine Pistole um, fragte Stöhr, ob er ihn begleiten könne. Der Kriminalmeister hustete kräftig, verwies mehrfach darauf, dass das Sondereinsatzkommando schon vor über zehn Minuten ausgerückt sei. Entnervt warf Braig das Telefon auf die Gabel, spurtete aus seinem Büro, nahm den Aufzug, holte seinen Dienstwagen. Zehn Minuten später hatte er Fellbach erreicht.
    Die Straßen und Gehwege waren trocken, schienen vom Regen unberührt. Er stellte das Auto hundert Meter vom Einsatzort ab, sah die Männer schon von weitem. Sie schlichen sich von zwei Seiten an den Hauswänden entlang auf ein mehrstöckiges Gebäude auf der rechten Seite der Straße zu. Passanten standen in sicherem Abstand aufgeregt gaffend auf dem Gehweg.
    Kurz bevor Braig seine Kollegen erreicht hatte, stürmten sie auf ein unsichtbares Signal hin los, spurteten zur Tür, dann ins Innere des Wohnhauses. Zwei Autos fuhren im Schritttempo vorbei, neugierige Gesichter hinter den Scheiben. Braig blieb stehen, gehorchte den Anweisungen eines uniformierten Kollegen, der ihn und zwei andere Passanten am Weitergehen hinderte.
    Was sich dann ereignete, geschah so schnell, dass er es nur bruchstückhaft mitbekam. Von der anderen Straßenseite her ertönten die Glocken des nahen Kirchturms. Irritiert schaute Braig nach oben, sah, dass die Zeiger der großen Uhr halb Zwölf signalisierten. Die Glocke schlug zweimal an, verstummte dann mit lange nachhallendem Klang. Wer derweil das Fenster im zweiten Obergeschoss des gestürmten Gebäudes geöffnet hatte, blieb Braig verborgen; bis er seinen Blick auf diese Straßenseite gerichtet hatte, war der Mann schon über die

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