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Schwaben-Herbst

Schwaben-Herbst

Titel: Schwaben-Herbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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Polit-Schleimer zu tun, der fünfzehn Kameras und Mikrofone auf sich gerichtet wissen muss, um kräftig durchatmen zu können? Und wie passt dieser gewalttätige Autohändler dazu, der jahrelang seine Frau misshandelte?«
    »Ihr habt ihr Alibi überprüft?«
    »Ihres und das ihres neuen Partners. Absolut wasserdicht. Die Nachbarn schwören, dass sie den Abend, an dem Offenbach ermordet wurde, gemeinsam mit ihnen verbracht haben.«
    »Vielleicht hat der Kerl noch andere Frauen so behandelt.
    Und eine hat sich jetzt gerächt.«
    »Wir sind dabei, alle seine Kontakte zu überprüfen. Aber selbst wenn es so wäre, warum dann Sattler und Grauselmaier?«
    Neundorf hörte Weiss laut stöhnen, sah Braig und in seinem Gefolge Felsentretter in ihr Büro stürmen. Der Kollege wedelte aufgeregt mit einem Blatt, legte es auf ihren Schreibtisch.
    »Hast du einen Moment Zeit?«, fragte er. »Ich glaube, es lohnt sich.«
    Sie verabschiedete sich von ihrem Lebensgefährten, warf einen Blick auf das Papier. Es enthielt eine kurze Übersicht über die Biographien Sattlers und Grauselmaiers, den Oktober des letzten Jahres betreffend.
    »Wir wissen jetzt, wo Andreas Sattler die Zeit nach dem Nationalfeiertag verbrachte und was er da unternahm«, erklärte Braig. »Sein Vater hat gerade angerufen. Er hat eine Notiz darüber gefunden. Das schließt eine weitere Lücke in seiner Biographie.«
    Er zeigte auf die linke Spalte, deutete auf seinen mit sauberen Druckbuchstaben eingetragenen Vermerk. Sattlers Tätigkeit und Aufenthaltsort waren deutlich zu lesen. Der Student hatte das gesamte Wochenende von Samstag, dem 30. September, bis einschließlich Dienstag, dem 3. Oktober, bei einem Schachturnier in Köln verbracht, war dann am Abend noch nach Reutlingen gefahren.
    »Von Mittwoch, dem 4. Oktober an«, erklärte Braig, »war er dann beim Herbsten.«
    »Herbsten?«, brummte Felsentretter.
    »Trauben ernten in einem Weinberg, das nennt man herbsten. Für Leute, die das nicht verstehen.«
    »Trauben ernten? Dieses verwöhnte Bürschchen? Da gibt es doch nur schwere Arbeit, aber nicht viel Zaster.«
    »Das mag sein. Sein Vater nannte es einen Jux, den sich sein Sohn seit ein paar Jahren im Herbst leistete. Es sei weniger aufs Geld verdienen angekommen als auf den gemeinsamen Spaß. Abends, in den Weinberghütten, wenn ich ihn richtig verstanden habe. Da waren wohl eine ganze Menge vor allem junger Leute zusammen. Männlein wie Weiblein.«
    »Dann meinst du mit Herbsten also Saufen und Vögeln«, erklärte Felsentretter.
    Braig ließ sich nicht aus dem Konzept bringen. »Interessant ist, wo Sattler diese Zeit verbrachte«, fuhr er fort. »Ich habe es notiert. Hier.« Er zeigte auf den Vermerk in der Übersicht. »Strumpfelbach im Remstal.«
    »Ein wunderschönes Dorf. Ist bekannt für seine romantische Fachwerkarchitektur«, meinte Neundorf. »Eines der stimmungsvollsten Ortsbilder, die ich in unserer Gegend kenne. Weinberge, urige Skulpturen einer Bildhauerfamilie, pittoreske Fachwerkfassaden, da passt alles. Die haben eine Menge Touristen.«
    »Sattler verbrachte die Tage vom 4. Oktober an also beim Herbsten in Strümpfelbach. Bis zum Samstag, dem 7., klar?«
    »Was ist daran so besonders?«, fragte Felsentretter.
    »Freitag, den 6. Oktober, war noch jemand in Strümpfelbach. Hier«, sagte Braig, deutete auf die rechte Spalte des Papiers.
    Neundorf erkannte die Parallelität auf den ersten Blick. »Freitag, 6. Oktober, 19.30 Uhr, Vortrag in der Alten Kelter in Strümpfelbach: Lesen statt glotzen – Bücher statt Bildschirm – die Zukunft unserer Kinder sichern. Martin Grauselmaier, Landtagsabgeordneter.«
    Für den Moment einer Sekunde herrschte absolute Stille im Raum. Drei Augenpaare starrten auf die Übersicht, verglichen die Einträge in der linken und der rechten Spalte. War das der Moment, auf den sie die ganze Zeit gewartet hatten? Der Punkt, an dem zumindest zwei der drei Biographien aufeinander trafen?
    Neundorf löste sich als Erste aus der kurzen Erstarrung. »Du bist dir absolut sicher, was die beiden Männer betrifft?«
    »Ich habe Herrn Sattler eingehend befragt. Er fand eine Nachricht seines Sohnes, dass er in dieser Zeit beim Herbsten sei. Und was Grauselmaier betrifft, gibt es ebenfalls keinen Zweifel. Frau Bäuerle bestätigte den Termin ausdrücklich.«
    »Was ist mit Offenbach? Kann er ebenfalls dort gewesen sein?«
    »Mir ist nichts bekannt. Nach unseren Aufzeichnungen war er zu dieser Zeit in Stuttgart. Das muss aber

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