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Schwaben-Herbst

Schwaben-Herbst

Titel: Schwaben-Herbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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tiefer Dunkelheit. Wo die meisten Erwachsenen stillhielten, war es einer Gruppe junger Menschen vorbehalten, die Nacht mit ihrem Licht zu erhellen: Sophie und Hans Scholl, 1922 in Forchtenberg am Kocher und 1918 in Ingersheim an der Jagst im nördlichen Württemberg geboren, allen voran.
    Aufgewachsen in Ludwigsburg und Ulm schenkte ihnen ein außergewöhnlich tapferes Elternhaus die Kraft und den Mut, den Wahn der braunen Bestien mit eindeutigen Worten zu brandmarken. Der in Stuttgart an der Höheren Verwaltungsschule ausgebildete Vater, Robert Scholl, hatte es schon 1914, mitten in einer von Kriegsbegeisterung und Siegeshoffnungen trunkenen Zeit gewagt, den Militärdienst mit der Waffe zu verweigern. Stattdessen war er als Sanitäter in einem Lazarett in Ludwigsburg tätig geworden, wo er die die Diakonisse Magdalene Müller kennenlernte und später heiratete. Ihrer beider liberale, politisch wache, von allem im Schwäbischen sonst so dominierenden wie einengenden Fundamentalismus freie protestantisch-christliche Überzeugung verlieh den Heranwachsenden jenen Mut, der für alle Zeiten einzigartig vorbildlich und nachahmenswert bleibt.
    Ausgerechnet in München, der »Hauptstadt der Bewegung« , wagten es Hans und Sophie Scholl gemeinsam mit Freunden Schriften von zutiefst christlichem Impetus zu entwerfen, sie mit der damaligen Technik mühsam zu vervielfältigen und unter Einsatz ihres Lebens in verschiedenen Städten zu verteilen. Als Studenten einer weltanschaulich »reinen« Universität, deren Rektor Wüst »arische Kulturwissenschaft« lehrte, einen höheren Rang in der SS innehatte und sich als Freund Himmlers brüstete, entlarvten ihre Flugblätter der Weißen Rose die Verbrechen der herrschenden Horden. »Nichts ist eines Kulturvolkes unwürdiger, als sich ohne Widerstand von einer verantwortungslosen und dunklen Trieben ergebenen Herrscherclique ›regieren‹ zu lassen. « Alles riskierend gelang es ihnen sogar, wichtige Straßen der »Hauptstadt der Bewegung« des Nachts mit lebensgefährlichen Parolen wie »FREIHEIT« und »Nieder mit Hitler« zu dekorieren.
    Einem Hausmeister der »reinen« Universität, der wie so viele andere nur seine Pflicht tat und bedingungslos für Recht und Ordnung sorgte, blieb es vorbehalten, die jungen Menschen ans Messer zu liefern. Jakob Schmid beobachtete sie, wie sie Flugblätter in den Lichthof des Universitätsgebäudes warfen und sorgte für ihre Verhaftung. Am 18. Februar 1943, dem Tag von Goebbels Hetzrede vom »Totalen Krieg« festgenommen, wurden Sophie und Hans Scholl vier Tage später vom Volksgerichtshof zum Tod verurteilt und am selben Abend noch mit dem Fallbeil ermordet. Ihr Mut, ihr Licht erhellt in alle Ewigkeit die vielen dunklen Winkel dieser Welt.

9.
    Braig war es erst in seinem Büro aufgefallen, als er die von Neundorf mit Vornamen, Telefonnummern und – in zwei Fällen – der genauen Anschrift vervollständigte Liste vor sich liegen sah. Er stutzte, als er die Übersicht noch einmal, jetzt in Ruhe und akribisch genau, durchging und die Kombination aus Nach- und Vornamen las.
    Maier, Uli
    Den Namen hatte er in ähnlicher Form schon einmal gehört. Vor nicht allzu langer Zeit. Allerdings im Zusammenhang mit einer anderen Ermittlung.
    Uli, überlegte er. Das konnte von Ulrich kommen, aber auch von Ulrike. Die Koseform sowohl des männlichen als auch des weiblichen Vornamens.
    Maier, Uli
    Braig wusste nicht, was er von seiner spontanen Idee halten sollte. Nein, das konnte nicht sein. Das war unmöglich. Es handelte sich um eine völlig andere Ermittlung.
    Er ließ den Namen stehen, ging zur nächsten Zeile über.
    Neuss, Heike
    Eine Frau. War es doch möglich?
    Er spürte die innere Unruhe, drehte sich zur Seite, rief im Computer seine letzte Ermittlung auf. Es ging um die Telefonnummer. Er suchte sie heraus, verglich sie mit Neundorfs Liste. Ulrike Maier, Esslingen.
    Nein, die Ziffern stimmten nicht überein; es handelte sich um eine völlig andere Vorwahl.
    Er löschte das Programm, schlug sich an die Stirn. Typisch Polizeibeamter, sofort einen Zusammenhang zu vermuten und dabei völlig außer Acht zu lassen, wie oft es den Namen Maier wohl gab. Wie Sand am Meer?
    Er nahm sich Neundorfs Liste wieder vor, warf einen letzten Blick auf die Telefonnummer dieses oder dieser Uli Maier. 07071. Die Vorwahl Tübingens, wusste er. Dabei wohnte die Frau in Esslingen, er hatte sie selbst dort aufgesucht.
    Er wollte gerade zur nächsten Zeile übergehen, Neuss,

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