Schwaben-Liebe
Sie lachte laut. »Haben Sie nichts Besseres zu tun?«
»Nichts Besseres?«, säuselte der Kerl. »Was sollte es Besseres geben als in Ihrer Nähe zu sein?«
Sie bemerkte seinen verträumten Blick, spürte ihre eigene Verwirrung. Wollte der Typ wirklich was von ihr, hatte der kein anderes Opfer, das er heute Abend noch flachlegen konnte? Eine abgekämpfte, inzwischen schon etwas angetrunkene, an einer Hotelbar herumlungernde, na ja, durchaus ansehnliche, recht gut durchtrainierte und wohlproportionierte, aber mindestens zehn Jahre ältere Frau? Gab es in Stuttgart so wenig attraktive, weibliche Wesen, dass der sich an sie heranpirschen musste? Eigentlich hatte er das doch nicht nötig …
Sie wandte sich zur Seite, musterte ihn. Lange, dunkle Locken bis weit über die Ohren, samtig gebräunte Haut, ein schmales, von einem energischen Kinn geprägtes Gesicht, tiefblaue Augen …
»Manuel. Meine Freunde nennen mich Manu.«
»Manu.« Doch, er war sympathisch.
»Gönnen wir uns noch einen?« Seine Augen wiesen auf ihr leeres Glas.
»Warum nicht?« Sie betrachtete seinen muskulösen Oberkörper, sah, wie sich sein Shirt an den Schultern spannte. Ja, warum eigentlich nicht?
»Dann muss es aber ein ganz besonderer Drink sein. Zur Feier des Tages«, setzte er hinzu.
»Zur Feier des Tages?«
»Ich allein mit einer so schönen Frau.«
»Du bist ein alter Schmeichler, wie?« Natürlich tat es ihr gut, auch wenn ihr klar war, welche Absichten hinter seinem Gesäusel steckten. Von ihrem Alten hatte sie solche Worte schon lange nicht mehr gehört …
»Ich weiß nicht einmal deinen Namen, schöne Frau.«
»Caro«, antwortete sie impulsiv.
»Caro. Das ist wunderschön. Der passt sehr gut zu dir«, flötete er.
Der musste ganz schön unter Druck stehen, so wie er sie anbaggerte. Meine liebe Frau, wann hatte sie das zum letzten Mal erlebt?
»Was trinken wir, Caro?«
»
Latin Lover
«, schlug sie neckisch vor. Ob sie sich wirklich auf ihn einlassen sollte?
»Gerne.« Er rief nach dem Barkeeper, gab die Bestellung auf. Der schwarz gekleidete Mann holte zwei frische Cocktailgläser aus dem Regal an der Rückwand, machte sich ans Werk.
»Verrätst du mir, warum deine Augen so strahlen?«, fragte ihr Begleiter. »Hat es mit mir zu tun?«
Er sah ihr tief in die Augen. Im gleichen Moment spürte sie seine Hand auf ihrem Knie.
»Mit dir? Traust du dir das zu?« Besonders einfallsreich schien er ja wirklich nicht. Aber nach einem erfolgreichen Tag eine erlebnisreiche Nacht, warum eigentlich nicht? Sie wollte gar nicht daran denken, in welchem Bett sich ihr Alter heute wieder vergnügte …
»Die schönsten Augen der ganzen Stadt«, charmierte es neben ihr.
Der Barkeeper schob die beiden Gläser über den Tresen, lächelte ihr verschwörerisch zu. »
Latin Lover
«, meinte er, »genau das richtige. Genießen Sie ihn wie den ganzen Abend.«
Sie nahm das Glas in die Hand, prostete dem jungen Charmeur zu, trank in kräftigen Zügen. Wenn sie sich schon auf den Kerl einließ, wollte sie das mit allen Sinnen und Emotionen tun. Sich einfach fallen lassen nach dem langen, anstrengenden Tag.
»Und?«, hauchte der Kerl. »Eigens für uns beide geschaffen, findest du nicht?«
»Für uns beide?«
»Für uns beide«, wiederholte er. Seine Hand machte sich wieder an ihrem Knie zu schaffen, rutschte höher und höher.
Warm und wohlig breitete sich der Alkohol in ihr aus, benebelte mehr und mehr ihre Sinne. Hatte sie ein Glück! Zuerst die überaus erfolgreichen Verhandlungen zugunsten ihrer Firma und ihrer Karriere und jetzt die zarten Hände dieses Adonis’.
Die sanften Melodien des Pianisten ließen ihre Lust wachsen. Lust auf das, was dieser junge Kerl und sie gemeinsam alles anstellen konnten.
Strangers in the night
…
»Das Leben kann schön sein. Wunderschön mit dir.«
Er hatte seinen Mund unmittelbar an ihrem Ohr, hauchte ihr die Worte wie sinnliche Verheißungen in ihre Träume. Sie spürte seine Hand zärtlich über ihren Rücken gleiten, kam langsam in Fahrt. Lange, viel zu lange war es her, dass sie sich diesen Emotionen voll ausgeliefert hatte …
»Von meinem Zimmer haben wir eine wunderbare Aussicht über die ganze Stadt«, flüsterte er, mit seiner Rechten sanft ihren Arm massierend.
Sie spürte, wie ihr die Hitze nicht mehr nur in die Brust stieg. Ihr ganzer Blutkreislauf tobte, überall pochte die Sehnsucht …
»Aussicht? Was will ich mit Aussicht?«
»Hier im Haus. Drei Stockwerke höher.«
»Ich
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