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Schwaben-Liebe

Schwaben-Liebe

Titel: Schwaben-Liebe
Autoren: Klaus Wanninger
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Moment lag der Bildschirm im Dunkeln.
    Braig saß benommen auf seinem Stuhl, benötigte mehrere Sekunden, zu sich zu finden. Er starrte auf die Kamera, hatte Mühe, die Eindrücke zu verarbeiten.
    »Damit hast du nicht gerechnet«, erklärte Theresa Räuber.
    Er erwachte aus seinem tranceähnlichen Zustand. »Damit habe ich nicht gerechnet, nein«, antwortete er. »Wie bist du in den Besitz dieses Kamera gekommen?«
    »Pfarrer haben manchmal einen besseren Zugang zu den Menschen. Vor allem zu denen in Not. Aber das ist dir ja bekannt.«
    Braig dachte an verschiedene Ereignisse der vergangenen Jahre zurück, nickte zustimmend.
    »Wie du weißt, bin ich Mitglied in einem Netzwerk, das illegal bei uns lebenden Menschen Hilfe leistet. Pfarrer, Ärzte, Lehrer, aber auch Polizeibeamte, Leute aus der ganzen Bevölkerung. Wir haben uns darüber unterhalten«, fuhr sie fort.
    »Ich schätze dein Engagement sehr. Das weißt du.«
    »Eine meiner Freundinnen, sie lebt in der Nähe von Aalen, war heute Morgen hier. Sie erinnerte sich an meine verwandtschaftliche Beziehung zu dir. Sie hat nur eine Forderung: Stellt die Fahndung ein. Du weißt, wovon ich spreche. Die Frau, die ihr sucht, hat nichts mit dem Tod dieses Kontaktvermittlers zu tun. Sie war zufällig dort, als es passierte. Die Kamera flog ihr buchstäblich in die Arme. Meine Freundin verbürgt sich für ihre Integrität.«
    Braig seufzte laut. »Söderhofer leitet die Ermittlungen. Du verstehst, was das bedeutet?«
    Theresa Räubers Gesicht verfinsterte sich für einen Moment. »Wie lange willst du dich von dem Scheusal noch schikanieren lassen?« Sie ballte ihre Hand zur Faust, schlug auf den Tisch. »Ich bin Pfarrerin, okay. Meine persönliche Überzeugung verbietet mir die Anwendung von Gewalt. Aber dem Kerl … Noch ist die Kamera in meinem Besitz. Wir können es auch so regeln: Solange ihr die Fahndung nicht eingestellt habt, bleibt der Camcorder hier.«
    »Du weißt, dass das nicht geht. Der Film zeigt möglicherweise den oder die Mörder Hesslers. Oder zumindest Hinweise auf die Tat.«
    »Also. Dann stellt die Fahndung ein. Das hat die Frau verdient.«
    »Aus welchem Land stammt sie?«
    Theresa Räuber musterte ihn angestrengt. »Du gibst es nicht weiter?«
    »Mein Ehrenwort.«
    Sie nickte. »Okay. Kolumbien. Sie arbeitete als Lehrerin, floh vor der Gewalt ihres Mannes nach Spanien. Er war zunehmend alkoholisiert. Über einen Deutschen, den sie in Barcelona kennen lernte, kam sie ins Ländle. Sie fand bei ihm Unterschlupf. Aber nicht, was du denkst. Er ist schwul. Zur Zeit hält er sich beruflich im Ausland auf.«
    »In den USA«, sagte Braig.
    »Genau. Sie hat euch beobachtet, als ihr die Wohnung entdeckt habt.«
    »Warum heiratet der Typ sie nicht? Pro forma, meine ich. Dann könnte sie bleiben.«
    »Der Mann ist verheiratet, pro forma. Des öffentlichen Auftretens wegen. Wir sind hier im biederen Ländle. Seine Frau«, sie betonte das letzte Wort, »lebt mit ihrem Freund zusammen.«
    »Mein Gott, dann sucht doch nach einem anderen Partner. Oder einer Partnerin.«
    »Wir sind dabei. Wenn ich jetzt nicht gerade Gerd kennen gelernt hätte…«
    »Du hast es dir ernsthaft überlegt?«
    Theresa Räuber trommelte mit ihren Fingern auf den Tisch. »Mona, meine Bekannte. Sie ist frisch geschieden. Wir haben uns darüber unterhalten. Sie ist bereit.«
    »Hoffentlich klappt das. Ich wünsche der Frau viel Glück.«
    »Sie hat die Kamera wirklich nur durch Zufall aufgefangen. Sie hat mit der Sache nichts zu tun.«
    »Hessler wollte die Thermen aufnehmen. Mit Einbruch der Dämmerung. Als neuen Treffpunkt für seine Kontaktvermittlung, erzählte mir seine Sekretärin.«
    »Und dabei filmte er ohne es vorher zu ahnen eine illegale Geldübergabe und eine untreue Ehefrau?«
    »Möglicherweise, ja.«
    »Und wurde überfahren, um die Veröffentlichung der Aufnahmen zu verhindern?«
    Braig hob abwehrend seine Hände. »Warum versuchte der Täter dann nicht, die Kamera an sich zu reißen?«
    »Vielleicht hat er es versucht, aber es ist ihm nicht gelungen.«
    »Zeugen haben beobachtet, dass die Frau einige Zeit am Ort des Geschehens stand, die Kamera in den Händen. Sie stand unter Schock, schrie laut. Ich denke, der Täter hätte die Möglichkeit gehabt, die Kamera an sich zu bringen.«
    »Glaubst du, die Aufnahmen können helfen, ihn zu finden?«
    »Ich hoffe, sie tragen dazu bei. Immerhin habe ich auf Anhieb einen von den beiden Typen erkannt. Den, der das Geld entgegennimmt
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