Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwaben-Liebe

Schwaben-Liebe

Titel: Schwaben-Liebe
Autoren: Klaus Wanninger
Vom Netzwerk:
und dabei ganz offensichtlich nicht beobachtet werden will. Der andere ist mir unbekannt. Am Samstag habe ich den Herrn auf seiner Wallfahrt besucht. Er schenkte mir ein frommes Buch und tat alle Korruptionsvorwürfe als Hetze seiner politischen Gegner ab. Log mir zudem ins Gesicht, zur Zeit von Hesslers Tod, mit dem er kurz zuvor eine heftige Auseinandersetzung hatte, in Stuttgart gewesen zu sein. Kulzer heißt der Herr, ein altgedienter Politiker, seit Jahren im Amt.«

26. Kapitel
    Carolin Köhlers Mobilbox hatte den ganzen Sonntag immer nur die gleichen Sätze hören lassen. »Hallo, hier ist Caro. Leider bin ich im Moment gerade beschäftigt und deshalb nicht zu erreichen. Wenn ihr mir eine wichtige Mitteilung machen wollt, sprecht bitte aufs Band. Ich melde mich dann. Danke!«
    Neundorf hatte darauf verzichtet, die Frau um einen Rückruf zu bitten. Sie wollte ihr keine Gelegenheit geben, sich die Antwort auf ihre Fragen in Ruhe zu überlegen, wollte sie vielmehr spontan damit konfrontieren. Wäre der Weg nach Friedrichshafen nicht gar so weit ausgefallen, sie hätte sich die Frau ohne jede Voranmeldung persönlich vorgenommen, schon um ihre Körperhaltung und ihr Mienenspiel während des Gesprächs zu verfolgen. Oft genug war es ihr bei Vernehmungen in den letzten Jahren gelungen, diesen weitgehend unkontrollierbaren Verhaltensmerkmalen Schlüsse auf den Wahrheitsgehalt vieler Aussagen zu entnehmen. Erst am Montagmorgen, zu Hause am Frühstückstisch, hatte sie die Frau erreicht.
    »Wir waren den ganzen Tag auf unserem Segelboot draußen auf dem See«, hatte sich Carolin Köhler entschuldigt. »Und an solchen Tagen bleiben die Handys prinzipiell aus. Sonst ist das keine Erholung. Vielleicht können Sie das verstehen? Aber was will die Polizei von mir?«
    »Das kann ich gut verstehen, ja. Was ich von Ihnen will? Mich mit Ihnen unterhalten.«
    »Weshalb? Das müssen Sie mir schon etwas genauer erklären.«
    »Es geht um berufliche Angelegenheiten«, hatte Neundorf versucht, ihr Anliegen zu vertuschen.
    »Berufliche Angelegenheiten? Weil ich gerade in den Vorstand unserer Bank befördert wurde?«
    In den Vorstand der Bank, war es Neundorf durch den Kopf gegangen. Da musste die Veröffentlichung von Nacktfotos mit allen Mitteln verhindert werden. Mit wirklich allen Mitteln …
    »Das möchte ich persönlich unter vier Augen mit Ihnen besprechen.«
    »Okay. Wenn es unbedingt sein muss. Aber viel Zeit habe ich nicht.«
    Neundorf hatte versprochen, sich kurz zu fassen, dann den frühen Mittag als Termin festgelegt.
    Die Sonne stand hoch über den Schweizer Bergen und dem See, und ein laues Lüftchen wehte vom Wasser her, als sie gegen 11.30 Uhr in Friedrichshafen aus dem Zug stieg. Sie hatte sich im Amt eine Netzkarte der Bahn besorgt, um die weite Anreise möglichst stressfrei zu gestalten, sich dann sofort auf den Weg gemacht.
    »Wir können uns treffen, wo immer Sie wollen«, hatte Carolin Köhler erklärt, »nur nicht in der Bank. Friedrichshafen ist zu klein, um sich nach Belieben anonym zu bewegen. Eine Polizeibeamtin bei mir im Haus und die halbe Stadt weiß Bescheid, noch ehe Sie das Gebäude verlassen haben.«
    Auch der Einwand der Kommissarin, sie sei prinzipiell zivil gekleidet, hatte die Managerin nicht von ihrer Haltung abbringen können. »Wie gesagt: Wenn Sie mich sprechen wollen, jederzeit. Ich nehme mir frei. Aber kein Kontakt am Arbeitsplatz.«
    Carolin Köhler erwartete sie auf dem Bahnhofsvorplatz in der Nähe der Unterführung. Die in ein helles Kostüm gekleidete Frau war trotz der großen Menschenmenge, die das Areal bevölkerte, von Weitem schon zu erkennen. Blonde, zu einem Knoten gebundene Haare, ein hübsches, perfekt geschminktes Gesicht, kerzengerade Körperhaltung. Die selbstbewusste, hypererfolgreiche Managerin, überlegte Neundorf, als sie der Frau die Hand reichte und sich vorstellte.
    Sie musterten sich kurz mit abschätzenden Blicken, verzichteten von Anfang an auf unnötige Floskeln.
    »Ich habe dreißig Minuten Zeit«, erklärte Carolin Köhler, »wie wäre es mit einem Spaziergang am See? Bei dem schönen Wetter …«
    Neundorf nickte, folgte ihrer Gesprächspartnerin zur nahen Promenade. Die teilweise weiß gesprenkelten Gipfel der Schweizer Berge thronten majestätisch über dem Wasser, vom Silvretta im Osten über den Altmann und den Säntis in der Mitte bis zum Finsteraarhorn und dem Titlis im Westen. Neundorf kannte das Panorama von unzähligen Besuchen, fühlte sich jedes
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher