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Schwaben-Liebe

Schwaben-Liebe

Titel: Schwaben-Liebe
Autoren: Klaus Wanninger
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Jahrzehnten Berufserfahrung oft im Innersten berührt, manchmal lange über den Moment der Leichenschau hinaus.
    Der tragische Tod Peter Listmanns an diesem Wochenende war einer dieser Fälle, die ihm in ganz besonderer Weise nahegingen, obwohl er weder dem Mann noch dessen Umfeld je nähergekommen war. Die Hintergründe des Suizids zu eruieren, offenbarte ein solches Ausmaß an von Neid, Missgunst und Eifersucht geprägter Bösartigkeit, dass man den Glauben an die Menschheit verlieren konnte.
    »Weibliche Bosheit«, hatte Ann-Katrin im Verlauf ihrer langen Diskussion irgendwann am Sonntagabend geäußert. »Jetzt siehst du, wozu Frauen fähig sind.«
    Braig steckte die Tragik dieses Suizids auch am Montag noch dermaßen in den Knochen, dass er erst am Mittag kurz nach zwölf Uhr zum ersten Mal in diesen Stunden wieder die Lust zu ein paar ironischen Bemerkungen fand. Theresa Räuber war in der Leitung, ohne Vorankündigung.
    »Du?«, fragte er überrascht.
    »Ja, ich. Tut mir leid, wenn ich störe, aber …«
    »Du störst überhaupt nicht. Ich dachte nur, du wärst zur Zeit mit einem anderen Herrn beschäftigt.«
    »Er ist immer noch in Hannover, falls dich das interessiert.«
    »Natürlich interessiert mich das Liebesleben meiner Schwägerin.«
    »Das weiß ich. Anki und ich haben ausgiebig miteinander telefoniert. Sie hat mir bis ins Detail mitgeteilt, was du über unsere Begegnung am Freitag erzählt hast.«
    »Nur Gutes über dieses wunderschöne Traumpaar.«
    »Du darfst dich wie ein erwachsener Mensch ausdrücken, ich bin keine siebzehn mehr.«
    »Wann kommt er zurück?«
    »Heute Abend nehme ich an.«
    »Oh, dann steppt aber der Bär«, frotzelte er.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete sie. »Das kommt darauf an, wie du Zeit findest.«
    »Ich? Was hat dein Freund mit mir …«
    »Ich muss dich sprechen. Dringend.«
    »Wegen Gerd Weissmann?«
    »Quatsch«, erwiderte sie in etwas barschem Ton. »Das hat nichts mit Gerd zu tun. Beruflich, es geht um deinen Fall.«
    »Was willst du mir sagen?«
    »Nicht am Telefon. Und lieber auch nicht bei dir im Amt. Die Sache ist heikel, verdammt heikel. Aber es sollte möglichst bald sein. So schnell als möglich.«
    »Es hat mit meinem aktuellen Fall zu tun? Dem Mord an Hessler, dessentwegen ich mich mit Gerd Weissmann getroffen habe?«
    »Dem Mord an Hessler, ja. Aber nichts mit Gerd. Überhaupt nichts. Wann geht es bei dir?«
    Braig schaute auf die Uhr. Kurz nach zwölf. »Ich wollte gerade in die Kantine. Vielleicht danach.«
    Theresa Räuber zögerte einen Moment, überraschte ihn dann mit einem neuen Vorschlag. »Wie wäre es, wenn du gleich zu mir kommst? Ich mache uns eine Kleinigkeit. Pfannkuchen und Salat, das geht schnell. Dann kannst du dir den Film sofort bei mir ansehen. Okay?«
    »Einen Film?«, fragte Braig. »Was für einen Film?«
    »Nimm die nächste Stadtbahn und komm vorbei. Du wirst es nicht bereuen.«
    Braig hatte sich sofort auf den Weg gemacht. Er kannte seine Schwägerin inzwischen gut genug, um zu wissen, was es bedeutete, wenn sie ihm etwas Wichtiges mitteilen wollte. Außerdem war es keine schlechte Idee, dem Büro wenigstens für kurze Zeit zu entkommen.
    Die Hektik hatte an diesem Morgen wieder kein Ende nehmen wollen. Drei Anrufe allein von Söderhofer, fast im Stundentakt, mit immer demselben Inhalt: »Haben wir die Illegale endlich? Reicht die Fahndungskapazität? Müssen wir zusätzliche Beamte anfordern? Wo kommen wir in diesem Land hin, wenn uns jetzt schon illegal hier lebende Frauen an der Nase herumführen? Was ist mit der zweiten Frau? Haben wir immer noch kein Phantombild von ihr? Taugen unsere Kriminalbeamten überhaupt nichts mehr? Wie sollen wir der jemals habhaft werden, wenn wir nicht einmal wissen, wie die aussieht?«
    Braig hatte sich zwar über den außergewöhnlich niedrigen Fremdwortbestand dieser Litaneien gewundert, war aber doch bei den Aalener Kollegen vorstellig geworden, um sich zu versichern, dass die Wohnung der Illegalen Tag und Nacht überwacht wurde. Er hoffte inbrünstig, dass es bald gelingen würde, beide Frauen festzunehmen, allein schon, um dem Telefonterror des Staatsanwalts nicht länger ausgeliefert zu sein.
    Mitten in Söderhofers pausenlose Anfragen war Aupperle mit der Nachricht geplatzt, dass es Dr. Dolde am späten Sonntagabend doch noch gelungen war, Hesslers Handy zu reparieren und wieder in Gang zu bringen. »Frag mich nicht, wie er das wieder hinbekommen hat, aber es lässt sich tatsächlich
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