Schwaben-Messe
Freitagabend viel früher, als ich erwartet hatte. Er war total aggressiv, geladen wie ein Stier, weil ihn diese Frau Krauter während der Diskussion in Stuttgart fertig gemacht hatte. »Ich bring das Weib um«, schrie er, als er ins Haus kam, »ich steche die ab.« Dann sah er Jonas. Was soll ich sagen, es ging auf der Stelle los. Jonas konnte sich nicht mal mehr richtig anziehen, er war wie ein rotes Tuch für ihn. Ich weiß nicht, was diese Krauter mit ihm gemacht hatte, er schrie und tobte wie ein Verrückter.« Sabine Grandel stockte, suchte sich ein Papiertaschentuch, wischte sich die Tränen ab. »Irgendwann waren sie dann draußen vor dem Haus. Sie kennen die Szene ja von Ihrem Zeugen, den Sie neulich brachten. Jonas wollte weg, aber Roger ließ ihm keine Ruhe. Die droschen aufeinander ein, nahmen Bretter, sogar Steine, es war schrecklich. Natürlich ging ich dazwischen, aber was nützte das? Roger war völlig außer sich, gab mir einen Stoß, dass ich an die Wand knallte. Das hatte er noch nie getan. Mit einem Mal waren sie verschwunden.«
»Und?«
»Nichts und. Das war alles.«
»Frau Grandel!«
»Ich saß nur da im Haus und wartete. Ich konnte nichts tun. Die Zeit verging so langsam. Irgendwann, gegen Morgen, schlief ich ein. Hier, auf dem Sofa.«
»Ich will wissen, wer wen umbrachte und was da ablief.«
Sie hockte auf dem Sofa, ohne Kraft, ohne Mut. »Ich weiß es nicht.«
Braig packte die Wut. »Dann kommen Sie mit. Vielleicht fällt es Ihnen bei uns im Amt wieder ein.«
31.
Braig und Beck hatten es genau drei Stunden lang versucht. Sabine Grandel hing nur noch schlaff in Braigs Stuhl, die Hände vor dem Gesicht, den Kopf tief nach vorne gebeugt. Sie sagte nichts mehr, schüttelte nur noch ab und an den Kopf, von einem tiefen Schluchzen begleitet, reagierte nicht auf ihre Fragen. Beck lehnte entkräftet neben ihr, keine dreißig Zentimeter vom linken Ohr entfernt, Braig auf der anderen Seite, mitten auf seinem Schreibtisch, die Akten zur Seite geschoben. Ihre Aussage hatte nichts Neues erbracht.
Roger Grandel war aggressiv und aufgedreht von der Diskussion mit Gabriele Krauter zurückgekehrt, hatte sie mit Jonas Altmaier in flagranti ertappt, dann auf den Nebenbuhler eingeschlagen und war schließlich schreiend und kämpfend mit Altmaier verschwunden, etwa gegen Mitternacht. Seither hatte sie von beiden Männern nichts mehr gehört und gesehen. Erst durch den Besuch Neundorfs am Sonntagnachmittag war ihr klar geworden, dass ihr Mann ermordet worden war. Der Zeitung hatte sie entnommen, dass Jonas Altmaier dasselbe Schicksal getroffen hatte. Ob sie nicht in der Lage seien, sich vorzustellen, wie ihr seitdem zumute sei? Sie könne sonst nichts sagen, wisse über nichts weiter Bescheid.
Kriminalmeister Stöhr klopfte an die Tür des Büros, als Braig gerade einen neuen Anlauf unternahm, die Frau weiter zu zermürben. Es war sinnlos, er spürte es selbst, es kostete nur noch Kraft und Nerven, die bei ihm und dem Kollegen sowieso längst bloß lagen.
»Mhm, der Befund ist da«, erklärte Stöhr, streckte seinen Kopf in den Raum, »das Ergebnis der Blutuntersuchung.«
Braig brauchte einige Sekunden, um seine Worte zu verstehen. »Ach so, der Kofferraum des Golf und der Holzprügel, danke.« Er nahm die beiden Blätter entgegen, studierte sie. Auf der Rückfahrt von Bürg war ihm eingefallen, was sie bisher versäumt hatten: Den blutverschmierten Kofferraum von Grandels Auto sowie das darin gefundene über und über blutige Holz mit Altmaiers Blut zu vergleichen. Dass es nicht von Grandel selbst stammte, hatten sie längst eruiert, wessen Blut war es aber dann? Noch auf der Fahrt ins Amt hatte er die Anweisung gegeben, die Untersuchung vorzunehmen. Es hatte offensichtlich schnell geklappt.
»Und?«, fragte Beck. »Haben wir Glück?«
Braig überflog den Bericht, spürte, dass langsam neue Kraft in ihn zurückströmte. Er holte tief Luft, atmete durch. »So, ein Todesfall scheint geklärt«, meinte er, reichte die Papiere an Beck weiter.
Der Kollege las, nickte dann mit dem Kopf. »Idiotisch, dass das nicht schon früher verglichen wurde.«
Braig nickte. »Also. Grandel ist in Rage wegen der Diskussion, erwischt Altmaier mit seiner Frau, schlägt ihn tot. Auf dem Holz fanden sich Reste von Altmaiers Haaren und seiner Schädelhaut, schreiben die, ebenso in Grandels Golf. So weit, so gut. Wie wir gehört haben, begann der Streit aber in Bürg. Wieso liegt Altmaiers Leiche dann zig Kilometer
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