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Schwaben-Messe

Schwaben-Messe

Titel: Schwaben-Messe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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entfernt am Flughafen? Und Grandel selbst, ebenfalls ermordet, wieder in entgegengesetzter Richtung nördlich von Bürg in Backnang?«
    Erwin Beck nahm seine Brille von der Nase, kratzte sich mit dem Gestell hinter dem rechten Ohr. »Ich hätte da eine verrückte Idee.«
    Braig schaute ihn überrascht an. »Ja?«
    »Roger Grandel kam deswegen in Rage, weil er den ganzen Abend in Stuttgart von dieser Frau Krauter angegriffen wurde. Besessen vom Hass und der Wut auf sie kommt er nach Hause. Vielleicht hatte er vor, seinen Zorn in Alkohol zu ertränken, die Nacht vor der Glotze zu verbringen oder ähnliches. Was aber findet er vor, als er zu seiner Frau kommt? Ihren Lover. Sie betrügt ihn. Die eigene Frau. Seine Wut steigt ins Unermessliche, er schlägt seinen Nebenbuhler tot. Als er die Leiche vor sich sieht, fällt es ihm wie Schuppen von den Augen. Er begreift, was er getan hat, versucht zu verstehen, was ihn zu diesem Wahnsinn trieb. Um alle Spuren zu verwischen, zündet er die Leiche irgendwo an, malträtiert sie so, dass von Altmaier nur noch Hackfleisch übrigbleibt und lädt sie dort ab, wo er die Ursache seiner mörderischen Wut weiß: vor Gabriele Krauters Haustür. Er erinnert sich an die Aggressionen Güblers gegen die Frau, weiß, welche Folgen das für sie haben kann. Na, was denkst du?«
    Braig war den Worten des Kollegen mit offenem Mund gefolgt. Er rutschte von seinem Schreibtisch, baute sich vor Beck auf. »Wahnsinn. Ich kann es kaum fassen. Aber das klingt wie aus einem Hollywood-Film.«
    »Habt Ihr nicht in Eurem Untersuchungsbericht vermerkt, dass Nachbarn in der Nacht einen etwas ziellos umherfahrenden Diesel hörten? Ihr, so steht in den Akten, vermutetet Gabriele Krauters Fahrzeug. Aber ist Grandels Golf nicht auch ein Diesel?«
    Braig spurtete zum Schreibtisch zurück, kramte in den Unterlagen.
    »Es ist ein Diesel«, sagte Sabine Grandel mit schwacher Stimme.
    Die Männer starrten sie überrascht an. Sie hatte sich gerade aufgerichtet, wischte sich das Gesicht mit einem Papiertaschentuch sauber.
    Braig lehnte sich an seinen Schreibtisch, stieß die Luft von sich. »Du glaubst wirklich?«, fragte er.
    Beck zuckte mit der Schulter. »Nur eine Theorie.«
    »Wer aber tötete dann meinen Mann?«, hauchte Sabine Grandel. »Wer?«
    »Sie nicht?«, fragte Beck.
    »Nein«, sie hob die Hand zum Schwur, »ich habe alles gesagt, was ich weiß.«
    »Obwohl es genau passen würde. Ihr Mann kommt nach Hause, erschöpft, verschmiert vom Blut Ihres Geliebten. Sie ahnen sofort, hören aus seinen Worten, was geschehen ist. Jetzt bleibt Ihnen nur noch ein Gedanke: Er soll büßen, was er Ihnen angetan hat. Sie überwältigen ihn, vielleicht im Schlaf, schaffen ihn die paar Kilometer nach Backnang, von Bürg ist es nicht weit, vielleicht zehn Minuten mit dem Wagen, bringen ihn dort um, entmannen ihn aus Rache, weil er Ihren Liebhaber ermordet hat, lassen das Fahrzeug zurück. Früh morgens sind Sie wieder zu Hause, haben genug Zeit, alle Spuren zu verwischen, bis Sie sich entschließen, die Polizei zu benachrichtigen und das angebliche Verschwinden Ihres Mannes anzuzeigen. Alles läuft hervorragend, bis wir nacheinander die verschiedenen Zeugen herbeischleppen, die einiges von dem, was geschah, miterlebten. Jetzt verheddern Sie sich in Widersprüche. Könnte es nicht so gewesen sein?«
    Sie saß nur auf dem Stuhl, reagierte nicht, das Gesicht bleich wie die Haut eines Toten. Es dauerte mehrere Sekunden, bis sie sich zu einem Satz durchrang. »Ich will Sie nie wieder sehen, Sie widerliche Existenz.«
    Beck hustete gekünstelt, Braig löste sich von seinem Schreibtisch. Er versuchte, seine Unsicherheit zu überspielen. »Getroffener Hund bellt, was? Kann ich das als Geständnis interpretieren?«
    Sie starrte geradeaus an die Wand, schenkte ihm nicht eine Sekunde Aufmerksamkeit.
    Seine Worte passten nicht, er spürte es selbst. Die Situation war nicht danach. Wenn Sabine Grandel ihren eigenen Mann ermordet hatte, wer tötete dann Wolfgang Jahn? Ebenfalls sie, weil Jahn Grandel zu den »Männertouren« verführt hatte? Oder hatten die beiden Morde doch nichts miteinander zu tun, trotz ihrer auffälligen Gemeinsamkeit und den vielen Telefonaten Jahns mit Grandel?
    Sie hingen immer noch fest, hatten die endgültige Lösung nicht gefunden, waren auf Spekulationen und Theorien angewiesen. Beweise mussten her, handfeste, unwiderlegbare Beweise.
    Da stand jemand in der Tür! Braig hörte das Geräusch, starrte die Frau an.

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