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Schwaben-Messe

Schwaben-Messe

Titel: Schwaben-Messe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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seines Ablebens war schlimm genug.
    Hildegard Jahn schüttelte den Kopf. »Das dürfen Sie mich nicht fragen. Was soll ich antworten? Ich weiß es nicht. Woher auch?« Sie schloss die Tür, drehte den Schlüssel um, überzeugte sich, dass sie nicht mehr zu öffnen war. Ein Ritual, das ihr half, die Realität zu vergessen.
    »Sie haben keinen Tipp, mit dem Sie mir weiterhelfen könnten?«
    Hildegard Jahn wusste keine Antwort, lief in die Küche, legte den Schlüssel wieder auf seinen Platz. Neundorf hörte sie in der Schublade kramen.
    »Ich weiß nichts. Wirklich. Glauben Sie, ich kenne jemanden, der so etwas tut?«
    Neundorf stand unschlüssig in der Diele, grübelte, was sie noch fragen sollte. »Hat Ihr Sohn Schulden?« Sie erinnerte sich an die Bemerkung von Mona Peters.
    Hildegard Jahn schüttelte energisch den Kopf. »Wolfgang ist sehr sparsam. Er arbeitet sehr viel. Schulden? Um Gottes willen, nein.«
    Neundorfs Blick fiel auf die verschlossene Tür. »Sonst hat er nichts mehr hier bei Ihnen?«
    »Nein, er hat doch sein eigenes Haus. Da ist Platz genug. Aber sein Zimmer bei mir will er nicht hergeben. Sein altes Bett, der kleine Tisch, die Lampe und der Koffer, alles von früher.«
    Neundorf horchte auf. »Der Koffer?«
    »Ja, mit seinen Erinnerungen. Der soll bei mir bleiben, unbedingt.«
    »Dürfte ich ihn sehen? Vielleicht hilft er uns weiter.«
    »Die alten Erinnerungen? Das glaube ich nicht.«
    »Vielleicht doch.«
    »Na gut.« Hildegard Jahn setzte Neundorfs Wunsch keinen Widerstand entgegen. »Wenn Sie ihn unbedingt sehen wollen.« Sie lief seufzend zur Wohnungstür, griff sich einen Schlüsselbund. »Er ist im Keller.«
    Neundorf begleitete die Frau die Treppe abwärts, kletterte mit ihr über zwei hohe Stufen in die von Holzverschlägen gesicherten Abstellräume im Untergeschoss. Das Schloss krächzte schrill, als sei es schon ewig nicht mehr benutzt worden. Frau Jahn schob den Riegel zur Seite, öffnete die Tür. Ihr Keller sah überraschend aufgeräumt aus. Zwei Fahrräder, eines für Damen, eines für Herren, ein alter Schrank, unten verschlossen, oben offene Regale mit Obst- und Marmeladegläsern, dazu eine Handvoll Weinflaschen, Säfte und Sekt. Unten auf dem Boden zwei alte Koffer, daneben eine leere Kiste. Neundorf schob sich an der Frau vorbei, nahm den kleineren Koffer in die Hand. Er war schwer, als enthielte er Klötze aus Blei.
    »Welcher ist es?«
    Hildegard Jahn schüttelte den Kopf. »Die nicht. Das sind alte Bücher. Hier«, erklärte sie, deutete auf den Unterteil des alten Schranks. »Wolfgang will ihn nicht so herumstehen lassen.« Sie kramte in ihrem Schlüsselbund, probierte einen winzigen, silbern glänzenden Schlüssel aus. Er passte auf Anhieb. Das Schloss gab nach, die Tür ließ sich öffnen.
    Neugierig starrte Neundorf ins Innere. Der große Innenraum des Schranks war leer bis auf einen kleinen Koffer, wie man sie in Spielzeugläden kaufen kann. »Das ist er?«, fragte sie enttäuscht.
    Hildegard Jahn nickte. »Sie müssen ihn mir aber wiederbringen.«
    Neundorf zog das kleine, leicht verstaubte Stück nach vorne, nahm es aus dem Schrank. Sie spielte an den beiden Klappen, versuchte ihn zu öffnen, vergeblich. »Er ist verschlossen?«
    »Keine Ahnung. Ich habe ihn noch nie in der Hand gehabt. Wolfgang will es nicht.«
    Neundorf entschied, den kleinen Behälter mitzunehmen und von einem Experten im Amt öffnen zu lassen. »Heute mittag bringe ich ihn wieder zurück. Mitsamt dem Foto«, beteuerte sie. Sie konnte nicht wissen, dass sie ihr Versprechen nicht halten würde.

30.
    Braig sah keinen Grund, die Frau in irgendeiner Weise zu schonen. Sabine Grandel hatte sie schon mehrfach an der Nase herumgeführt, wichtiges Wissen absichtlich verschwiegen, ihre Ermittlungen behindert. Weshalb sie mit Samthandschuhen anfassen?
    Er war ins Haus geschossen, mit knappem Gruß an ihr vorbei, als sie geöffnet hatte, ins Panoramazimmer, wandte der weiten Fensterfront uninteressiert seinen Rücken zu. Beck starrte fasziniert ins Freie, bewunderte die einmalige Aussicht, die der Raum bot.
    »Wen haben Sie zuerst ermordet, Jonas Altmaier oder Ihren Mann?« donnerte Braig ihr entgegen.
    Sabine Grandel hielt sich erschrocken an der Lehne des Sessels fest. »Wie bitte?« hauchte sie. Ihre Haare reichten ihr anmutig über die Schulter, kräftiges Make-up verlieh den Augen geheimnisvolles Flair. Ihr Teint glänzte dunkel, von der Sonne gebräunt. Die hauchdünne, schwarze Bluse und eine dunkle,

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