Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwaben-Messe

Schwaben-Messe

Titel: Schwaben-Messe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
Vom Netzwerk:
Nummer?«
    Braig holte das Papier, wo er sie sich notiert hatte, läutete bei dem Mann zu Hause an. Der Anrufbeantworter meldete sich, forderte dann auf, eine Nachricht zu hinterlassen. Entnervt legte Braig wieder auf.
    »Dann versuchen wir es im Ministerium«, forderte ihn Neundorf auf, »auch um diese Zeit müsste dort jemand zu erreichen sein.«
    Hägeles persönlicher Referent war am Apparat, teilte ihnen, nachdem sie sich vorgestellt hatten, mit, dass der Ministerialdirigent vor etwa dreißig Minuten nach Hause gefahren sei und dort den Abend mit intensivem Aktenstudium verbringen wolle. Braig bedankte sich für die Auskunft, legte auf.
    »Du kennst den Weg«, sagte Neundorf.
    Sie verließen ihr Büro, eilten zum Parkplatz.

36.
    Das zivile Dienstfahrzeug gab schon vor der Einfahrt nach Ludwigsburg seinen Dienst auf. Der Motor bockte, aus dem Auspuff knatterten dumpfe Schläge. Braig schaffte es noch, den Wagen in die Stadt zu bugsieren. Unweit des Schlosses war die Fahrt endgültig zu Ende.
    Sie versuchten erst gar nicht, nach den Ursachen zu fahnden, stellten das Auto am Straßenrand ab. Die Dämmerung war längst hereingebrochen, tauchte die Umgebung in ein gespenstisches Licht.
    Hägeles Wohnhaus verbarg sich hinter übermannshohen Büschen und mehreren zurechtgestutzten Laubbäumen. Sie blieben stehen, betrachteten das hellrote, offensichtlich frisch hergerichtete Dach, auf das der Schein einer nahen Straßenlampe fiel. Das Gebäude selbst war älteren Baujahrs, verfügte über drei Stockwerke und stand in großzügigem Abstand zu den Nachbarhäusern. Der hohe Zaun umgab es auf allen Seiten, ließ einem üppig grünen Garten Platz.
    Braig zeigte auf einen Raum im Erdgeschoss, hinter dessen zugezogenen Vorhängen deutlich der Schein einer Lampe zu erkennen war. »Er ist zu Hause«, erklärte er.
    Neundorf folgte seiner Hand, nickte. »Dann mal los«, sagte sie, »nehmen wir uns den Herrn mal …«
    Sie hielt mitten im Wort inne, starrte auf Hägeles Haus. Ein Schuss war gefallen, unüberhörbar ein Schuss. Etwa in Höhe des hinter den Vorhängen erleuchteten Zimmers. Der Schall der Explosion hallte in ihren Ohren.
    Beide Polizeibeamte schauten überrascht durch den Zaun.
    »Nein«, schrie Braig, löste sich als Erster aus der Erstarrung, »nicht auch das noch!« Er rannte zum Eingang, wurde von gleißenden Scheinwerfen geblendet, die plötzlich aufleuchteten. Braig drückte auf die Klingel, bis sein Daumen schmerzte. Keinerlei Reaktion.
    »Wir müssen rein«, rief Neundorf, »die Fenster, oder?«
    Braig überlegte, wo und wie sie den Zaun überwinden konnten. Er war mit massigen Betonpfeilern befestigt, Eisenstab an Eisenstab, die spitz nach oben ragten, mehr als zwei Meter hoch. Der Eingang schien unüberwindbar, geschützt wie die Pforte eines Gefängnisses.
    »Wir müssen rüber«, insistierte Neundorf, »irgendwie.« Sie sprang auf ein Auto, das quer über den Gehweg bis fast an den Zaun geparkt war, hangelte sich von dessen Dach auf den nahen Betonpfahl, zog sich hoch. Bis Braig folgen konnte, war sie schon im Garten verschwunden. Er hatte Mühe, die Eisenspitze zu überwinden, kämpfte sich vorsichtig hoch, überwand die gefährlichen Stäbe. Als er mitten in einem aromatisch duftenden Blumenbeet aufkam, hörte er das Splittern der Scheibe.
    Braig richtete sich auf, jagte hinterher. Neundorf hatte das einzige Fenster, das nicht von engmaschigen Metallstäben geschützt war, mit einem Blumenkübel zertrümmert, eine kleine, quadratische Öffnung, die kaum groß genug war, einem erwachsenen Menschen Durchlass zu gewähren. Wahrscheinlich war sie deshalb nicht von einem Gitter geschützt.
    Die Kommissarin klopfte die Scherben vollends aus dem Rahmen, sprang dann hoch. Braig gab ihr Hilfestellung. Sie wand sich vorsichtig durch die Öffnung, riss das Fenster auf, half Braig ebenfalls in die Wohnung.
    Das Fenster, das sie zertrümmert hatten, gehörte zu einer Art Vorratskammer, einem engen schlauchartig angelegten Raum, der mit Putzmitteln, Besen, Staubsauger und anderen Arbeitsgeräten vollgestellt war. Neundorf öffnete leise die Tür, drückte sich, ihre Waffe in der Rechten, langsam an der Wand entlang weiter. Die Diele war leer. Neundorf und Braig blieben stehen, tasteten die im dämmrigen Halbdunkel gelegene Umgebung mit den Augen ab. Sie benötigten einige Sekunden, bis sich ihr Puls beruhigt hatte. Das Haus lag still, absolut still. Nirgendwo ein Laut, nicht der Hauch einer Bewegung.
    »Rechts«,

Weitere Kostenlose Bücher