Schwaben-Messe
Bande. Jetzt hatten sie zugeschlagen und sogar einen Nachbarn getötet. Nicht nur versucht, einzubrechen und Eigentum zu stehlen, sondern gemordet. Und sie, Elfriede Buschmann, hatte nicht genügend aufgepasst, obwohl der Ministerpräsident …
Mit klopfendem Herzen und zittrigen Händen setzte sie die Brille auf die Nase, öffnete die Tür wieder einen Spalt. »Wurde jemand ermordet?«, flüsterte sie verschwörerisch.
Der Mann reichte ihr den Ausweis, wiegte seinen Kopf hin und her. »So könnte man das sagen, ja.«
»Um Gottes willen, wer?« Sie fand keine Zeit, das rechteckige Stück zu lesen, starrte voll Neugier auf den Fremden. »War es die rumänische Bande?«
Der Mann nahm seinen Ausweis wieder an sich, zeigte auf die Frau an seiner Seite. »Darüber würden wir gerne persönlich mit Ihnen reden, Frau Buschmann.«
»Die rumänische Bande«, jammerte sie, »ich wusste es und habe dennoch nicht genug aufgepasst.«
Der junge Mann betrachtete sie mit müden Augen. »Bevor wir weiterreden, möchte ich uns endlich vorstellen. Mein Name ist Braig. Steffen Braig. Ich komme wie meine Kollegin«, er wies auf die Frau neben ihm, die ihr freundlich zulächelte und ebenfalls einen Ausweis entgegenstreckte, »Katrin Neundorf, vom Landeskriminalamt in Stuttgart. Dürfen wir zu Ihnen reinkommen?«
Elfriede Buschmann musterte eindringlich die Gesichter der beiden Leute, dann den Ausweis der jungen Frau, sah ihr Passbild, konnte den Text und die Unterschrift vor Aufregung nicht entziffern. »Wer wurde ermordet?«, fragte sie nervös, als sie die Kette aushakte und die Tür öffnete. Sie lief in die Küche, trug das Telefon zurück an seinen alten Platz, damit niemand über das Kabel stolperte, bot ihnen Stühle an.
Neundorf und Braig setzten sich, reichten ihr ein Foto.
»Erkennen Sie jemand?«, fragte Braig.
Elfriede Buschmann setzte sich zu ihnen, betrachtete neugierig das Bild. Es zeigte einen großen, jungen Mann und eine schlanke, hübsche, blonde Frau.
»Oh, natürlich, das sind die Reislers von unten«, erklärte sie, »liebe, freundliche Nachbarn. Ausgesprochen reizende Menschen. Sie sind vor ein paar Jahren aus Bayern zugezogen.«
Dann, neben dem Ehepaar, zwei kleine Jungen und … »Um Gottes willen«, schrie Frau Buschmann, »da ist er ja!« Sie deutete auf den schwarzgelockten Jungen rechts außen auf dem Foto, der in einigem Abstand zu den übrigen Kindern auf der Seite stand.
»Wer?«
»Der rumänische Verbrecher! Hat er Frau Reisler ermordet?«
Braig schüttelte den Kopf. »Sie kennen den Jungen? Woher?«
Die Frau konnte sich nicht länger zurückhalten, sprudelte alle ihre Versuche, den jungen Kriminellen dingfest zu machen, aus sich heraus. Sie erzählte ihnen den Ablauf ihrer Tage, ihre Beobachtungen, das Zuspätkommen der örtlichen Polizeibeamten. »Und jetzt hat er doch zugeschlagen, obwohl ich so aufgepasst habe? Was wollte er stehlen?«
Braig atmete tief durch. Sein Kopf schmerzte, seine Presslufthämmer arbeiteten in seinem Gehirn. Sie hatten ausschlafen wollen, Gabriele Krauter und er. Neundorfs Anruf war mitten in seine Träume geplatzt. »Wir müssen nach Beutelsbach. Eine grauenvolle Sache.«
»Grauenvoll?«, hatte er verschlafen geantwortet, »davon habe ich dieses Jahr eigentlich genug.«
»Tut mir leid«, war ihre Replik, »aber was hier geschehen ist, steht dem anderen nicht viel nach. Du brauchst nicht extra in die Krajna, um Wahnsinn zu erleben.«
Er hatte mit Gabriele Krauter kurz gefrühstückt, müder als am späten Abend zuvor, hatte sich von ihr verabschiedet, war mit der nächsten S-Bahn direkt hierher gefahren, begleitet von Neundorf, die unterwegs zustieg. Er hatte gelesen, was bisher eruiert worden war. »Mein Gott, wo leben wir eigentlich?«, hatte er nur gefragt, »in welchem Land, in welcher Zeit?«
»Baden-Württemberg«, war ihre Antwort gewesen, »im Herzen Schwabens, an der Schwelle zum dritten Jahrtausend.«
Elfriede Buschmann schaute aufgeregt zu ihm über den Tisch. Er sah die Neugier in ihren Augen.
»Nein, er hat nicht zugeschlagen«, sagte er nur.
»Was dann? Was hat er getan?« Elfriede Buschmann drohte vor Neugier vom Stuhl zu fallen.
»Sie haben ihn genau beobachtet?«, fragte Braig.
Die Frau federte überraschend leichtfüßig aus ihrem Stuhl hoch, hüpfte zum Fenster. »Ich habe es Ihnen doch erzählt«, erklärte sie fast vorwurfsvoll, »hier ist mein Platz, von dem aus ich ihn jeden Tag verfolge.« Sie stellte sich geduckt, mit
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