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Schwaben-Messe

Schwaben-Messe

Titel: Schwaben-Messe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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auf, lachte hysterisch. »Mein Gott, ich glaube, Sie sind echt verrückt. Sie wissen wirklich nicht, von was Sie reden.«
    »Außerdem das Benzin. Wir werden Reste von dem Benzin, mit dem Sie den Mann übergossen haben, auf Ihrem Sandplatz finden. Die Kollegen sind gerade dabei, ihn zu untersuchen.«
    Sie japste nach Luft, lief vor dem Tisch hin und her, schüttelte den Kopf. »Nein«, stammelte sie, »nein.« Die Blicke, mit denen sie ihn bedachte, beinhalteten alle Verachtung dieser Welt. »Von Ihrem irren Kollegen hätte ich das erwartet. Der kleine Wicht ist echt durchgeknallt. Aber Sie auch?« Sie riss sich das Handtuch vom Kopf, fuhr sich mit der Linken durch die Haare. Sie waren nass, tropften noch immer. »Ich dachte immer, dieser Kriminal-Napoleon wäre ein einmaliges Exemplar an Dummheit und Unvermögen.«
    Sie nahm ihr Glas, trank. »Es war kein Benzin«, erklärte sie dann. Sie schob ihren Stuhl zur Seite, setzte sich, schlug die Beine übereinander.
    »Was dann?«, fragte er.
    »Öl. Mit duftenden Kräutern. Das gehört dazu.«
    »Wozu?«
    »Zur Teufelsaustreibung.« Sie hatte sich wieder beruhigt, sah ihm offen in die Augen.
    »Heute Nacht?«
    Sie nickte. »Außerdem verbrennen wir keine Menschen.«
    »Sie wurden beobachtet.«
    »Die Steimles, wie? Sofie und Hermann, die Frommen. Die hocken oben im Stall mit ihrem Fernglas und beten für uns. Aber es hat noch nichts genützt. Wir feiern immer noch unsere teuflischen Feste.«
    Die Frau war clever, Braig spürte es mehr und mehr.
    »Sie haben sie samt ihrem Fernglas entdeckt?«
    Gabriele Krauter lachte. »Die sind fromm wie der Papst persönlich, rennen Tag und Nacht in ihre ›Stunde‹, um zu beten. Für sich selbst und für uns. Ich glaube, die hocken die halbe Nacht auf den Knien und stammeln zu ihrem Herrn, dass er uns von unserem bösen Glauben befreie. Oder uns wenigstens für unsere Teufelei bestrafe. Wenn wir uns auf dem Feld begegnen, machen sie einen großen Bogen um uns, starren penetrant auf die andere Seite. Dass nicht der Teufel von uns entweiche und sie überwältige. Oder, noch schlimmer, unsere lesbische Veranlagung, die ist noch gefährlicher als alle Teufel zusammen. Aber am beeindruckendsten ist ihre Neugier. Die übertrifft sogar ihre Frömmelei. Wenn sie nicht soviel beten müssten, hätten sie das Fernglas ständig vor den Augen. Die würden Tag und Nacht ohne Unterbrechung zu den teuflisch-lesbischen Hexen schielen und ihnen des Herrn Strafe an den Hals wünschen. Seien wir also froh über ihre Frömmelei.«
    Steffen Braig ließ sie reden, betrachtete die Einrichtung der Küche, die ihn mit ihren modernen Metallfronten eher an ein Großstadt-Apartment als an einen Bauernhof erinnerte. Großformatige, weißgraue Fliesen an den Wänden wie auf dem Boden ließen das Mobiliar geschmackvoll zur Geltung kommen. Was störte, waren nur die vielen offensichtlich ungespülten Teller, Tassen und Gläser auf der weitläufigen Anrichte: Relikte des nächtlichen Treibens, überlegte er.
    »Was haben Sie verbrannt?«
    Gabriele Krauter lachte. »So klingt es schon besser.«
    Ein greller Blitz erleuchtete das Dunkel vor dem Küchenfenster, ein mächtiger Donnerschlag folgte unmittelbar. Das heftige Prasseln des Regens war jetzt bis ins Innere des Raums zu vernehmen.
    »Zum Glück haben wir das Korn im Stall«, sagte die Frau, »es war knapp.«
    »Und heute Nacht?«
    »Sie wollen es wirklich genau wissen. Wir verbrannten eine Puppe. Überlebensgroß. Aus Stroh.«
    Er starrte sie mit staunenden Augen an. »Warum soll ich Ihnen das glauben?«
    »Mein Gott, was wollen Sie denn hören? Oben glotzen die Steimles mit dem Fernglas, auf dem Feld stehen wahrscheinlich noch andere Voyeure, um sich einen abzuwichsen, wenn sich die Lesben endlich die Kleider vom Leib reißen und übereinander herfallen, und wir schlachten derweil, beleuchtet vom Feuer, Leute ab und verbrennen sie, ja? – Entschuldigen Sie« murmelte sie jetzt, »das ist alles so obskur!«
    »Wozu die Puppe?«
    »Es ist ein esoterisches Ritual. Von alten Indianerstämmen übernommen. Alle Aggressionen werden auf eine Puppe transferiert und dann unter Tanzen und Singen verbrannt. Das hilft, vor allem nach meiner Diskussion. Emotionale Befreiung. Uralte Erfahrung der Indianer.«
    »Mit Drogen?«
    »Mein Gott, jetzt kommen Sie mir doch nicht moralisch. In welchem Dezernat arbeiten Sie? Kein Bier, keinen Wein ab und zu?«
    »Doch«, gestand er, »das schon.«
    »Also. Wenn Ihre lieben Kollegen

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