Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwaben-Rache

Schwaben-Rache

Titel: Schwaben-Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
Vom Netzwerk:
stammen«, mischte sich Kriminalmeister Stöhr ein, »obwohl sie mit Lauberg nichts am Hut haben.«
    Braig überlegte. »Hatten Sie den Eindruck, dass sich die Leute hier auskennen?«
    Kessel zog seinen Mund schief. Die schwarzen Haare kamen wieder zum Vorschein. Auf dem Kopf blond, in der Nase dunkel, am Hals hell. Seltsamer Kerl, sinnierte Braig.
    »Wie soll ich das wissen? Keine Ahnung.«
    »Warum haben die Männer gerade Sie als Opfer ausgesucht? Glauben Sie, dass das ein Zufall war?«
    Kessel seufzte tief. »Ich weiß es nicht.«
    »Aber Sie haben sich doch selbst Gedanken gemacht, was dahintersteckt. Warum gerade Sie entführt wurden und nicht sonst jemand. Menschenskind, das war doch eine schlimme Nacht, oder?«
    Kessel nickte, schüttelte dann den Kopf. »Hauptsache, es ist vorbei.«
    Braig hätte explodieren können. Der will nicht reden, sagte er sich, der kennt das Motiv und vielleicht sogar die Täter, will aber nicht auspacken. Warum? Er nahm das Begleitschreiben in die Hand und deutete auf die letzten Sätze.
    »
›Wir hoffen, dass die Nacht an der Straße zur Besinnung und Änderung Ihres Verhalten führen wird. Sie wissen, weshalb wir Sie dazu ausgewählt haben.‹
Was meinen Sie dazu?«
    »Was soll ich meinen?«
    »Sie wissen, weshalb die Entführer Sie ausgewählt haben?«
    Kessel zuckte mit den Schultern.
    »Welches Verhalten sollen Sie bei sich ändern?«
    Der Mann antwortete nicht.
    Braig blickte zur Wand über dem Sofa, betrachtete das von einem schwarzen Rahmen gesäumte Bild, das – etwas unscharf – ein Motorrad in Großaufnahme zeigte. Braig war kein Experte, ahnte aber, dass es sich um ein besonders ausgefallenes Modell handeln musste, weil es ungewohnt viele Schnörkel aufwies. Die mangelnde Schärfe des Fotos ließ darauf schließen, dass es eine private Aufnahme war.
    »Sie sind Motorrad-Fan?«, fragte er.
    »Die Zeiten sind vorbei.«
    »Vorbei?« Braig schaute zweifelnd zu dem Bild.
    »Meine zweite Frau ist dagegen. Zu gefährlich.« Kessels Zunge lockerte sich. Offensichtlich lag ihm das Motorrad mehr am Herzen, als er zugeben wollte.
    »Sie fahren nie?«
    »Aus und vorbei. Entweder wir drei oder die Maschine. Maren, Jürgen und ich, hat sie mich gewarnt.«
    Braig verstand nicht. »Maren, Jürgen?«
    »Unsere Kinder, vielmehr die meiner zweiten Frau.«
    »Aha. Wenn Sie aber nicht mehr fahren, nie, wie Sie sagen, wieso dann das Schreiben der Entführer?«
    Keine Antwort.
    »Sie haben einen Wagen?«
    »Natürlich.«
    »Fahren Sie viel?«
    »Selten. Macht keinen Spaß mehr. Und ich sagte schon, meine Frau kennt keinen Spaß in der Beziehung.«
    Seine Antworten kamen jetzt wie aus der Pistole geschossen.
    »Verstehe ich nicht. Warum dann die Entführung heute Nacht – vorausgesetzt, das Schreiben ist echt und ernst gemeint, also keine Fälschung?«
    Kessel schüttelte wieder seinen Kopf. »Keine Ahnung. Ich weiß es nicht.«
    Braig übersah vor lauter Frust die kleine wuselige Frau, die sie mit großen Augen angaffte, als sie das Haus verließen.
    »Hat der Mensch keine Ahnung oder markiert er nur?«, fragte er, nachdem die Haustür geschlossen war.
    Kriminalmeister Stöhr hielt mitten im Schritt inne. »Mhm, es ist so«, meinte er und kramte in seiner Plastiktüte, »schwer zu entscheiden.« Er zog einen kleinen Schokoladenriegel hervor, von dem er das Papier abriss. »Leute, die keine Ahnung haben, wissen am besten Bescheid.«
    Braig schaute ihn überrascht an.
    »Mhm, sagt meine Frau Mutter immer«, erklärte Stöhr und stopfte sich den Riegel komplett in den Mund.

11. Kapitel
    Dort, wo die Hauptstraße von mehreren großen Obst- und Kastanienbäumen gesäumt wurde, führte ein schmaler Weg steil nach oben, den Hügel hinauf. Die Häuser fielen, je weiter sie dem steilen Anstieg folgten, kleiner und bescheidener aus, die breiten Vorgärten, die unten im Tal fast alle Anwesen schmückten, verschwanden oben fast vollständig. Offensichtlich hatte die fruchtbare Talaue in den vergangenen Jahrhunderten allein den reicheren Bauern als Heimat gedient; weniger betuchte Familien, Knechte und Tagelöhner waren gezwungen, mit steilen Hanglagen vorliebzunehmen, wo Wohnen und Bodennutzung mit zusätzlicher Arbeit und Mühe verbunden waren.
    Mittlerweile hatte sich die Bewertung der Hanglage stark verändert. Ganz oben, wo der Anstieg des Berges sanfter verlief, die gewonnene Höhe aber schon einen erfreulichen Blick ins Tal erlaubte, breiteten sich seit mehreren Jahren villenartige Neubauten

Weitere Kostenlose Bücher