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Schwaben-Rache

Schwaben-Rache

Titel: Schwaben-Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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javiti, kao dobar, posteni sin i pitati kako je meni! Was heißt hier, es stimmt nicht! Dein ganzes Verhalten zeigt doch, dass ich recht habe, sonst würde es dir doch nicht schwerfallen, als feiner, anständiger Sohn, dich bei mir zu melden und nach mir zu fragen!«
    Sie hatte ihre Vorwürfe in unzähligen Variationen wiederholt. Ihre Stimme war ständig schriller geworden, sie hatte gekreischt und gegeifert, war nicht einmal mehr bereit gewesen, ihn zu Wort kommen zu lassen. Braigs Wut war gewachsen, seine Müdigkeit hatte ihm die letzten Nerven geraubt. Irgendwann hatte er all seinen Mut zusammengerafft und den Hörer auf den Apparat gedonnert, ihn dann aber wieder danebengelegt, damit sie nicht wieder anrufen konnte, wie sie es sich angewöhnt hatte. Trotz seiner Müdigkeit war es ihm lange nicht gelungen einzuschlafen.
    »Vielen Menschen schlagen psychische Stress-Situationen auf den Magen«, hatte ihm der Arzt erklärt, nachdem Braig sich endlich entschlossen hatte, seine Beschwerden einem Mediziner vorzutragen, »bei anderen zeigen sich die Folgen in migräneartigen Stößen von Kopfweh.« Er hatte ihm eine ganze Liste verschiedener Medikamente verschrieben, die Braig bald als simple Schmerzmittel entlarvte und bis auf Aspirin unbeachtet ließ. »Sie sollten sich einer Therapie unterziehen«, hatte ihm der Arzt noch geraten, »Sie müssen sich von den Schuldgefühlen, die Ihre Mutter in Ihnen auslöst, befreien. Das ist der einzige Weg zu einer vollständigen Beseitigung der Ursachen.« Medikamentös ließe sich nur mit einer massiven Einnahme von Psychopharmaka, bewusstseinsverändernden Stoffen also, eine Besserung erzielen, unter ständiger ärztlicher Kontrolle allerdings und verbunden mit dem Risiko, Änderungen der Persönlichkeit, auch in völlig anderen Bereichen, dadurch zu bewirken.
    Braig hatte auf beide Methoden dankend verzichtet, nicht nur, weil ihm das Risiko und der Zeitaufwand zu groß waren, sondern auch, weil er glaubte, im Verlauf der nächsten Monate die Abhängigkeit von seiner Mutter und die Verpflichtung ihr gegenüber, die er überdimensional stark noch immer in sich trug, auf ein normales Maß reduzieren zu können. Bis jetzt hatte dieser Prozess allerdings noch nicht stattgefunden, waren nicht einmal die ersten Schritte in die richtige Richtung getan.
    Wahrscheinlich lag es daran, dass seine Mutter Braigs diesbezügliche emotionale Lage genau kannte und ihm bei jedem Besuch und jedem Anruf seinen Auszug ganz bewusst als ruchlose, nie wieder gutzumachende Tat einzureden versuchte. Sie wusste, wo sie ihn packen, eine wunde Stelle treffen konnte, war in ihrem Bestreben, ihn wieder zu sich zurückzuholen, skrupellos und berechnend, eiskalt und ohne jede Rücksicht auf sein psychisches Befinden.
    Es gab nur einen Weg, sich von ihren hinterhältigen Attacken zu lösen: Braig musste daran arbeiten, ohne schlechtes Gewissen sein Leben in die Hand zu nehmen und sich von dem seelischen Druck zu befreien, den seine Mutter durch ihre ständigen Schuldzuweisungen nährte.
    Sie war Anfang sechzig, eine große, gut aussehende Frau, trotz vieler Arbeitsjahre sehr gepflegt, legte großen Wert auf ein attraktives Äußeres und zeigte sich stets modisch und geschmackvoll gekleidet. Natürlich blieb sie nicht verschont von Krankheiten und körperlichem Verfall, das Alter und die kräftezehrende Lebensweise forderten schließlich ihren Tribut. Aber sie war fähig, selbständig zu leben und sich auf den Beginn ihrer Zeit als Rentnerin zu freuen. Und – verdammt noch mal – er hatte das Recht, ein eigenständiges Dasein zu führen und sich nicht für jede Minute des Tages vor ihr rechtfertigen zu müssen, sondern mit dreiunddreißig Jahren selbst zu bestimmen, was er tun und lassen wollte!
    Steffen Braig nahm die warmen Strahlen der Sonne in sich auf und lutschte genüsslich an einem Schokoladenriegel, der aus Kriminalmeister Stöhrs Vorräten stammte. Zuerst hatte er sich gegen das Angebot des Kollegen gesträubt, ihm einen seiner Nährstoffspender zu rauben, die ersten Anzeichen mittäglichen Hungers hatten ihn dann jedoch weich werden lassen. »Beste Sorte«, hatte Stöhr empfohlen, und jetzt war Braig voll und ganz einverstanden, ihm darin zuzustimmen.
    Hinter ihm erstreckte sich ein kleiner Hain von alten Apfel- und Birnbäumen, deren Früchte noch klein und dunkelgrün an den Zweigen hingen. Vögel tanzten im Geäst umher, flogen von Baum zu Baum und schmetterten vielstimmige Melodien in die

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