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Schwaben-Rache

Schwaben-Rache

Titel: Schwaben-Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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seinen Gesichtszügen war nicht zu übersehen. »Überhaupt nicht. Das hat damit nichts zu tun«, presste er in schnellen Worten hervor.
    »Wären Sie trotzdem so freundlich, uns den Namen und die Anschrift dieses Mannes zu nennen?«
    Otto Schmidt kippte fast aus dem Sessel.
    »Geben Sie uns bitte den Namen und die Adresse.«
    Kriminalmeister Stöhr schrieb die Personalien eifrig auf.

13. Kapitel
    Kommissar Steffen Braig saß auf einer Bank oben auf dem Berg und ließ seinen Blick gemächlich in die Umgebung schweifen. Die starken Kopfschmerzen, das Toben und Rumoren in seinem Gehirn hatten leicht nachgelassen, ausnahmsweise auch ohne die Einnahme von Tabletten. Dennoch schwirrten ihm die Worte seiner Mutter wieder durch den Kopf.
    »Warum hast du heute überhaupt nichts von dir hören lassen?«, hatte sie das Telefonat der letzten Nacht eröffnet, in jener weinerlich-verzweifelten Tonlage, die ihm sofort klarmachte, welche Schallplatte sie nun wieder aufgelegt hatte.
    Er war müde und erschöpft gewesen vom langen Arbeitstag und dem guten Essen bei seiner Nachbarin, doch er hatte es nicht geschafft, ein längeres Gespräch zu verhindern.
    »Mama, bitte. Ich habe dich gestern angerufen, zweimal sogar. Einmal aus meinem Dienstwagen und dann noch mal abends. Hast du das vergessen?«
    Er hatte keinen Streit gewollt, nicht mitten in der Nacht.
    »Heute«, greinte sie, »heute. Ich saß den ganzen Tag am Apparat und habe auf dich gewartet. Auf deinen Anruf.«
    »Du warst nicht einkaufen oder bummeln?«
    »Du weißt genau, wann ich zu Hause bin. Ich habe gewartet.«
    »Mama, lass das jetzt. Ich bin sehr müde.«
    »Dreißig Jahre habe ich gearbeitet. Für dich und deine Schwester. Drei Berufe jeden Tag. Morgens Zeitungen austragen ...«
    »Mama, bitte ...«
    »Um vier Uhr musste ich aus dem Bett, raus in die Kälte, bei Wind und Wetter. Zeitungen austragen in vier Straßen ...«
    »Mama, lass das jetzt.«
    »Weißt du, wie oft es geregnet hat? Morgens um vier ist es kalt, mein Junge, sehr kalt, und wenn es regnet, ist es besonders schlimm. Häufig lag Schnee. Weißt du, wie oft es schneite, wie oft die Straßen vereist waren? Oft, sehr oft. Ich rutschte, konnte mich kaum festhalten, schlidderte über die Straßen. Beinahe in ein Auto. Weißt du noch, wie fertig ich war, als sie mich beinahe überfahren hätten?«
    Er blieb still, ließ sie jammern.
    »Das interessiert dich nicht, ich weiß. Mein Sohn hat es nicht mehr nötig, an seine alte, verbrauchte Mutter zu denken, er genießt sein schönes Leben als Herr Kommissar. Hast du vergessen, wer das Geld für deinen Schulbesuch verdient, wer die Pfennige zusammengekratzt hat, damit du aufs Gymnasium gehen konntest? Drei Jahre lang habe ich mir keine neuen Kleider, keine Möbel, nicht mal Geschirr gekauft, nichts. Meine Tochter und mein Sohn sollten es besser haben als ich. Sie durften in die besten Schulen gehen, Ausflüge mitmachen, fremde Länder sehen. Und ich? Morgens um vier aus dem Bett, kurz nach sechs war ich wieder zu Hause, Frühstück herrichten für die beiden. Um sieben wieder aus dem Haus, in die Kantine, Essen richten, Geschirr spülen, bedienen, den Boden putzen, Drecksarbeiten erledigen, was gerade anfiel. Dreißig Jahre lang für meine beiden Kinder. Mittags kurz nach Hause. Mittagessen richten, eine Stunde später in die Wirtschaft. Bedienen, spülen, putzen, anschreien lassen, bis nachts um elf. Und heute? Meine Tochter ist tot und mein Herr Sohn? Er hat es nicht nötig, hat keine Zeit für seine alte, verbrauchte Mutter, kann mich nicht einmal anrufen ...«
    »Mama! Meinst du, ich habe nichts zu tun?«
    »I kad bi danas umrla?« Wie immer, wenn sie einen bestimmten Grad der Erregung erreichte, war sie in ihre Muttersprache gefallen, die er zu ihrem großen Verdruss nur noch lückenhaft beherrschte. »Und wenn ich heute gestorben wäre?«
    »Was soll das schon wieder?« Nur mit Mühe war es ihm gelungen, Ruhe zu bewahren.
    »Da, stara crkne a mojemu sinu je to svejedno. Klar, die Alte kratzt ab, und meinem Sohn ist das egal.«
    »Mama, bitte!«
    »Tebi bi dobro doslo kad bi u ovaj cas crknula. Ondak bi imao svoj mir. Priznaj! Dir wäre es gerade recht, wenn ich in diesem Augenblick abkratzen würde. Dann hättest du endlich deine Ruhe. Gib es zu!«
    »Hör doch bitte auf! Du weißt doch selbst, dass das nicht stimmt!«
    »Sta nije tacno! Ti sam sa tvojom postupkom pokazes da imam pravo. Ako bi ja tebi bila vazna, onda nebi ti bilo tako tesko meni se

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