Schwaben-Rache
sauber gearbeitet hätten, da die Wunde sofort nach ihrem Entstehen desinfiziert worden war.
Braig setzte die Befragung von Herrn Standfest fort. »Kennen Sie Herrn Breuninger vom Automobilclub in Stuttgart?«
Till Standfest erwähnte gelegentliche geschäftliche Treffen, ebenso mit dem Straßenbauunternehmer Bofinger aus Lauberg. Die Herren Schmidt und Kessel, Entführungsopfer wie er, waren ihm dagegen nur aus der Zeitung bekannt.
»Um wie viel Uhr wurden Sie entführt?«
»Etwas vor elf«, erklärte Standfest, »genauer kann ich es nicht sagen.«
Gegen achtzehn Uhr war Ziegenfuß freigekommen, viereinhalb Stunden später das neue Verbrechen erfolgt. Ziegenfuß?
Im Fall Kessel und Schmidt kam er als Täter durchaus infrage, vielleicht auch noch bei Bofinger. Aber jetzt bei Standfest?
»Kennen Sie zufällig einen Herrn Ziegenfuß aus Lauberg?«
»Ziegenfuß?« Der Blick Standfests verdüsterte sich augenblicklich. »Der ehemalige Mann meiner Schwester?«
Steffen Braig kippte beinahe vom Stuhl. »Wie bitte? Herr Ziegenfuß ist der ehemalige ...«
»Da gibt es nur einen in Lauberg. Aber erwähnen Sie den Namen dieses Mannes in meiner Gegenwart nicht mehr, einverstanden?«
Braig sah Standfest mit großen Augen an. »Sie haben, verstehe ich das richtig, kein besonders gutes Verhältnis zu Herrn Ziegenfuß?«
»Wenn Sie jahrelang zusehen müssten, wie sich Ihre Schwester von einem Mann schikanieren und wie der letzte Putzlappen behandeln lässt, wären Sie dann darauf erpicht, ein inniges Verhältnis zu dieser Person zu pflegen?«
Steffen Braig schüttelte den Kopf.
»Wenigstens über meinen Rechtsanwalt konnte ich ihr helfen. Der beste Advokat, den ich auftreiben konnte. Ziegenfuß wird sein Leben lang bluten für sein unverschämtes Verhalten. Dem bleibt nicht viel von seinem Besitz.«
»Dann ist nicht anzunehmen, dass Herr Ziegenfuß Sie als seinen Ex-Schwager besonders schätzt?«
»Hass«, erklärte Till Standfest, »blanker Hass.« Der Mercedesstern auf seiner Stirn leuchtete in kräftigem Rot. »Der Mann würde mich lieber heute als morgen in die Hölle schicken, wenn er könnte. Er weiß genau, dass meine Schwester ihm ohne meine nachdrückliche Hilfe nie entronnen wäre.«
35. Kapitel
Das war das letzte Glied in der Kette.
Ziegenfuß' Hass auf Kessel resultierte aus dem Unfall, bei dem sein Sohn Kessels Raserei zum Opfer gefallen war. Die jahrelange Schikane, die er in Schmidts Betrieb über sich ergehen lassen musste, machte Schmidt zu seinem Feind. Beides durchaus verständliche Reaktionen. Es schien Braig zutiefst menschlich, Aggressionen gegen die beiden Männer zu entwickeln, wenn nicht sogar vollkommen berechtigt, zumindest soweit er die Sache korrekt nachvollziehen konnte.
Auch für Ziegenfuß' Aversionen gegen Bofinger hatten sich bei der Vernehmung Anhaltspunkte ermitteln lassen. Seinen Andeutungen zufolge hatte der rasch aufgestiegene Bauunternehmer wie viele andere auch Ziegenfuß' Frau mit Aufmerksamkeit bedacht, und zwar soweit, dass es zu einem zeitweiligen Techtelmechtel gekommen war.
Kessel, Schmidt, Bofinger: Alle drei waren den Entführern zum Opfer gefallen, einer nach dem anderen, ohne dass die Fahnder zunächst auf Ziegenfuß getippt hatten. Und jetzt noch Till Standfest.
Lauberg lag etwa acht Kilometer vom
Weinberg-Stern
entfernt, war also mit dem Auto innerhalb weniger Minuten erreichbar. Berücksichtigte man die seltsame Tatsache, dass das Opfer diesmal per Fahrrad zu seiner Folterstätte gebracht worden war, bedeutete das naturgemäß einen größeren Zeitaufwand, der aber ebenfalls in Minuten zu messen war. Acht Kilometer überwand man mit dem Fahrrad spielend in zwanzig, vielleicht sogar fünfzehn Minuten, vorausgesetzt, man war gesund.
»Wissen Sie noch, womit Ziegenfuß unterwegs war, als wir neulich zu seinem Haus kamen?«, fragte Braig.
Kriminalmeister Stöhr überlegte. »Er kam mit seinem Fahrrad in den Hof.«
»Und welches Verkehrsmittel benutzte er, als sein Sohn von Kessel angefahren wurde?«
»Mhm, Fahrräder.«
Und jetzt die Entführung Standfests per Fahrrad! Es konnte nur noch darum gehen, das Alibi des Mannes zu überprüfen.
Sie trafen Ziegenfuß in seiner Wohnung, keine fünfzehn Minuten, nachdem sie Till Standfest verlassen hatten.
»Sie schon wieder«, brummte der Mann.
»Sie haben uns nicht erwartet nach Ihrem neuen Unternehmen?«
»Nach meinem neuen ...« Ziegenfuß lachte hysterisch. Die Anwesenheit der Polizeibeamten machte ihn
Weitere Kostenlose Bücher