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Schwaben-Sumpf

Schwaben-Sumpf

Titel: Schwaben-Sumpf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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zu ihr hinüberstarrte.
    »Was sagen Sie da?«, zischte Christa Kastner mit rauer Stimme.
    Die Kommissarin verzichtete auf eine Wiederholung.
    »Robert, mein Schwiegersohn?«, verlangte die Frau Aufklärung.
    Catherine Heimpolds Augen huschten unruhig hin und her, ihr ganzer Körper zitterte. Sie versuchte, den Rest der Zigarette, einen kaum über den Filter hinausragenden Stummel, zwischen die Lippen zu führen, benötigte mehrere Anläufe.
    »Er wurde heute Nacht in Schwäbisch Gmünd von einem Auto angefahren. Er war sofort tot.« Sie hörte, wie die Frau des Getöteten laut aufstöhnte, den Rauch ihrer Zigarette abrupt inhalierte und einen heftigen Hustenreiz. Sie streckte den Kopf nach hinten, rang um Atem.
    »Aber, aber, wie konnte das geschehen?«, fragte Christa Kastner. Sie legte den Arm um ihre Tochter, klopfte ihr sanft auf den Rücken, zog sie zu sich her.
    »Wir wissen es nicht. Aber es handelt sich nicht um einen Unfall. Es war Absicht.«
    Die Frau schüttelte den Kopf, ließ den Tränen freien Lauf. »Robert«, hauchte sie, wie um sich noch einmal dessen zu vergewissern, was eigentlich nicht sein konnte, »jetzt auch noch Robert?«
    Neundorf schwieg, sah, wie die jüngere Frau ihren Filter im hoch aufgetürmten Müll des gläsernen Aschenbechers versenkte, im selben Moment nach ihrer Packung griff und eine neue Zigarette zum Vorschein brachte. Sie steckte sie in den Mund, suchte das Feuerzeug, fand es in einer Nische zwischen der Blumenvase und einem Serviettenhalter mitten auf dem Tisch. Ihre Hand zitterte so heftig, dass es ihr erst nach mehreren Anläufen gelang, eine neue Qualmwolke ins Zimmer zu jagen. Sie nuckelte an der Zigarette wie ein Kleinkind an seinem Schnuller, starrte mit fahrigen Augen an die Wand.
    Das Läuten ihres Handys riss Neundorf aus ihrer Lethargie. Sie nahm das Gespräch an, hatte Stöhr in der Leitung.
    »Das Tatfahrzeug«, erklärte der Kollege, »aus Schwäbisch Gmünd …«
    »Was ist damit?«
    »Es sieht so aus, als hätten wir es gefunden.«
    »Wo?«
    »In Gmünd. Am Rand der Innenstadt in der Schillerstraße. Ein Anwohner hat angerufen und sich beschwert, dass das Auto schief geparkt auf die Fahrbahn hinausragt. Rössle und Schöffler sind schon am Werk. Es könnte sich um das Tatfahrzeug handeln.«
    »Was für ein Modell?«
    »Daimler, A-Klasse, schwarz. Wie von der Zeugin beschrieben.«
    »Haben wir schon den Besitzer?«
    »Tut mir leid. Der Wagen wird überprüft.«
    Neundorf bedankte sich für die Information, steckte ihr Mobiltelefon in die Tasche. Christa Kastner starrte sie aus verweinten Augen an.
    »Sie wissen, wer es war?«
    »Nein, so weit sind wir noch nicht.«
    »Aber das Auto, Sie haben es, oder?«
    »Es sieht so aus. Die Kollegen arbeiten daran.«
    »Diese beiden Söhne der Putzfrau? Sind die frei?«
    »Nein«, sagte Neundorf, »die können es nicht gewesen sein. Diesmal garantiert nicht.« Sie sah, wie die Frau in ihrem Sitz zusammensackte, hatte Mühe, die Worte zu verstehen, die sie vor sich hinnuschelte. »Diese verdammte Firma. Ich wusste, dass es irgendwann so kommt.«
    »Wie bitte? Von welcher Firma sprechen Sie? Von der Ihres Schwiegersohnes?«
    Christa Kastner schüttelte den Kopf, winkte mit der Rechten ab. »Robert«, stöhnte sie vor sich hin, »Robert.«
    Die Kommissarin hörte das Klicken des Feuerzeugs, sah, dass die nächste Zigarette an der Reihe war. Die Rauchschwaden hüllten das Zimmer in immer dichteren Nebel, verursachten zunehmend Atembeschwerden. Sie erhob sich von ihrem Platz, trat ohne zu fragen ans Fenster, öffnete einen zweiten Flügel. »Es ist besser so«, sagte sie, »für uns alle.«
    »Was soll sie sonst tun?«, fragte die Ältere.« Was bleibt ihr denn jetzt noch?«
    »Sie sprachen von einer Firma«, erwiderte Neundorf. Sie stand immer noch am Fenster, versuchte, frische Luft zu erhaschen. »Ich nehme an, Sie meinten die Ihres Schwagers?«
    Sie erhielt keine Antwort. »Können Sie uns nicht endlich in Ruhe lassen?«, beschwerte sich die Frau stattdessen. »Verstehen Sie denn nicht, was man uns angetan hat?«
    »Doch«, sagte sie lakonisch, »das verstehe ich sehr gut. Und es tut mir wirklich leid, dass ich Ihnen keine erfreulichere Nachricht bringen konnte.«
    Zuerst die Enkelin bzw. Tochter, dann der Schwiegersohn bzw. Ehemann. Das Leid der Verbliebenen musste unvorstellbar groß sein. So viel konnte niemand aushalten, das sprengte alle Grenzen.
    Was sie trotzdem verwunderte, war der abrupte Sinneswandel, der Christa

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