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Schwaben-Sumpf

Schwaben-Sumpf

Titel: Schwaben-Sumpf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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den Kindergarten, sah das Schild mit der gesuchten Hausnummer, stellte ihr Fahrzeug ab. Bohnwalds Name war nirgends zu lesen, also läutete sie bei Schreider, wie er ihr am Telefon aufgetragen hatte, hörte kurz darauf das Krächzen des Lautsprechers. »Ja?«
    Sie stellte sich vor, vernahm das Summen des Türöffners. Das hölzerne, mit Metallrohren geschmückte Monstrum schwang zurück, gab den Zugang zu einem schmalen Treppenhaus frei. Sie hörte die Schritte eine Etage höher, sah einen kleinen kräftigen Mann auf der obersten Stufe stehen.
    »Bohnwald«, rief er, »wir wohnen hier.«
    Sie stieg die Treppe hoch, zog ihren Ausweis, reichte dem Mann die Hand. Er überflog die Karte, nickte dann mit dem Kopf, bat sie in die Wohnung.
    »Sie müssen entschuldigen«, sagte er, »wir leben im Moment etwas beengt. Ich bin gerade mit Sack und Pack aus Afrika zurückgekommen.« Er wies auf die Koffer und Kartons, die die gesamte ohnehin schon schmale Diele entlang aufgereiht waren, und lief, Neundorf voran, in ein helles Wohnzimmer. Ein langes schwarzes Ledersofa, ein niedriger Glastisch, zwei schmale Wandschränke links und rechts, der eine mit einer Fernseh-, Video-, DVD-Kombination bestückt, dazu ein breites Fenster mit vielen Blumen.
    Bohnwald bat seine Besucherin, Platz zu nehmen, bot ihr zu trinken an. »Wasser, Saft, Kaffee?«
    Sie ließ sich ein Glas Apfelsaft einschenken, sah den Mann nach einer Schachtel Zigaretten greifen. »Ich hoffe, es stört Sie nicht?«
    Neundorf schüttelte den Kopf, wartete, bis er eine Zigarette vorgezogen und sie angezündet hatte. Sie trank von dem Saft, betrachtete den Journalisten, wie er den Rauch von sich blies. Er war etwa in ihrem Alter, Anfang, Mitte vierzig, hatte lange rabenschwarze Haare, ein tiefbraunes, wettergegerbtes Gesicht. Ein anfangs kaum in die Augen fallender, bei näherer Betrachtung jedoch ohne Zweifel recht gut aussehender Typ. Irgendwo hatte sie ihn schon einmal gesehen, auch die Stimme kam ihr geläufig vor.
    »Heimpold«, sagte er. »Sie wissen Bescheid?«
    Sie stellte das Glas auf den Tisch, warf ihm einen erwartungsvollen Blick zu. »Sie scheinen mehr zu wissen als ich.«
    Bohnwald nahm einen neuen Zug von der Zigarette, trommelte mit den Fingern seiner linken Hand auf den Tisch. »Davon lebe ich.«
    »Weshalb haben Sie sich gestern Abend mit ihm getroffen?«
    »Sie glauben, das hat mit seinem Tod zu tun?«
    »Halten Sie es für möglich?«, antwortete sie mit einer Gegenfrage.
    Der Journalist nickte ohne zu zögern mit dem Kopf. »Allerdings.«
    »Dann müssen Sie mich wirklich darüber informieren, um was es gestern ging.«
    »Okay.« Bohnwald blies eine lange Rauchfahne von sich, drückte die Zigarette in einem kleinen gläsernen Aschenbecher aus. »Dann fange ich am besten vorne an.«
    »Das wäre gut, ja.«
    Er schnippte den Filter in die Asche, fuhr sich mit dem Handrücken über den Mund. »Ich arbeite seit fast fünfzehn Jahren als Afrika-Korrespondent. Kurze Unterbrechungen eingeschlossen. Meistens für überregionale Zeitungen, eine Zeit lang auch fürs Fernsehen. Reinhard Welter hat es Ihnen wohl erzählt.«
    Neundorf begriff, woher sie ihn kannte, weshalb ihr die Stimme vertraut war. Sie musste ihn in den Nachrichten gesehen haben. »Er hat es angedeutet«, sagte sie, »mehr nicht.«
    »Die Sache mit Heimpold begann für mich schon 1992. Damals war ich zum ersten Mal im Nigerdelta. Ein unglaublich schönes Paradies.«
    Er erhob sich, verließ das Zimmer, kehrte mit einem Laptop in der Hand zurück. Bohnwald entfaltete ein Kabel, verband das Gerät mit der Steckdose hinter der Fernsehkombination. Zwei Minuten später leuchtete das Foto eines traumhaft schönen Strandes mit feinem, weißem Sand, Palmen und Mangroven auf dem Monitor auf, kurz darauf eine üppig grüne, von einem schmalen Flusslauf gesäumte Landschaft.
    »Das sind meine Aufnahmen von damals. Ich habe sie digitalisiert.«
    »Beide aus dem Nigerdelta?«
    »Genau. Im südlichen Nigeria. Ein Gebiet etwa von der Größe Baden-Württembergs. Genau genommen noch etwas mehr, nur so zum Vergleich.«
    »Es scheint wirklich ein Paradies zu sein«, meinte Neundorf.
    »Den Eindruck hatte ich auch. Über Hunderte von Kilometern sah es so aus. Überall diese traumhaften Strände, die fruchtbaren Flussinseln, üppig blühende Vegetation. Und dann kam ich einige Jahre später wieder dorthin. Genau in dieselbe Ecke. Ich hatte von Unruhen gehört, wollte Informationen einholen. Das war 1995. Da sah es

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