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Schwaben-Sumpf

Schwaben-Sumpf

Titel: Schwaben-Sumpf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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kippten sie auf die Ladeflächen.
    Wieder begann das Bild zu wackeln, wurde die Kamera unachtsam bewegt, doch plötzlich verharrte sie mit der Blickrichtung genau auf die Stelle, wo der erste LKW Aufstellung genommen hatte. Neundorf starrte auf den Bildschirm, merkte, wie der unbekannte Kameramann sich näher an die Fahrzeuge heranzoomte und einen Bildausschnitt immer stärker vergrößerte. Eine Gruppe Männer war zu erkennen, die Oberkörper unbekleidet und trotz des Dämmerscheins deutlich als dunkelhäutig zu identifizieren, doch dann öffnete sich ihr Kreis und machte drei Neuankömmlingen Platz.
    Die Kommissarin erkannte ihn sofort, noch ehe sich die Kamera auf sein Gesicht konzentrierte: Etwas schmaler zwar, als sie ihn selbst erlebt hatte, doch unverkennbar Robert Heimpold. Zehn, fünfzehn Sekunden war er voll im Bild, der einzige Weiße in der Gruppe, mit kurzärmeligem Hemd und langer heller Hose bekleidet, von zwei dunkelhäutigen Begleitern nach beiden Seiten abgeschirmt. Neundorf sah, wie er für einen Moment in die tiefe Grube starrte, wurde wie alle anderen von dem plötzlich aufkommenden Chaos überrascht. Schüsse peitschten durch die Nacht, laute Schreie ertönten, menschliche Stimmen signalisierten größte Not. Das Bild wackelte, die Kamera schwenkte hin und her, dann überzog intensives Flimmern den Bildschirm.
    »Sie haben ihn erkannt?«
    Neundorf nickte. »Heimpold.«
    Der Journalist stoppte das Band, ließ es aus dem Recorder gleiten, schaltete die Geräte aus. »Im Osten des Kongo, vor eineinhalb Monaten.«
    »Wer hat es aufgenommen?« Sie sah seine kritische Miene, gab selbst die Antwort. »Sie selbst?«
    Bohnwald nickte, setzte sich auf das Sofa, drückte seine Zigarette aus. »Wir benötigten ein halbes Jahr für die Vorbereitungen. Die Gruben sind streng abgeschirmt. Die Sklaven dort, Arbeiter kann man sie wohl kaum nennen, erhalten bestenfalls ein paar Cent – für zwölf bis vierzehn Stunden Schinderei. Dass wir Heimpold erwischten, war mehr als Glück.«
    »Was wird dort abgebaut?«
    »Erze und Edelmetalle. Sie sind sehr begehrt für die Herstellung von Speziallegierungen für die Luxuskarossen unserer Autokonzerne.«
    »Weshalb ging die Aufnahme so abrupt zu Ende? Eine Schießerei?«
    Der Journalist machte sich an der Zigarettenschachtel zu schaffen, merkte, dass sie leer war. »Ab und an knallen sie zwei, drei Sklaven ab.« Er sah ihren fragenden Blick, nickte, bestätigte ihren unausgesprochenen Zweifel. »Ja, ich meine das ernst. Ich habe es selbst gesehen. Manchmal versuchen Arbeiter, ihre Funde selbst zu vermarkten. Besonders wenn sie auf wertvolle Materialien gestoßen sind. Werden sie erwischt, gibt es kurzen Prozess. Zur Abschreckung. Außerdem dient es der Arbeitsmoral, würden Psychologen formulieren.«
    »Seit wann sind Sie so zynisch?«
    »Leben Sie erst mal in Afrika und verfolgen Sie das Treiben der Vertreter unserer Hautfarbe. Da bleibt nur noch Zynismus.«
    »Und Robert Heimpold war voll dabei.«
    »In diesem Fall, ja. Aber trotzdem: Er ist nur eine vergleichsweise kleine Nummer.«
    »Das sagen Sie nach diesen Aufnahmen?« Sie betrachtete den Mann mit kritischem Blick.
    »Ja. Und jetzt erst recht. Denn das, was heute Nacht geschehen ist, bestätigt mich voll und ganz. Oder wie erklären Sie sich das sonst?«
    Neundorf holte tief Luft, fuhr sich mit der Hand über die Stirn. »Ich weiß es nicht. Mir fehlt jeder Ansatz.«
    »Dann will ich Ihnen die Sache genauer erklären. Sehen Sie, der Kongo ist ein Staat etwa von der Größe Westeuropas. Kein Mensch bei uns würde sich für das Land interessieren, gäbe es dort nicht Bodenschätze in Hülle und Fülle. Vor allem im Osten: Kupfer, Diamanten, Gold, Kobalt, Coltan und andere wertvolle Edelmetalle. Und das verändert die Situation total: Die halbe Welt giert nach diesen Schätzen, allen voran die Amerikaner und wir. Und seit Neustem auch noch die Chinesen.
    Eigentlich ein Glücksfall, sollte man meinen. Die Menschen im Kongo könnten leben wie die Könige, würden sie nur ihre wertvollen Bodenschätze gut verkaufen. Da seien aber unsere Konzerne und ihre politischen Handlanger vor: Gewinne gehören in ihre Hand und nicht in die der einheimischen Affen! Und so sorgen die Herren in unseren Konzernen dafür, dass die Dinge so laufen, wie sie zu laufen haben: Die Einheimischen schuften, und sie schaufeln die Gewinne ein.
    Konkret läuft das etwa so: Die Herstellung immer größerer Autos erfordert den Einsatz spezieller

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