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Schwaben-Zorn

Titel: Schwaben-Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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freundliche Auftreten des Mannes, seine servile, fast anbiedernde Haltung von Anfang an als störend empfunden hatte, spürte erste Zweifel. War es wirklich nur plumpe Untertänigkeit, ein billiger Versuch, sie über seine gewalttätige Natur hinwegzutäuschen, was ihn zu diesem Auftreten bewegte? Der Kommissar kannte Meyers Strafregister, wusste über seine Frauen verachtenden Attacken Bescheid, verdächtigte ihn zudem, Christina Bangler brutal ermordet zu haben, ertappte sich dennoch bei dem Gedanken, es angenehm zu finden, dem Mann zuzuhören – nicht, was den doch eher banalen Inhalt seiner Begrüßung betraf, wohl aber den Klang seiner Stimme. Sie wirkte außergewöhnlich sonor, verlieh ihm den Anflug einer Vertrauen erweckenden Persönlichkeit, ließ ihn irgendwie sympathisch erscheinen, aller Skepsis, die Braig aufgrund seiner Informationen ihm gegenüber hegte, zum Trotz.
    War es dieses Timbre, das Christina Bangler für den wesentlich älteren Mann hatte entflammen lassen?
    »Der Tod Ihrer Freundin berührt Sie nicht tiefer?«, fragte Neundorf.
    Meyer biss in seine Obsttorte, ließ sich mit seiner Antwort Zeit. »Der Tod eines Menschen berührt mich immer«, antwortete er dann, der Kommissarin zugewandt, »ich bin sensibler als Sie denken.« Ein freundliches Lächeln überzog sein Gesicht. »Deshalb war ich sehr traurig, als ich in der Zeitung vom Ende der jungen Frau las. Auch wenn sie nicht meine Freundin war.«
    »Nein, Freundin ist das falsche Wort«, konterte Neundorf, » Geliebte trifft die Sache schon eher.«
    Meyer blieb freundlich. »Ich weiß nicht, woher Ihre offensichtlich falschen Informationen stammen, Frau Kommissarin, aber sie haben mit der Realität nichts zu tun. Ich habe die Frau gekannt, ja, aber doch eher flüchtig.«
    »So flüchtig, dass Sie jeden Monat ihre Handy-Rechnung bezahlten. Sie müssen steinreich sein. Wie vielen Leuten, die Sie »eher flüchtig‹ kennen, zahlen Sie noch die Telefongespräche?«
    Zum ersten Mal im Verlauf ihres Gesprächs war Meyer ein Anflug von Unsicherheit anzumerken; offensichtlich hatte er nicht damit gerechnet, dass sie so gut über Einzelheiten seiner Beziehung zu Christina Bangler informiert waren. Er suchte nach Worten, bemüht seine Situation zu entschärfen.
    »Also, ich sage es mal so«, er verstummte kurz, holte tief Luft, setzte erneut zu einem Satz an, »mir geht es in der Tat gut, ich habe es zu etwas gebracht. Ohne falsche Bescheidenheit darf ich darauf hinweisen, dass ich in der Tat gerne großzügige Geschenke mache.«
    »Sie zahlen also flüchtigen Bekannten jahrelang ihre Telefonrechnungen, schenken ihnen sogar noch das Handy dazu«, nahm Neundorf seine Worte auf. »Wie flüchtig muss ich Ihnen denn bekannt sein, damit ich auch so ein schönes Präsent erhalte?« Der Ton ihrer Stimme verriet deutlich genug, dass sie seiner Aussage keinen Glauben schenkte.
    Meyer biss auf seiner Obsttorte herum, versuchte, sein joviales Lächeln beizubehalten. »Ja ja, wir hatten eine – Affäre«, erklärte er dann, »aber das ist lange vorbei.« Er trank seine Tasse leer, füllte aus dem Kännchen nach. Seine Miene strahlte Genugtuung aus, er schien mit seiner Antwort zufrieden.
    »Gut, das ist Ihre Sache«, stellte Neundorf fest, »ob und wie lange Ihre Affäre ging, interessiert mich nicht. Sie können ins Bett gehen, mit wem Sie wollen, solange Sie Ihrer Partnerin keine Gewalt antun oder sie mit irgendwelchen Perversitäten überfallen. Aber genau dafür sind Sie ja leider bekannt. Soll ich aus Ihrem Strafregister zitieren?«
    Meyers Lachen war einen Deut zu laut. »Aber, Frau Kommissarin, das sind alte Kamellen. Längst vorbei. Außerdem«, er versuchte, dem Thema seine Schärfe zu nehmen, indem er spitzbübisch lächelte, »bis auf eine einzige Lappalie wurden alle Anschuldigungen zurückgezogen. Und ich kann Ihnen auch erklären, weshalb mir einige so übel wollten: In meiner Branche ist die Konkurrenz gewaltig, da geht es hart zu. Der Ellenbogen-Einsatz gehört zum Alltag. Sie wissen doch, wie das läuft: Intrigen, falsche Behauptungen, an den Haaren herbeigezogene Beschuldigungen, Verleumdungen – und schon hängt Ihre Firma mitten drin im Schlamassel. Wer will noch mit Ihnen zu tun haben, wer Geschäfte machen? Sie sind erledigt und die Konkurrenten reiben sich die Hände. So läuft das in unserer Branche – leider.«
    »Sie können einem direkt Leid tun«, spottete Neundorf, »ein einzelner Anständiger umringt von Sünde und

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