Schwaben-Zorn
letzten Wochen weiter verteilt? Name, Anschrift. Jetzt, sofort.« Sie hatte ihren Block aus der Tasche gezogen, dazu einen Stift. »Also. Wer liefert das Zeug?«
Schwör war in seinem Stuhl hin und her gerückt, hatte geschluckt, um Atem gerungen.
»Meinl«, hatte Katja Belter erklärt. »Von ihm erhält er alles.«
Braig hatte deutlich gesehen, wie Schwör in sich zusammengesackt war.
»Meinl in Leonberg?«, hatte Kurz gefragt.
»Er kennt ihn vom Geschäft her«, hatte Frau Belter bestätigt. »Meinl kauft öfter alte Fahrzeuge bei seiner Firma.« Sie hatte zu ihrem Freund geschaut, mit der Schulter gezuckt. »An den müssen Sie sich halten. Da geht es um ganz andere Mengen.«
Raffalea Kurz hatte mit dem Kopf genickt.
»Ihr kennt den Mann?«
Braigs Frage hatte sie nicht weiter berührt. »Ein alter Kunde. Mehrfach vorbestraft. Er steht ganz oben auf unserer Liste.«
34. Kapitel
Braigs Nacht war kurz und wenig erholsam ausgefallen.
Zusammen mit seiner Kollegin hatte er das festgenommene Paar ins LKA gebracht und dort in Gewahrsam nehmen lassen – so lange, bis ausgeschlossen werden konnte, dass sie vorzeitig mit Meinl Verbindung aufnehmen würden, um ihn zu warnen. Sie hatten die Namen der von Schwör mit Ecstasy belieferten angeblichen Freunde notiert und die Einsatzbereitschaft des Amtes beauftragt, die Leute sofort aufzusuchen und ihr Alibi für den vergangenen Montagabend zu überprüfen. Meinl selbst befand sich nach Auskunft des ihn überwachenden Beamten zur Zeit wie fast jede Freitagnacht in einer Stuttgarter Diskothek, deren Name ebenso wie der der observierten Person selbst telefonisch aus nachvollziehbaren Gründen nicht ausgesprochen werden durfte.
»Dann benötigen wir das große Einsatzkommando«, hatte Kurz erklärt und Entsprechendes angeordnet, »wir brauchen nicht nur den Kerl, sondern müssen auch möglichst viel von dem Zeug auftreiben, das er heute Abend dort schon in Umlauf gebracht hat. Und es muss schnell gehen. Wir dürfen keine Zeit verlieren.«
Braig hatte sich vor Hunger und Erschöpfung kaum noch auf den Beinen halten können, war mit Kurz in der Zwischenzeit im Zur Alten Schmiede in Bad Cannstatt eingekehrt, um zu der späten Stunde wenigstens noch einen Salat zu sich zu nehmen.
»Warum habt ihr Meinl nicht schon längst festgenommen?« hatte er, mit der Gabel zwei grüne Blätter auf einmal aufnehmend, gefragt. »Wenn ihr euch seiner Dealerei ohnehin sicher seid?«
Raffaela Kurz hatte seine Frage fast amüsiert zur Kenntnis genommen. »Weil wir seit Monaten versuchen, über ihn an die größeren Fische zu kommen. Der wird Tag und Nacht überwacht.«
»Und? Habt ihr einige von den Großen erwischt?«
»Einige? Du bist gut. Nicht einen einzigen bis jetzt. Unser Geschäft ist mühsamer als du denkst. Wir kommen nicht so schnell ans Ziel wie ihr. Donnerstagabends Mord. Freitagmittags Verhaftung des Täters. Bei uns dauert das Monate, oft Jahre, bis sich Erfolge einstellen. Wenn überhaupt.«
Sie hatte mit der Gabel im Salat gestochert, dann eine grüne Olive in den Mund genommen. »Die Sache mit Meinl hat dennoch ihr Gutes. Dass wir so lange still gehalten haben jedenfalls. Wir haben einen Verdacht. Einen ganz großen Verdacht.«
»Einen der wirklich großen Dealer?«
»Ich denke schon. Einer der Herren mit der weißen Weste.«
»Meinls Überwachung hat euch auf die Spur gebracht?«
Sie hatte genickt. »Indirekt, ja. Nach monatelangen Bemühungen. Es geht nicht nur um Ecstasy, Koks und Gras, sondern um harte, ganz harte Drogen. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis wir den Doktor haben.«
»Doktor?«
»Ein Arzt. Große Praxis, hohes Ansehen, exzellenter Chirurg. Patienten aus allen Teilen des Ländles.«
»Da seid ihr euch sicher?«
»Wir müssten blind sein, wenn wir uns täuschen. Unsere Überwachung läuft seit Monaten, auch bei ihm.«
»Ein Arzt? Warum sollte der mit Drogen dealen?«
Raffaela Kurz hatte ein hartes, sarkastisches Lachen hören lassen. »Warum? Weil er das Maul nicht voll kriegen kann. Protzige Villa, mehrere Autos, eine Jacht auf Gran Canaria, dazu rauschende Feste am laufenden Band, eine anspruchsvolle Geliebte. Das wirft selbst seine Praxis nicht ab.«
Braig hatte nur den Kopf geschüttelt, hatte müde versucht festzuhalten, was er normalerweise mit dem Beruf assoziierte: helfen, heilen, Leben retten, sich den Sorgen und Nöten außer Tritt geratener Menschen widmen. Und jetzt arbeitete dieser Arzt selbst daran, Menschen, zumeist junge,
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