Schwaerzer als der Tod Thriller
Britannica . Seite für Seite, Band für Band enthielt sie praktisch das ganze Wissen der Welt. Er suchte sich nach Lust und Laune irgendeinen Buchstaben heraus, und dann setzte er sich mit dem Band in den großen, dick gepolsterten Sessel in der Ecke und schmökerte darin.
Jetzt saß sein Vater am Schreibtisch, las Zeitung und nippte hin und wieder an seinem Whiskey, während seine Mutter in der Küche mit dem Abendessen beschäftigt war.
»Was liest du?«, fragte Tommy, umrundete den Schreibtisch und fuhr dabei mit dem Finger an der geschwungenen Kante entlang.
Sein Vater blickte nicht auf. »Die aktuellen Meldungen.
Willst du mal sehen? Hier ist ein Bild davon, wo ich heute Nachmittag war.«
Tommy stellte sich neben seinen Vater und betrachtete das Foto. Eine Gruppe von Leuten, die auf einer Wiese standen. Die Überschrift lautete: SUCHE NACH VERMISSTER FRAU AUS OAK KNOLL WIRD FORTGESETZT.
»Da ist Wendys Dad«, sagte Tommy und tippte mit dem Finger auf Wendys Vater, der in eine ernste Unterhaltung mit einer blonden Frau vertieft war.
»Ja.«
»Wer ist die Frau?«
»Das ist Jane Thomas. Sie leitet das Frauenhaus.«
»Habt ihr die vermisste Frau gefunden?«
»Nein, noch nicht.«
»Wahrscheinlich ist sie ermordet worden«, sagte Tommy gewichtig. »Das ist das, was Serienmörder machen.«
»Hoffentlich nicht«, erwiderte sein Vater und trank einen Schluck.
Whiskey. Tommy mochte den Geruch und die Farbe, aber einmal hatte er von einem Rest probiert, der im Glas zurückgeblieben war, und das hatte scheußlich geschmeckt. Er hatte sich verschluckt und husten und würgen müssen, und es war erst besser geworden, als er in die Küche gelaufen war und Wasser getrunken hatte.
»Dad? Haben wir uns vorige Woche die Bill Cosby Show angesehen?«
»Vorige Woche? Ich kann mich nicht erinnern. Warum?«
»Ich weiß nicht«, sagte Tommy. »Miss Navarre hat mich heute gefragt, ob wir vorige Woche am Donnerstag zu Hause waren. Ich glaube, wir waren zu Hause.«
»Warum hat sie dich das gefragt?«
Tommy zuckte die Achseln und fuhr sofort zusammen, weil es jedes Mal in seinen Rippen stach, wenn er sich bewegte.
Er hatte seine Aufmerksamkeit bereits etwas anderem zugewandt und begonnen, den Bericht über die Suche zu lesen. Er wusste, wo das Bild aufgenommen worden war. Er und sein Vater waren einmal auf den Schrottplatz gefahren, um sich nach Teilen für das alte Mustang Cabrio umzusehen, das in eine Million Einzelteile zerlegt in der Garage stand. Der Schrottplatz war gleichzeitig interessant und ein bisschen unheimlich gewesen.
»Das ist eine merkwürdige Frage«, sagte sein Vater. »Hat sie die ganze Klasse gefragt?«
Tommy schüttelte den Kopf. »Nö. Nur mich.«
»Aha.«
Er drehte sich um und sah seinen Vater an. »Dad, ich muss doch nicht auf eine andere Schule gehen, oder? Ich mag Miss Navarre. Sie ist eine tolle Lehrerin.«
Und hübsch. Und sie roch gut. Und sie war immer so nett zu ihm. Aber davon sagte er nichts zu seinem Vater. Er war verheiratet und alt und konnte sich deshalb wahrscheinlich nicht daran erinnern, wie es war, wenn man in ein Mädchen verliebt war.
»Nein, mein Sohn. Deine Mom hat sich nur über das aufgeregt, was gestern passiert ist. Sie wird sich wieder beruhigen.«
Was denkt sie denn, wie es mir ging? , dachte Tommy. Nachdem Dennis Farman ihn zusammengeschlagen hatte, hatte seine Mutter in der Notaufnahme ein Riesentheater um ihn veranstaltet - schließlich waren viele Leute da, die auch alle ganz aufgeregt um ihn herumschwirrten -, aber seither hatte sie kaum ein Wort mit ihm geredet. Sie war zu sehr damit beschäftigt, wütend auf andere zu sein. Aber auch davon sagte Tommy nichts zu seinem Vater.
»Ich glaube, die Dodgers gewinnen morgen, was glaubst du?«, sagte er stattdessen.
Sein Vater stand auf, ging zum Regal und goss sich einen weiteren Whiskey ein. »Das hoffe ich doch.«
»Wenn sie morgen gewinnen, dann fehlt ihnen nur noch ein Spiel, und sie sind bei den World Series dabei!«, sagte Tommy und stieß die Fäuste in die Luft wie ein Champion - aber das tat höllisch weh, deshalb ließ er sie schnell wieder sinken. Er drehte sich ein paarmal schnell im Kreis, bis ihm schwindlig wurde.
»Ich sehe mal nach dem Abendessen«, sagte sein Vater. Er fuhr Tommy geistesabwesend durch die Haare und ging aus dem Zimmer.
Sofort kletterte Tommy auf den großen ledernen Drehsessel hinter dem Schreibtisch. Eines Tages würde er auch so einen Schreibtisch und so einen Sessel haben,
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