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Schwätzen und Schlachten

Schwätzen und Schlachten

Titel: Schwätzen und Schlachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Roßbacher
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bekommen.
    Simon Glaser wand sich ein wenig, überrascht, sagte er, sagen wir, er war überrascht.
    Das ist ja nicht ganz dasselbe, nicht wahr?, hakte Sydow nach.
    Nicht ganz, gab Glaser zu, wie gesagt, das ist alles noch sehr unausgegoren und ich bin froh, dass wir nun gemeinsam daran arbeiten können. Er blätterte ein paar Schriftsachen zur Seite und reichte Stanjic die Partituren für das Cello. Er bückte sich und suchte in seinem Instrumentenkoffer nach dem Kolophonium und Stanjic schaute Sydow an, machte eine enorm lässige Kopfbewegung in Richtung der restlichen Papiere und Frederik von Sydow schob sie mit einer fließenden Bewegung in seinen Rucksack und hast du nicht gesehen, weg waren sie.
    Sie grinsten sich an, Detektiv sein ist super!
    Wir fangen mit der Kusine an, sagte Glaser, als er wieder auftauchte und seinen Bogen einseifte, was grinst du denn so blöd.
    Weil ich mich so freue, sagte Sydow.
    Wir sind so motiviert, sagte Stanjic, er zog wahllos ein paar Saiten vom Cello an, stimmte, dass es einem das Herz brach, die Kusine , sagte er begeistert, die Mame , bis der Auflauf fertig ist, haben wir die komplette Verwandtschaft durch, ganz sicher.
    Der Pape . Die Grossmame, Sydow nickte begütigend, wir mögen sie alle.
    Ich finde euch beide blöd, Glaser hatte seine Geige gestimmt und klemmte sie unters Kinn, können wir?
    Das Schwesterl.
    Saublöd, wenn ihrs genau wissen wollt. Und los gehts, das macht Spaß!

67. Na also

    Sie hatten musiziert, was das Zeug hielt. Stanjic bearbeitete sein Cello, wie andere Leute Holz hacken und Schindeln spalten, und Sydow schwang das Tamburin, schlug die Tschinellen und sang so herzlich und anrührend von der jüdischen Verwandtschaft, als wärs die seine und hätten sich alle furchtbar gern.
    Sie hatten sich mit Kartoffelgratin derart den Bauch vollgestopft, dass Frau von Sydow es für mehr als gerecht gehalten hätte, wenn sie sich hernach schlaflos und gepeinigt von infernalischen Leibschmerzen die Nacht um die Ohren geschlagen hätten. Wiederholte Portionen von Gratin ließen sich schwerlich unter was Leichtes verbuchen, Salat am Abend ist sowieso kapriziös und zu allem Überfluss tischte Glaser nach zwei weiteren Stunden herzhaften Fiedelns, Singens und Schellentrommeln eine riesige Platte voller gerollter Süßigkeiten auf, klebriger Teig mit Rosinen, Mohn und Quark –
    Quark!, rief Stanjic mit irrem, revolutionären Blick und schüttelte seine Fäuste so Pi mal Daumen in die Richtung, in der er Österreich vermutete, die Zeit des Topfens war vorbei, seine Zeit des Topfens war vorbei, er würde nur noch Quark essen, am besten eingenudelt in süßen Teig mit Mohn und Rosinen. Er war schon ziemlich drüber, das verlochte Cello arbeitete mit diebischer Gewissheit am radikalen Abbau seiner Zurechnungsfähigkeit und ganz peripher dachte er einmal an dem Abend: Vielleicht hat der fiese Ophiocordyceps unilateralis auch das arme Österreich befallen. Hat sich hinterrücks festgesetzt im Nacken, also irgendwo in der Gegend um Kufstein, und das Land rennt nun wie ein Zombie in den eigenen Untergang, beißt sich in ein Blatt fest, stirbt. Er war sich nicht ganz sicher, in welchem Stadium dieser traurigen Geschichte Österreich sich gerade befand, aber er ahnte: Für Ameisen und Österreich gab es keine Rettung. Man konnte sie nur weiträumig umrunden. In Bezug auf Länder eine eher einfache Übung, so was wie Österreich gab es Gott sei Dank nur einmal.
    Glaser kam also mit etwas, das er Rugelach nannte, eine jüdische Dessertspezialität, sagte er, habe ich extra gekauft.
    Extra für uns? Sydow warf sich noch ein Röllchen in den Rachen und spülte mit Kaffee nach, ich denke, du hattest die Probe gar nicht auf dem Schirm, du wusstest überhaupt nicht, dass wir kommen, so wars doch, oder?
    Glaser betrachtete die halb geleerte Platte, ordnete die restlichen Gebäckstücke zu einer Blume, hätt ich euch erwartet, hätt ich Rugelach gekauft, sagte er.
    Aber du hast Rugelach gekauft, sagte Sydow und fischte sich, vermutlich nur um Glaser zu ärgern, ein Blütenblatt. Soll das ein Heideröschen sein, fragte er.
    Simon Glaser arrangierte die Röllchen um und sah auf, lächelte: Dann habe ich euch wohl erwartet, sagte er. Ja, das soll ein Heideröschen sein. Er warf Sydow Tschinellen und Tamburin zu, einmal geht noch, rief er und einmal ging noch.

68. Frederik kann echt viel essen

    Sie hatten sich dementsprechend spät von Glaser verabschiedet und gingen durch die leeren

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