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Schwätzen und Schlachten

Schwätzen und Schlachten

Titel: Schwätzen und Schlachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Roßbacher
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Traumiglu auch eindeutig winziger gewesen als alle anderen winzigen Iglus, die er je zuvor gesehen hatte, es war ein Kinderiglu gewesen, für besonders winzige Kinder.
    Er freute sich unfassbar auf extrastarken Kaffee mit heißer Milch, er hatte, vermutlich begünstigt durch die unerquickliche Erfahrung des gescheiterten Erbswurstsuppekochens, ungewöhnlich großen Appetit. Er konnte auch beim besten Willen nicht verstehen, wieso das Brot schon wieder alle war. So viel Brot konnte ein einzelner Mensch überhaupt nicht essen. Würde er sich nicht einfach weigern, eine solche Option ins Auge zu fassen, würde er denken, die Brotdose verdaute ihren Inhalt selbst, anders konnte er sich das nicht erklären. Es war noch eine Brotdose von Hulesch und Quenzel , insofern konnte man eine solche Option wiederum nicht einfach als Firlefanz abtun. Hulesch und Quenzel war eine grässliche Firma. Er dachte an Österreich, er dachte an Klara, er fühlte sich noch schlechter. Er hätte nicht gedacht, dass das möglich wäre, dieses Österreich holte wirklich das Äußerste aus ihm heraus.
     
    Ganz ehrlich, sagte mein Lektor, wie er den Traum dem Huhn erzählt hat, da wäre ich gern dabei gewesen.
    So was erzählt er doch nicht seinem Analytiker! Zumindest nicht das mit der Hose und dem Hintern, eher würde er tot umfallen.
    Er hat sich im Ernst mit der Anzughose den Hintern –
    Weiß ich doch nicht! Andererseits: womit sonst?
    Stimmt, sagte Olaf beeindruckt, womit sonst.
     
    Wie auch immer, sagte Stanjic melancholisch, das war nur der Hintergrund gewesen für meinen Supermarktbesuch, ich wollte Brot und Kaffee und stand in einem gähnend leeren Laden und hatte die schlimme Befürchtung, es herrsche Krieg. Diesbezüglich beruhigte mich aber die mordsdicke Verkäuferin, die irgendwann angedampft kam, mich quasi unter den Arm klemmte und vor die Tür und ein dort angebrachtes, riesiges Plakat beförderte, das ich, ich erinnerte mich dunkel, vorher sorgsam umrundet hatte. Ich muss Werbung immer gebührlich aus dem Weg gehen, ich falle sonst auf alles herein, kaufe Hundekekse und habe keinen Hund, freue mich über einen günstigen Gartenschlauch und habe dann zu Hause keinen Garten, Hustinetten im Familiengebinde und –
    Ich verstehe, sagte Sydow, er seufzte, er dachte an seine Frau.
    Die Dicke, fuhr Stanjic fort, warf mich ab, rückte die Werbung ins Bild, ich wollte sie nicht sehen, aber die Dicke war so mordsmäßig dick, Inventur, las sie mir vor, Heute geschlossen wegen Inventur. Ob ich das gelesen hätte, fragte sie, nein, sagte ich. Ob ich nicht lesen könne, fragte sie, doch, sagte ich. Schön, sagte sie, sonst würde sie es mir beibringen, mit Gewalt ginge nämlich alles. Es war eine mordsdicke und sehr eindrückliche Verkäuferin gewesen, ich war froh, dass ich schon lesen konnte.
    David Stanjic hielt an und beäugte eine Parklücke. Auch putzmunter hätte ihn das Einparken hier ins Schwitzen gebracht. Er ließ das Auto in der zweiten Reihe stehen und konsultierte seine Liste. Er holte das entsprechende Paket aus dem Kofferraum und schlurfte über die Straße hinüber zu dem Bürogebäude.
    Sydow hatte die Zeitung ausgelesen. Er stieg aus und streckte sich gähnend. Der Regen hatte nachgelassen und er ging durch das Tröpfeln den Bürgersteig entlang und betrachtete angelegentlich eine Auslage von gesunden Stützstrümpfen in einem Schaufenster, als er es hinter seinem Rücken tüchtig rumsen hörte. Er eilte zu Stanjics Auto zurück, einer war ihnen hintendreingefahren, die Stoßstange lag auf der Straße und der Po war zerknautscht. Er hob das Metallteil hoch und sah verdattert einem roten Auto hinterher, das gerade schwungvoll um eine Ecke bog, weg.
    Stanjic kam langsam über die Straße zurück, er hakte seine Liste ab, gleich waren sie durch. Er klemmte sich wieder hinters Lenkrad und schnallte sich an, Sydow setzte sich mitsamt der Stoßstange neben ihn.
    Nanu, sagte Stanjic, er kniff die Augen zusammen, er hatte fürchterliche Kopfschmerzen, was haben wir denn da?
    Der Mann mit dem roten Auto, sagte Sydow.
    Er hat uns eine Stoßstange geschenkt?
    So ähnlich, Sydow warf einen Blick auf seinen desolaten Freund und dann einen auf die Uhr, komm, bringen wirs hinter uns, dann fahren wir ins Tante und füllen dich mit starkem Kaffee ab und danach überlegen wir, was das nun wieder zu bedeuten hat.

82. Die anale Phase

    Wie es gestern weitergegangen war? Sie haben recht, das wollte Frederik von Sydow auch wissen. Den Kopf

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