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Schwätzen und Schlachten

Schwätzen und Schlachten

Titel: Schwätzen und Schlachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Roßbacher
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diversen Zyklen frühzeitig erkannt, wären wir aufs Land geflohen? Mitnichten, in den Städten hätten wir gewirkt, Seite an Seite hätten wir Töpfer mit Bauern und Arbeitern gestanden und hätten an einer Mauer getöpfert, die das gesamte Land hätte beschützen können, es wäre eine Insel der Seligen geworden, ein Töpferstaat.
     
    Sydow schwieg erschüttert. Ich meine, dachte er bei sich, ich tausche auch ganz gerne mal das ein oder andere Wort, aber was David nach so einem einsamen Besäufnis leistet, läuft doch nicht mehr unter Reden. Sprechdurchfall, sagte er sich, anders kann ich mir das nicht erklären.
     
    Ist dir, sagte mein Lektor beiläufig, eigentlich aufgefallen, dass dieses Kapitel nur so strotzt vor dem Wort Hintern und Po und aller Arten von Klobesuchen? Ohne, sagte er selbstgefällig, dass ich mich nun mit psychologischem Wissen brüsten will, aber –
    Genau, lass es lieber, sagte ich schnell, ich ahnte schon, was jetzt kommen würde.
    Aber, fuhr er fort, ich denke, Dr. Huhn wird mir darin zustimmen: David ist eindeutig in die anale Phase eingetreten.
    Ich legte den Kopf in die Hände, lass, betete ich, diesen Kelch an mir vorübergehen.
    Von wegen. Olaf hatte, um seine anale These zu bekräftigen, von hier bis zum Schluss meines Berichts sämtliche Vorkommen von Toiletten und Verwendungen des Wortes Gesäß in all seinen bunten Varianten gezählt (Arsch, sagte er in seinem typisch bürokratischen Tonfall, Po, Hintern, Derrière) und kam auf eine Summe, die mich selbst offen gestanden sprachlos machte.
    Ich denke, schlussfolgerte er, als er sein Notizbüchlein wieder zuklappte, du solltest das mal mit deinem Analytiker besprechen.
    Es ist Davids Analytiker.
    Du solltest das mal mit Davids Analytiker besprechen.
    Mach. Mich. Nicht. Wahnsinnig!, zischte ich zwischen den Zähnen hervor.
    Er nickte fröhlich, Kikeriki!, krähte er, Ki-ke-ri-ki!
     
    So weit, sagte Stanjic abschließend. Hätten wir das auch geklärt. Geschichte neu verstanden mit Feng-Shui-Experten David Stanjic. So weit also die Historie, so viel zum Mysterium der DDR als Töpferstaat, so weit, so gut, schlecht aber für unser Toilettenproblem, die kreative Zone, sie scheidet aus, Kontemplation, Erleuchtung, wir haben es gesehen, diese Baguazonen werden noch benötigt, und wie weiter? Bagua, sagte er, Baguabagua, schenk mir eine Eingebung, die Zone der hilfreichen Freunde beispielsweise, wollen wir sie wirklich mit unserer Toilette bestücken?
    Gewiss, er tätschelte Sydow den Arm, Freunde können ungeheuer nerven, nie zu Besuch kommen oder zum total falschen Zeitpunkt, sie vergessen einen, wenn sie grade verknallt sind, und labern einen zu, wenn sie verlassen wurden, sie sind ständig anderer Meinung oder stimmen an der falschen Stelle zu, sicher, Freunde finden Fußball gut, dabei ist Fußball blöd, sie verlieben sich ständig in die Falschen, weil ihnen bei der Richtigen die Frisur nicht passt –
    Sag mal, wandte Sydow ein, hast du noch andere Freunde? Meiner Frau steht jede Frisur, käme mir nie in den Sinn, mich da zu beklagen.
    Du hast gar keine Frau.
    Danke, David. Und du hast Freunde, die ich nicht kenne.
    Freunde, setzte Stanjic seinen Vortrag unerschütterlich fort, lügen einem was vor, weil sie feig sind, oder sagen einem die Wahrheit, wo man sie nicht verträgt, Freunde sind sicherlich eine schwierige Materie, ich meine: Schauen wir dich an und Simon, wart ihr gestern zum Beispiel hier und habt mir geholfen? Simon hätte mir sofort sagen können, wo er das verdammte Manuskript versteckt hat.
    Aha!, rief Sydow schnell, das Manuskript!
    Ich komme darauf zurück, sagte Stanjic, ich muss das erst noch zu Ende bringen, die Zone der hilfreichen Freunde, sollte man da hin eine Toilette bauen? Freunde, sicher, eine schwierige Materie, aber nun gleich zu sagen: scheiß drauf?
    Nein, sagte Sydow matt.
    Weiter im Text, sagte Stanjic, diese Form des systematischen Arbeitens fing langsam an, ihm einen gewissen Gefallen zu bereiten, was hat das Bagua noch Schönes zu bieten, Ältere Respektperson , auch hier beschleicht uns doch ein gewisses Unbehagen, denk nur an deine Oma! Beziehungen? Kein Mensch mit einem Funken Verstand im Leib würde freiwillig seine Beziehungen aufs Spiel setzen, gelebte oder erstrebte, gewünschte oder gehabte, und just in dieser heiligen Zone ein Klo aufstellen.
    Vielleicht Reise?
    Das immerhin machte einen gewissen Sinn, begann nicht hier für unsere Hinterlassenschaften eine weite und aufregende

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