Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwätzen und Schlachten

Schwätzen und Schlachten

Titel: Schwätzen und Schlachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Roßbacher
Vom Netzwerk:
sagen, er hat so reagiert, nicht, weil er den Text selbst verfasste, vielmehr, weil er ihn kennt. Er kennt den Text, ich meine, er besitzt ihn. Oder besaß ihn zumindest. Woher immer er ihn auch herhaben mag. Er hat ihn gelesen. Vielleicht ist dieser beschriebene Vorfall einer, den er realiter kennt, vielleicht derohalben die Gereiztheit. Vielleicht weiß Simon um die Gefahr.
    Wieso eigentlich, fragte David mit gerunzelter Stirn, fragen wir ihn nicht einfach.
    Ich habe ihn alles Mögliche einfach gefragt, denkst du, man kriegt von Simon einfache Antworten? Vergiss es, ein verschlossenes Gesicht und verschlüsselte Sentenzen, mehr ist nicht drin. Ich habe keine Ahnung, was er damit bezweckt, aber wenn ich zwar zwischenzeitlich sicher bin, dass er nicht der Gegner ist, bin ich wiederum keineswegs sicher, ob er mit uns kooperiert. Er verheimlicht irgendwas, so viel ist sicher.
    Katharina verheimlicht auch irgendwas, sagte David trübselig.
    Sie wissen was, sagte Frederik, und wollen es uns nicht sagen, schön ist das nicht.
    Wir können allerdings auch nicht gerade sagen, dass wir Simon gegenüber sehr mitteilsam waren, wandte David ein, Katharina gegenüber schon gar nicht.
    Wir hatten aber auch gute Gründe, immerhin hielten wir ihn für einen potenziellen Mörder.
    Vielleicht können wir das etwas gefühlvoller formulieren, sagte David, wenn es je dazu kommt, die Fakten auf den Tisch zu legen.
    Ich würde sagen, an den Formulierungen feilen wir ein andermal, sonst kannst du mich morgen gleich den Schweinen zum Fraß vorwerfen, als Treiber tauge ich dann definitiv gar nichts.
    Gut, sagte David, er dachte eine Weile nach, dann fasse ich jetzt zusammen und erstelle eine These, wie es war, und dann brauchen wir nur noch bis zum heutigen Tag weiterzupuzzeln.
    Und dann?
    Dann spekulieren wir, was die Kacheln vulgo Geschehnisse der nächsten Tage sein werden, und verhalten uns dementsprechend.
    Fein. Frederik setzte sich wieder neben das Loch und ließ die Beine baumeln, leg los.
    Gut. Den Anfang hatten wir ja schon. Es waren einmal Simon, Katharina und Mr. X, die studierten zusammen in Leipzig. Sie machten Kunst, Neue Medien, sie machten in Film. Katharina und X waren ein Paar, ich würde sagen, wenn wir den Text so weit richtig verstehen, ein, tja, turbulentes. Sie trennten sich, zumindest Simon und Katharina verblieben aber noch in Leipzig, fürs Erste mit wechselnden Filmpartnern. Irgendwann lernt sie einen gewissen Gabriel kennen, sie, ja.
    Tapfer machst du das, sagte Frederik, aber ich löse dich ab. Vermutlich wird sie schwanger von ihm.
    Das wissen wir aber nicht sicher.
    Du hast das selbst so gesagt, als wir die Dias angeschaut haben.
    Stimmt überhaupt nicht, du hast es gesagt.
    Kurzum, sagte Frederik ungeduldig, in dem Text kriegt sie ein Kind, von Gabriel, und Joseph ist eifersüchtig.
    Ja, aber in dem Text ist es Joseph von Maria und Joseph, da ist Maria schwanger vom Heiligen Geist und er nimmt sie trotzdem.
    Komm, nicht unnötig verkomplizieren, Frederik winkte ab, den Heiligen Geist lassen wir weg, wenn wir jetzt der Metaphysik noch Tür und Tor öffnen, werde ich höchstselbst psychotisch, darauf kannst du Gift nehmen. Im Text schneidet er ihr immerhin auch den Bauch auf. Darum würde ich sagen: Entweder, das ist eine Fantasie, oder er ist tatsächlich tätlich geworden, als er wusste, dass sie ein Kind bekommt von einem anderen. Ich tippe auf die Fantasie, diese ganze Josephsidentifizierung scheint mir eher eine Art Imagination zu sein, dieses Vorstellen seiner Frau mit einem anderen, diese selbstquälerischen Gedanken. Oder aber, sie hatte eine Fehlgeburt, auch möglich. Möglich, dass er sich das in seiner Fantasie so zurechtgemacht hat, dass er das Kind getötet hat. Weil immerhin, sie hat kein Kind.
    Nein, sagte David. Offensichtlich.
    Keine Sentimentalitäten jetzt. Ich würde sagen, er stellt ihr nach. Das ist der Punkt.
    David überlegte, er nickte, ein Stalker, sagte er, das macht Sinn. Es würde auch dazu passen, dass er in dem Text in eine fremde Wohnung einsteigt, da Bilder von der Wand nimmt. Vielleicht – er schaute für einen Moment hingerissen an die mürbe Tapete, du! Vielleicht. Vielleicht sind die Bilder an der Wand nur eine Verklausulierung, was, wenn es die Dias sind, die er stiehlt? Er steigt in die Wohnung ein, in der sie wohnt, und nimmt sich die Dias, schaut sie sich an.
    Bestens! Ich sehe schon, sagte Frederik aufgeräumt, wir schreiten voran. Simon und Katharina schließen in der

Weitere Kostenlose Bücher