Schwätzen und Schlachten
wir mussten ja an den Rest des Textes, nicht wahr?
Warum – in – aller – Welt – musstet – ihr – an – den – Rest – des – Textes!
Weil wir dachten, sagte Frederik freundlich, du bist total gaga, schreibst dann dieses durchgeknallte Zeug von wegen Vergewaltigung und Mord, noch dazu warst du auf einmal nie da, ständig auf Achse, das schein uns total verdächtig und passte zu unseren Verdachtungen –
Dann, löste David ihn ab, diese ungeheure Empfindlichkeit in Bezug auf Katharina – er deutete mit dem Kopf in ihre Richtung, wir dachten, bei dir knallt irgendwann in absehbarer Zeit die Sicherung durch und du gehst und bringst wen um – also Katharina, um konkret zu sein, irgendwas in der Art.
Simon hatte sich hingesetzt, jetzt stand er wieder auf, er hatte sich die Haare gerauft, sie standen in alle Richtungen. Er starrte Frederik an, er starrte David an, dann starrte er Katharina an. Das toppt alles, oder, sagte er. Ihr seid wahnsinnig, sagte er, wieder zu den beiden gewandt, völlig wahnsinnig.
Nein, du bist wahnsinnig!, rief Frederik, er war ebenfalls aufgestanden, brüllte Simon quer durch den Salon hin an, so einen ausgekochten Blödsinn zu schreiben!
Aber, David war nun auch auf den Beinen, zupfte ihn am Pullover, wir hatten doch schon vermutet, dass er es gar nicht geschrieben hat, alle unsere Indizien wiesen doch auf –
Ach ja, stimmt, sagte Frederik, er setzte sich wieder in seinen Sessel, schlug die Beine übereinander, stimmt, du hast es gar nicht geschrieben, nicht wahr? Aber diese bescheuerten Filme, die sind von dir.
Mit Verlaub, sagte Katharina, von uns.
Pardon, Frederik betrachtete angelegentlich seine Fingernägel, sie sind trotzdem total bescheuert. Was sollte denn das? Habt ihr jeden Blödsinn abgefilmt? Was sind das für komische Arrangements? Ist es alles wahr? Ist alles erfunden? Sind es die Filme zu eurem komischen Leben oder was soll der Quatsch.
Teils, teils, sagte Katharina, je nachdem.
Je nach was, fragte Frederik.
Je nun, manche von den Filmen sind einfach Settings, die wir uns ausdenken, manchmal sind es Zeitungsartikel, die uns dazu inspirieren, zum Beispiel – ich weiß nicht, welche davon habt ihr denn gesehen?
Alle, sagte David, alle haben wir gesehen.
Alle!, rief Simon, schön gemütlich in meinem Wohnzimmer!
Richtig! Aber glaub mir, sagte Frederik, es war nicht die pure Freude, diesen Schmuh anzuschauen, wirklich nicht.
Weil ihr keine Ahnung von Kunst habt, deshalb!
Wenn das Kunst ist, fress ich meine Oma!, rief Frederik.
Da werde ich ja wohl noch, rief Frau von Sydow entrüstet, ein Wörtchen mitred–
Mahlzeit!, rief Simon.
Kommt, Jungs, sagte Katharina, ist doch jetzt egal, die Kunst ist ein weites Feld. Tatsache ist, manche Filme sind Improvisationen, manche sind von hinten bis vorne durchgeplant, manche lehnen sich ganz nah an unser Leben an, andere sind vollständig erfunden, für manche inszenierten wir bestimmte Situationen.
Was denn so für Situationen, fragte Frederik alarmiert.
Kannst dus dir nicht denken?!, rief Simon erbost zurück, ich denke, ihr seid zwei so Superchecker, ihr beiden, der ganze Stolz der Zunft der Detektive!
Frederik betrachtete ihn, was soll ich mir denken.
David schaute zu Simon, die spontanen Ständchen, sagte er langsam, zum Beispiel die spontanen Ständchen. Musik der Erde . Die Wiedergutmachung. Stimmts.
Ja, stimmt! Und jetzt, willst du einen Verdienstorden?
Das war alles inszeniert! Frederik schüttelte fassungslos den Kopf, von wegen, Pflicht eines jeden Deutschen und jede Generation muss neue Formen finden, mit der Vergangenheit umzugehen, das alles ist erstunken und erlogen, oder? Du benutzt alles und jeden, uns, die Leute auf der Straße, den Holocaust, du benutzt den Hundebesitzer auf der Wiese und arme ortsansässige Künstler, ihr, er fuchtelte zwischen Katharina und Simon hin und her, ihr benutzt uns, wies euch Spaß macht, oder? Ihr benutzt David –
Das ist meine Sache, sagte David.
Bitte! Mit dir kann mans anscheinend machen!
Es ist meine Sache, habe ich gesagt!
Uetliberg-Episode sag ich da nur, Uetliberg-Episode! Aber bitte, chaqun à son goût!
Reg dich ab, sagte Simon.
Okay. Frederik regte sich ab.
Wo war überhaupt die Kamera, fragte er dann interessiert, er schaute Simon an, ah! Er lachte, klar! Die hässliche Mütze! Wo denn sonst!
Die drei lachten laut.
Jetzt mal ernsthaft, sagte Frederik, nachdem sie sich wieder beruhigt hatten, als dieser Mann uns da den Vortrag hielt,
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