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Schwanengesang (German Edition)

Schwanengesang (German Edition)

Titel: Schwanengesang (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Hoppert
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kurz zu machen: Es ist nichts mehr da.«
    Marcs Kiefer sackte fast bis auf seine Brust herunter. Aber diese Reaktion war noch nichts im Vergleich zu dem, was die Nachricht bei Rottmann auslöste. Er lief puterrot an, sein Mund stand offen und seine aufgerissenen Augen traten beinahe aus ihren Höhlen. Marc wäre nicht überrascht gewesen, wenn auch noch ein Dampfstoß aus seinen Ohren gekommen wäre.
    Rottmann brauchte mehrere Sekunden, bis er sich von dem Schock erholt hatte, dann brüllte er unvermittelt los. »Was soll das heißen, es ist nichts mehr da? Wollen Sie uns verarschen?«
    »Nichts liegt mir ferner«, versicherte Dr. Kröger leicht indigniert. »Ich bin nur der Überbringer der Nachricht. Sie dürfen mich nicht für den Inhalt verantwortlich machen.«
    »Das tue ich aber«, brüllte Rottmann in unverminderter Lautstärke. »Sie haben das Testament aufgesetzt. Und darin heißt es, und das weiß ich zufällig noch sehr genau, dass der Wert des Nachlasses zwanzig Millionen Euro beträgt.«
    »Da muss ich Sie korrigieren«, erwiderte der Notar, der seine scheinbar unerschütterliche Ruhe beibehielt. »In dem Testament heißt es, die Erblasserin habe den Wert des Nachlasses mit zwanzig Millionen Euro angegeben . Ich benötige diese Auskunft, um meine Gebühren berechnen zu können. Da die Notargebühren mit dem Wert des Nachlasses steigen, setzen fast alle Mandanten den Wert tendenziell eher zu niedrig als zu hoch an. Deshalb hatte ich auch keinerlei Anlass, an den Angaben von Frau Reichert zu zweifeln.«
    Diese Erläuterung trug nicht dazu bei, Rottmann zu besänftigen. »Ist mir scheißegal, was Sie gedacht haben!«, schrie er. »Ich hatte wegen dieser Erbschaft enorme Unkosten. Ich habe das gesamte Haus meiner Tante renovieren lassen und ich habe mir einen Mercedes gekauft. Können Sie mir verraten, wer mir das ersetzt?«
    »Ich fürchte, da bin ich der falsche Ansprechpartner«, bedauerte Dr. Kröger. »Wenn man nach einem Sechser im Lotto seine Arbeitsstelle kündigt, kann man auch niemanden verklagen, wenn die Gewinnquote niedriger als erwartet ausfällt.«
    Rottmann war inzwischen von seinem Platz aufgesprungen. »Wen ich verklagen werde und wen nicht, können Sie getrost mir überlassen!«, fauchte er. »Sie hören von meinen Anwälten!« Mit diesen Worten stürmte er aus dem Zimmer und knallte die Tür hinter sich zu.
    Der Notar sah ihm hinterher. »Ich hätte nicht gedacht, dass er es so leicht nimmt«, scherzte er, bevor er sich den verbliebenen Personen zuwandte. »Vielleicht können wir jetzt in Ruhe über die Situation sprechen. Es ist nun einmal eine Tatsache, dass von Frau Reicherts Vermögen nichts mehr da ist. Und das bedeutet dann leider auch für Sie, Herr Hagen«, er fixierte Marc, »dass Sie kein Geld erwarten können.«
    Marc versuchte, sich seine Enttäuschung nicht allzu sehr anmerken zu lassen. Er hatte zwar lange mit sich gerungen, ob er das Geld annehmen sollte, aber nachdem er sich dazu entschieden hatte, waren die fünfhunderttausend bereits fest verplant. »Und Sie haben keine Ahnung, wo das Geld geblieben sein könnte?«, erkundigte sich Marc bei Kröger.
    »Alles ist möglich«, erwiderte der Notar. »Vielleicht hat Frau Reichert es verprasst, vielleicht hat sie sich verspekuliert, vielleicht wurde sie betrogen. Die Tatsache, dass Frau Reichert den Wert des Nachlasses mit zwanzig Millionen Euro angegeben hat, spricht dafür, dass sie entweder nicht wusste, dass sie kein Geld mehr hatte oder dass sie es nicht wahrhaben wollte. Näheres kann ich Ihnen frühestens sagen, wenn ich Gelegenheit hatte, mit ihren Finanzberatern zu reden. Ich bin schon froh, dass ich jetzt eine halbwegs vollständige Vermögensaufstellung vorlegen kann. Die weiteren Recherchen können noch Wochen oder gar Monate dauern. Ich sagte ja schon, dass Frau Reichert ihr Geld nicht gerade bei der Sparkasse angelegt hat.« Er wandte sich Klaus Lichtenfeld und Herbert Klein zu. »Für Sie tut es mir natürlich besonders leid, meine Herren«, sagte er. »Ich weiß, welche Ziele Ihr Verein verfolgt. Was auch immer Sie mit dem Geld vorhatten, daraus wird nun nichts werden. Im Gegenteil: Wie es momentan aussieht, ist der Nachlass vollkommen überschuldet. Frau Reichert hat sich mehrere Schrottimmobilien in der ehemaligen DDR andrehen lassen und da sind in letzter Zeit hohe Renovierungskosten angefallen. Es haben sich schon zahlreiche Gläubiger bei mir gemeldet und Forderungen geltend gemacht, die insgesamt im

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