Schwanengesang (German Edition)
Zeigefinger anerkennend auf Marc. »Sehr richtig«, stellte er zufrieden fest. »Das berühmte Ende der achten Staffel. Höhepunkt und gleichzeitig Beginn des schleichenden Niedergangs der Serie.« Er hob die Hände zu einer unbestimmten Geste. »Egal. Seien wir froh und dankbar, dass wir zumindest einen Teil unseres bedeutungslosen Lebens mit den Ewings und den Barnes teilen durften. Lust auf ein kleines Quiz?«
Marc seufzte ergeben. Das › Dallas -Quiz‹ war in den letzten zwanzig Jahren zu einer Art Ritual geworden, mit dem die Freunde fast jedes ihrer Treffen begannen. Anfangs hatte Marc durchaus die Dallas- Leidenschaft von Gabriel geteilt, um nicht zu sagen: Besessenheit. Auch Marc hatte einmal sämtliche Folgen auf VHS-Kassetten besessen und sie sich mehrfach angeschaut. Aber in den letzten Jahren war seine Begeisterung für die Serie abgekühlt und er konnte Gabriels Fragen kaum noch beantworten. Aber das hatte seinen besten Freund nie gestört. Er hatte einfach das Niveau seiner Fragen gesenkt. Eigentlich hatte Marc vorgehabt, mit Gabriel über eine andere – und wie er fand wichtigere – Angelegenheit zu sprechen. Aber wenn Gabriel einmal mit seinem Lieblingsthema begonnen hatte, war es schwer, ihn zu bremsen. Marc beschloss, alles schnell über sich ergehen zu lassen. »Warum nicht?«, sagte er also.
Gabriel schien einen Moment nachzudenken. »Wo wir gerade beim Ende der achten Staffel sind«, sagte er. »Welche vier Schauspieler sind damals aus der Serie ausgeschieden?«
Marc hatte eigentlich mit einer anderen Frage gerechnet: Die Folge Schwanengesang genoss insbesondere deshalb einen besonderen Kultstatus, weil sie am 29. April 1986 erstmals im Deutschen Fernsehen ausgestrahlt worden war. In den Tagesthemen direkt danach wurde erstmals gemeldet, dass drei Tage zuvor im Kernkraftwerk Tschernobyl ein Reaktorunglück passiert war. Später entstand daraus der deutsche Film Am Tag, als Bobby Ewing starb, der sich mit der Anti-AKW-Bewegung in Brokdorf befasste. Aufgrund des Filmtitels fiel es Marc auch nicht schwer, zumindest einen Teil der Frage zu beantworten. »Bobby Ewing alias Patrick Duffy«, sagte er. »Obwohl der ja später noch mal zurückgekehrt ist.«
»Allerdings.« Gabriel kicherte in sich hinein. »Mit der berühmten Duschszene, nachdem die gesamte neunte Staffel von den Produzenten zu Pams Traum erklärt worden ist. Der wahrscheinlich dreisteste Drehbuchtrick der gesamten Fernsehgeschichte. Wer noch?«
Bevor Marc antworten konnte, kam die Kellnerin, die die Bestellung aufnehmen wollte. Marc orderte ein Pils und Gabriel ein weiteres Kristallweizen.
»Ich kann mich an die anderen drei nicht erinnern«, gestand Marc, nachdem die Bedienung wieder verschwunden war.
»Ach, Marc«, seufzte Gabriel und betrachtete seinen Freund wie einen Sohn, der seinem Vater gerade die größte Enttäuschung seines Lebens bereitet hatte. »Du warst früher mal so gut, fast so gut wie ich.«
Marc schaute angemessen zerknirscht aus der Wäsche. »Tut mir leid. Wirklich. Hilfst du mir?«
»Aber gerne: Da wäre zum einen Donna Reed, die für Barbara Bel Geddes vorübergehend die Rolle der Miss Ellie übernommen hatte, und dann die kleine blonde Charlene Tilton alias Lucy Ewing.«
»Da hätte ich drauf kommen können«, gab Marc zu.
»Jaaa, aber der letzte Schauspieler, der damals ausgeschieden ist, den können nur Spezialisten nennen. Stichwort: Farlow.«
»Natürlich!« Marc schlug sich mit der flachen Hand vor die Stirn. »Clayton oder Dusty?«
Gabriel vergrub in gespieltem Entsetzen das Gesicht in den Händen. »Clayton und Dusty Farlow sind, wie du ja wohl noch weißt, Rollen namen. Hier geht es um den Namen des Schauspielers . Na?«
Marc tat noch ein paar Sekunden so, als würde er nachdenken, dann schüttelte er kapitulierend den Kopf.
»Eric«, kam Gabriel seinem Freund zur Hilfe. »Eric Farlow!«
»Nie gehört!«
»Aber ja doch. Eric Farlow hat Christopher gespielt, das fette Adoptivkind von Pam und Bobby.«
»Aber das war doch noch ein Baby.«
»Ein Kleinkind, um genau zu sein, ja. Aber nichtsdestotrotz ein Schauspieler, wie du zugeben musst. Er wurde dann durch ein älteres Kind ersetzt.«
Die Bedienung kehrte zurück und stellte zwei Gläser vor sie auf den Tisch.
»Du bist verrückt«, sagte Marc. »Vollkommen verrückt.«
»Und du bist einfach schlecht. Nur einen von vier!« Gabriel machte eine Pause und hob sein Glas.
Sie stießen an. Als Gabriel sein Bier wieder vor sich
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